Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
einfach einen Wagen hin, Arschloch«, sag ich und leg auf.
Weil alles nix hilft, pack ich meinen Kram ein und verstau ihn im Bus. Dann lausch ich an der Tür von der Susi. Mucksmäuschenstill. Und wenn man weiß, dass jemand hundert Jahre lang nicht mehr ausgeschlafen hat, trommelt man halt nicht einfach wie wild an die Tür, sondern verschwindet auf leisen Sohlen. Und genauso mach ich es auch.
Am Zeltplatz fängt die Oma gleich mal an, das Frühstück zu machen, und ich klopf derweil am Flötzinger seinem Wohnwagen. Ziemlich lange sogar. Endlich macht er auf, trägt ausschließlich Boxershorts in grün-weiß kariert und hat ein dümmliches Grinsen in der Visage.
»Wie lang bleibst du noch hier?«, frag ich gleich ohne Grußwort.
|176| »Nicht mehr lang, wir werden jetzt dann zum Strand runtergehen«, sagt er und kratzt sich am Bauch. Widerlich.
»Ich mein, wie lang du überhaupt noch dableibst. Hier in Italien, mein ich.«
Er macht die Tür hinter sich zu und tritt die zwei Stufen zu mir runter.
»Die Mary kommt übermorgen mit den Kindern aus England zurück. Also heißt es wohl auch hier, die Zelte abbrechen«, flüstert er mir her.
»Übermorgen sagst du? Dann musst du die Oma und die Susi und den Papa mit heimnehmen. Ich muss nämlich dringend nach Deutschland zurück. Und zwar sofort. Rein dienstlich und somit ohne jede Begleitung, verstanden?«
Er nickt ein bisschen entgeistert, aber mehr Zeit für Erklärungen hab ich leider nicht.
Ich informier den Papa über meine Pläne.
»Und die Susi? Die willst du doch nicht etwa hier lassen, oder? Das kannst du ihr nicht antun, Franz. Nicht grad jetzt, wo ihr erst wieder zusammengefunden habt«, sagt der Papa und erhebt sich aus seinem Campingstuhl.
»Ja«, sag ich. »Dienst ist Dienst, und Susi ist Susi.«
Dann stellt er sich mit verschränkten Armen direkt vor die Fahrertür vom V W-Bus .
»Bist du deppert, oder was?«, frag ich ihn so.
»Du fährst hier nicht weg ohne die Susi. Keinen einzigen Millimeter. Vorher musst du mich abknallen. Ist das klar?«, knurrt er mich an.
»Der Moratschek ist in Gefahr«, sag ich noch so, und schon macht er den Weg frei und reißt mir die Autotür auf.
»Warum sagst du das nicht gleich? Komm schon, beeil dich. Brauchst du meine Hilfe?«, drängelt er mich in den Bus.
|177| Ich schüttel den Kopf. Nein, das würd mir grad noch fehlen. Den alten Kiffer als Hilfssheriff. Ich hock mich hinters Lenkrad und fahr los.
Zweieinhalb Stunden später mach ich eine Pause, weil ich sowieso tanken muss und mir doch langsam der Magen knurrt. Es ist jetzt Mittagszeit, und der Rasthof ist bumsvoll. LK W-Fahrer , brüllende Kinder und Seniorenkaffeefahrten, so weit das Auge reicht. Von entspannter Essensatmosphäre keine Rede. Ich quetsch mich an einen Zehnertisch, wo ich noch ein Plätzchen ergattern kann, und esse meine Currywurst. Links und rechts von mir sabbern irgendwelche Rentner in ihr Pumuckl-Schnitzel oder schlürfen geräuschvoll am Radler. Mein Vis-à-vis kann ich zum Glück nicht sehen, weil er hinter einer Speisekarte lungert. Am Tisch nebenan schmeißt ein Hosenscheißer seinen Spezi um. Der Bub tobt. Die Mama tobt auch und wischt mit Unmengen von Tempos die Pfütze auf. Dann läutet mein Telefon.
»Ist der Moratschek schon außer Gefahr?«, hechelt der Papa in den Hörer.
»Nein«, sag ich. »Glaubst du, ich kann fliegen? Ich bin mal grad auf halber Höhe mit diesem alten Hobel.«
»Bist du etwa grad am Essen?«
»Wenn du gestattest. Ja, auch ich muss von Zeit zu Zeit Nahrung aufnehmen.«
»Aber nicht, wenn der Moratschek in Lebensgefahr schwebt«, schreit mir der Papa jetzt her.
Ich leg auf. Die Alten an meinem Tisch schauen alle zu mir her. Dann machen sie noch brav ein Bäuerchen, und schließlich treibt der Busfahrer seine Herde zusammen. Immerhin ist es noch ein gutes Stück bis nach Hildesheim, sagt er. Ich schieb mir die letzten Pommes in den Schlund, und dann mach auch ich mich wieder auf den Weg.
»Eberhofer!«, tönt es plötzlich hinter mir. Ich dreh mich |178| um und schau in die Runde. Kein bekanntes Gesicht weit und breit. Vermutlich hab ich mich verhört. Wobei ich schon sagen muss, dass mir diese Stimme irgendwoher bekannt vorkommt. Ja, wirklich. Aber wie gesagt …
Moment mal.
Ich geh zu meinem Platz zurück und greife nach der Speisekarte, die mein Tischnachbar von soeben noch immer eifrig studiert.
»Rudi Birkenberger, ja, das war klar. Kein anderer Mensch auf diesem Planeten liest
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