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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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vor allem deshalb so groß war, weil es ihnen vorerst die Mühen der Konversation ersparte. Chefredakteur Dompfaff zerkaute ein Stück Zürcher Geschnetzeltes, schluckte es schließlich hinunter und spülte mit einem Schluck Großbottwarer Trollinger nach. Aufmunternd sah er um sich.
    »Merkwürdige Geschichte, das«, sagte Dompfaff schließlich in die Stille. Niemand schien zu reagieren.
    »Pfeiffle hat heute Morgen eine Pressekonferenz gegeben«, fuhr Dompfaff fort. »Von jetzt auf gleich. Mein Rathausreporter kam ganz erschüttert zurück.«
    »Tritt Pfeiffle endlich zurück?«, fragte Kugler. »Zeit wäre es.«
    »Er denkt nicht daran«, antwortete Dompfaff. »Wenn ich meine Leute richtig verstanden habe, zettelt er gerade einen Skandal an.« Kugler schnappte zu. »Und woher wissen Sie, dass Ihre Leute es richtig verstanden haben?« Beifall heischend blickte der Anwalt zu Welf.
    »Wie Sie meinen«, sagte Dompfaff beleidigt und wandte sich wieder dem Zürcher Geschnetzelten zu.
    »Sie sprachen von einem Skandal«, hakte Kaufferle nach.
    »Das allerdings«, antwortete Dompfaff und ließ die Gabel sinken. »Ein niedlicher kleiner Skandal. Komisch. Ich hatte immer gedacht, der Baudezernent sitzt fest im Sattel.«
    Wirklich, ein Wichtigtuer, dachte Kugler. Kaufferle hatte Kartoffelgratin auf der Gabel und betrachtete es zweifelnd.

    »Der Aushub, der beim Bau der neuen Startbahn in Echterdingen anfällt, wird doch nach Lettenbühl gebracht?«, fragte Dompfaff in die Runde. »Offenbar sind der Arbeitsgemeinschaft, die das besorgt, Sonderkonditionen eingeräumt worden, die von der Gebührensatzung nicht abgedeckt sind.«
    Welf war plötzlich hellwach. »Was für Beträge sind da im Spiel?«
    »Pfeiffle behauptet, es gehe um einige Millionen.«
    »Dann steckt auch die Landesregierung drin«, meinte Welf. »An der AG ist schließlich nicht nur Gföllner beteiligt.«
    Dompfaff nickte und lächelte überlegen. »Das sagt Pfeiffle auch.«
     
    Berndorf kletterte erleichtert aus dem Streifenwagen, der ihn nach Wiesbrunn gebracht hatte. Erleichtert, weil er den Wagen verlassen durfte. Erleichtert aber auch, weil er zum ersten Mal wieder in einem Auto gesessen hatte, ohne drei Tode zu sterben. Dankbar nickte er dem Fahrer zu, der gar nicht erst versucht hatte, ihm ein Gespräch aufzudrängen.
    Vor dem zweigeschossigen Haus kam ihm Tamar entgegen. »Da hinten ist es.« Sie durchquerten das Haus und gingen über den verwahrlosten Hof. »Kuttler hat den Hausmeister zur Vernehmung mitgenommen«, erklärte Tamar.
    Sie kamen in den Garten, kommentarlos registrierte Berndorf die Hanfplantage. Am Ende des Gartens, unter einem Birnbaum, war eine Grube ausgehoben. Abseits des Hügels mit dem ausgegrabenen Erdreich standen drei Bereitschaftspolizisten und rauchten mit blassen Gesichtern. Tamar und Berndorf blieben vor der Grube stehen. Unter ihnen lag, halb verwest, was irgendjemand unter dem Baum vergraben hatte.
    »Ich weiß nicht, was das ist . . .«, sagte Tamar. »Ich dachte, ich könnte hier den Gerichtsschreiber finden.« Ihr Gesicht war blass.
    Berndorf schwieg. Der Verwesungsprozess war zu weit fortgeschritten, als dass der Tote in der Grube Hartmut Sander hätte sein können. Außerdem stand der Hanf, unter dem
man ihn begraben hatte, zu hoch. Ein Teil der Leiche war freigelegt. Aus dem klumpigen Stoffrest eines Ärmel ragte eine nahezu skelettierte Hand.
    »Schauen Sie genau hin. Ein Kettchen am Handgelenk«, fuhr Tamar fort. »Wenn ich mir nicht das Denken verboten hätte, würde ich denken, es ist Hugler. Blochers notorischer Hugler. Man hat ihn in der Szene schon lange nicht mehr gesehen.«
    Berndorf nickte. »Denken sollte nie verboten sein. Und für einen Rauschgiftschnüffler ist es wirklich ein schönes Grab.«
     
    Zum Dessert gab es Fruchtsalat, den Welf stehen lassen wollte, weil er den Konservierungssüßstoff verabscheute. Aber Kaufferle hatte ihm mit einem dieser kurzen Blicke signalisiert, dass sie sich noch sprechen müssten. So löffelte er verdrossen Ananas- und Kiwischeiben, bestellte danach noch einen Espresso und wartete, bis Kaufferle den seinen ausgetrunken hatte.
    Auf der Straße sagte Kaufferle, es sei ein so schöner Nachmittag, und ob Welf ihn in die Bank begleiten wolle? »Ich bin dort mit jemandem verabredet, der Sie kennen lernen will.«
    Er verstehe nicht, sagte Welf.
    »Nie verstehen Sie«, antwortete Kaufferle. »Dabei gibt es gar keinen Grund zu Besorgnis. Es läuft doch alles. Auch dieses

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