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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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die Stimme.
    »Wir müssen jetzt mit Ihnen reden«, beharrte Tamar. »Öffnen
Sie bitte, oder wir müssen leider die Tür aufbrechen. Das wollen Sie doch nicht.«
    »Polizeistaat«, zischte es aus der Sprechanlage. Dann summte der Türöffner. Tamar und Kuttler traten ein und gingen die erste Halbtreppe zur Wohnung des Hausmeisters hinauf. Drei junge Bereitschaftspolizisten folgten ihnen. Der Hausmeister erwartete sie an der Tür. Er trug einen schmuddeligen, blauviolett gestreiften Bademantel und war unrasiert.
    »Sie schon wieder«, sagte er. Eine steife Alkoholbrise wehte Tamar an. »Guten Morgen«, antwortete Tamar und krauste unwillkürlich die Nase, »ich habe hier einen Hausdurchsuchungsbefehl.« Sie zeigte ihm das Schriftstück. »Wir wollen uns Ihren Garten ansehen.« Das Gesicht des Hausmeisters fiel auseinander. Kuttler schob sich neben ihn.
    »Ihnen ist wirklich nicht gut«, sagte er und fasste ihn fürsorglich am Arm. »Was ist denn so schlimm an diesem Garten?«
    »Der Garten geht mich nichts an«, sagte der Hausmeister und sammelte sein Gesicht ein. »Das hat der Herr Hugler gemacht, den müssen Sie doch kennen. Er sei gut bekannt mit den leitenden Herren der Polizei, hat er immer gesagt. Und er hat sich um den Garten gekümmert. Das tut ihm gut, hat er gemeint, als Ausgleich, wissen Sie.«
    Tamar betrachtete den Mann. Als sie das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte, war er im Garten gewesen, wenn auch mehr mit der Bierflasche als mit dem Spaten beschäftigt.
    »Dann lassen wir uns den Garten eben von dem Herrn Hugler zeigen«, sagte Tamar. »Er wird doch sicher da sein?«
    »Doch, doch«, antwortete der Hausmeister, »aber er ist wohl gerade verreist. Also ich will sagen, im Moment ist er nicht da.«
    »Schön«, sagte Kuttler, »dann zeigen also Sie uns den Garten.«
    »Übrigens kenn ich den Weg«, meinte Tamar. »Aber ich hätte Sie doch auch gerne dabei.« Wieder glitt das Gesicht des Hausmeisters auseinander.

    »Alles nicht so schlimm«, sagte Kuttler. »Wir gehen jetzt dahin, Sie müssen sich nicht einmal extra umziehen.«
    Der Hausmeister atmete durch. Ein Dunstwolke hüllte Tamar und Kuttler ein. »Also gut«, sagte er und zog einen schweren Schlüsselbund aus der Tasche seines Bademantels, »aber es ist, wie ich es gesagt hab – das hat alles der Hugler angefangen. Ich weiß ja gar nicht, was man damit machen soll.« Tamar und Kuttler warfen sich einen ratlosen Blick zu.
    Der Weg zum Garten führte über einen von Unkraut überwucherten Hof. Der Hausmeister schloss die Gartentür auf. »Sie sehen ja selbst«, sagte er resigniert.
    Vor Tamars Augen erstreckte sich ein dicht bestandenes Feld von grünem Gewächs mit langstieligen, gefiederten Blättern. Kuttler bückte sich über eine der niedrigen Pflanzen und zerrieb ein Blatt. Er blickte zu dem Hausmeister auf. »Holland’s Hope, würd’ ich mal tippen. Aber Sie haben zu dicht gesät.«
    Doch der Hausmeister zuckte nur mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich hab damit nichts zu tun.«
    »Na gut«, meinte Tamar, »das RD wird sich freuen. Unser Bier ist es nicht.« Sie wandte sich dem Hausmeister zu. »Hören Sie mir gut zu. So gut, wie Sie es mit ihrem verkaterten Gehirn können. Sie stecken ziemlich tief drin. Und wenn Sie wollen, dass wir Ihre Geschichte glauben, dann müssen Sie jetzt etwas anbieten.« Sie machte eine Pause und suchte in den rot geäderten Augen nach einem Anzeichen von Verständnis. »Sie müssen uns sagen, ob hier in letzter Zeit irgendjemand anderes ein Beet umgegraben hat. Oder den Teil von einem Beet.«
    In den Augen des Hausmeisters glomm ein Funke auf. »Also, wenn Sie so fragen: da war etwas. Da hinten war es.« Er ging über einen halb überwachsenen Weg zum anderen Ende des Gartens, wo ein hochstämmiger Baum stand, krumm gegen den Westwind gelehnt. Tamar folgte dem Hausmeister. Vor etwas, das wieder wie ein Beet aussah, blieben sie stehen. Auch hier wuchsen die grünen Pflanzen mit den langstieligen
gefiederten Blättern. Sie sahen kümmerlicher aus als im anderen Teil des Gartens. Vielleicht bekam ihnen der Schatten des Birnbaums nicht, dachte Tamar. Das Beet mochte gut zwei Meter lang sein und einen Meter breit.
    Ein Windstoß fuhr durch den Baum. Tamar sah zu ihm hoch. Die Blätter waren braun gesprenkelt.
    »Ein Birnbaum«, sagte der Hausmeister. »Aber er trägt nie.«
     
    Über dem Tisch im Nebenzimmer der »Walser Post« lag das Schweigen von Männern, deren Hingabe an das Essen

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