Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
es lieber bleiben. Lass es bleiben und geh direkt auf den Zeltplatz rüber.
Aus der kleinen Kantine dort dröhnt laute Musik. Adriano Celentano, wenn ich nicht irre. Der Papa und der Moratschek haben offensichtlich schon Anschluss gefunden. Jedenfalls hocken sie bei Rotwein und Tropfkerzen auf leeren Chiantiflaschen und lautstarker Musik um einen Tisch |161| herum, und ein paar andere des gleichen Jahrgangs machen es grad so. Gleich wie die Musik verstummt, rennt die Wirtin zur Jukebox und sorgt für Nachschub. ›Ti amo‹ dröhnt es jetzt, und alle sind begeistert und singen eifrig mit.
Ich sehn mich nach dem Ludwig und meinem Saustall. Und nur die Gewissheit, daheim auf die alte Schleimsau zu stoßen, lässt mich hier ausharren.
Wie die Oma und ich am nächsten Tag zum Frühstück kommen, ist ein Trara auf dem Zeltplatz, das kann man gar nicht erzählen. Die Gisela ist da und schreit, dass sich die Zeltstangen biegen, und der Papa kommt völlig hysterisch auf uns zugerannt und fragt, ob wir den Moratschek gesehen haben. Er trägt nur Unterhose und Socken, und es schaut einfach furchtbar aus. Nachdem ihn die Oma zur Sau macht, wie er eigentlich rumläuft, zieht er sich was drüber und erzählt dann, dass eben der Moratschek abgängig ist.
»Seit wann genau?«, frag ich.
»Keine Ahnung«, sagt er schulternzuckenderweise. »Ich bin vor einer halben Stunde aufgewacht, und da war er schon weg.«
Also wird der ganze Zeltplatz durchkämmt, und schließlich findet ihn eine Synchronschwimmerin auf dem Herrenklo. Da ist er nämlich eingeschlafen, der Herr Richter, grad wie er seinen Rotwein abgeben hat wollen.
Ein Problem wäre also gelöst.
Das andere Problem ist aber genau diese Synchronschwimmerin. Weil die nämlich prompt aus dem Wohnwagen schaut, exakt wie die Gisela kommt, um nach dem Gatten zu sehen. Und weil sich der ja, wie wir wissen, mit dem Flötzinger einen Wohnwagen teilt, kriegt jetzt die Gisela einen Eifersuchtsanfall, der sich gewaschen hat. Stein und Bein schwört der Simmerl, dass er damit nix zu tun hat. Ganz bestimmt nicht. Vielmehr wär es der Heizungs-Pfuscher |162| gewesen, der die ganze Nacht lang synchronisiert hat. Irgendwann glaubt die Gisela schließlich den Beteuerungen ihres Gatten und gibt Ruhe. Allerdings nicht, ohne dem Flötzinger noch mitzuteilen, dass natürlich die Mary von der Sache erfährt.
Gleich nachdem das Ehepaar Simmerl einträchtig den Zeltplatz verlassen hat, kommt eine zweite Schwimmerin direkt aus dem Wohnwagen. Und da ist es ziemlich gut, dass die Simmerls jetzt schon weg sind, glaub ich.
Die Oma sagt ein paarmal: »Sodom und Gomorrha!«, und dann gibt’s endlich Frühstück.
Die folgenden Stunden sind wunderbar entspannt, die Frühlingssonne heizt großartig, und so lieg ich am Ufer und tank erste Farbe. Die Oma hockt sonnenbeschirmt in einem Liegestuhl daneben, was eindeutig bequemer ist, weil sich der Kies dann nicht durch drei Hautschichten bohren kann. Der Papa und der Moratschek beschließen, sich ein Tretboot zu leihen, und treten in bester Laune den Fluten entgegen. Eine Weile schau ich hinterher, bis sie außer Sichtweite sind. Die Oma lässt Steine floppen. Sie kann das richtig gut. Viel besser als ich. Das ärgert mich, drum leg ich mich wieder nieder und döse einfach dem Tag entgegen. Das ist herrlich.
Weniger herrlich ist es, wie ich aufwach. Weil ich zwar jetzt Farbe hab, aber es ist nicht die, die ich eigentlich wollte. Mehr so rot. Ich hab einen Sonnenbrand, frag nicht, und jede Bewegung tut mir weh.
»Ja, wie schaust du denn aus, Franz!«, schreit mir die Oma her und macht sich gleich auf den Weg. Holt einen zweiten Sonnenschirm und einen Quark und streicht mir damit die Frontseite ein.
»Und jetzt bleibst gefälligst im Schatten hocken, sonst schaust heut Abend aus wie ein Indianer«, sagt sie noch.
|163| Dann kommt der Typ vom Bootsverleih.
»Mamma mia, Sonne vielsuviele. Nickt gut für Haut – eh!«, sagt der Schlaumeier, und, dass sein Boot überfällig ist. Es wär für zwei Stunden gebucht, und jetzt sind es schon fast vier. Ob wir irgendwas wissen.
Wir wissen nix. Also erheb ich mich schmerzhaft aus meinem Kiesbett und wandere mit meiner Ganzkörperquarkmaske am Ufer entlang. Immer die Hand zu Hilfe, in der Ferne zwei alternde Schiffbrüchige zu entdecken. Die Oma schreit aus Leibeskräften ständig »Halloho!«, aber ihr Einsatz wird ebenso wenig belohnt wie mein eigener. Eine weitere Stunde später beschließen wir, meine
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