Schwemmholz
voll mit Inländer-Rum und stellte es vor Tanko. »Runter damit, wenn du mein Kumpel sein willst.«
»Ich glaub, ich muss kotzen«, sagte Tanko.
»Du hast mich Kumpel genannt. Also trink das. Oder ich denk, du willst mich verscheißern.« Staff lächelte. »Das willst du doch nicht? Du weißt, dass mich keiner verscheißert.«
Tanko griff nach dem Glas.
»Lass es einfach runterlaufen«, sagte Staff. »So ist es recht. Kumpel.«
Tanko trank und schüttelte sich. Unsicher stellte er das Glas zurück. Er starrte Staff an, so, als ob er etwas sagen wolle. Dann sank sein Kopf auf den Küchentisch. Staff zündete sich eine Zigarette an. Dann stand er auf und sah sich in der Wohnung um. Die Möblierung bestand aus dem Küchentisch, zwei Holzstühlen, einem Gasherd und zwei schimmeligen Matratzen. Fast überall hing die Tapete in Fetzen von den Wändern. Aber die Fenster waren noch ganz. Staff schloss das eine, das offen war, und kehrte zu Tanko zurück. Er drückte die Zigarette auf dem Tisch aus, packte Tanko unter den Armen und schleppte ihn zu den Schmuddelmatratzen.
Tanko hatte versucht, etwas zu sagen, schlief aber auf der Matratze sofort ein. Aus seinem Mund lief Speichel.
Neben der Matratze lag umgekippt eine Nachttischlampe mit einem vergilbten Schirm voll Fliegendreck. Staff zog den Stecker heraus und ging mit der Lampe in die Küche. Er schob den Küchentisch zur Wand neben den Schüttstein, an der sich die Steckdose befand. Das Kabel riss er aus der Lampe und zog die beiden Leitungsdrähte noch einige Zentimeter weit auseinander. Dann holte er aus seiner Hosentasche ein Stück Leukoplast und klebte das Kabel so auf dem Küchentisch fest, dass die beiden blank liegenden Enden noch frei beweglich waren. Er bog sie so zurecht, dass sich die Drähte fast berührten, nahm aus seiner Jackentasche ein Handy und legte es auf den Küchentisch dicht neben den einen Draht.
Suchend sah er sich um. In einem Wandregal fand er einen dickleibigen verstaubten Versandhauskatalog. Er schob den Katalog hinter das Handy, sodass es nicht von dem Leitungsdraht wegrutschen konnte. Dann warf er noch einmal einen
Blick auf Tanko. Der schlief tief. Staff kehrte in die Küche zurück, ging zum Gasherd und drehte alle Hähne auf, auch den des Backofens. Dann drückte er den Kabelstecker in die Steckdose, löschte das Licht und verließ die Wohnung.
»Is ja doch ein netter Abend geworden«, sagte Erwin Skrowonek, als sie zu dritt vor der Fußgängerampel an der Karlstraße warteten. Er hatte eine Kollegin aus der Eisenwarenhandlung getroffen, in der er Verkäufer gewesen war, Erster Verkäufer, und die Kollegin hatte in der Buchhaltung gearbeitet . . .
»Glaub bloß nicht, dass ich nicht gemerkt habe, wie du ihr die ganze Zeit sonst wohin geglotzt hast, der alten Schindmähre«, fuhr ihm seine Ehefrau Maria in die Parade.
»Hab ich nicht«, sagte Erwin matt.
»Hast du doch«, Maria gab nicht nach.
»Hört auf zu streiten«, seufzte Hannah. »Das war ein schöner Abend, und das nächste Mal geht ihr wieder hin. Auch ohne, dass ich euch hinschleppen muss.«
Der Regen war stärker geworden. Kuttler versuchte sich an einem Zahlenrätsel. Deckenlicht fiel auf den Schreibtisch, der zwischen Tamar und Manuel Achenbach stand.
»Scheiße«, brach Achenbach das Schweigen. »Ihr könnt mich nicht festhalten. Ich weiß, was meine Rechte sind. Morgen muss ich arbeiten.«
»Da bin ich nicht so sicher«, erwiderte Kuttler. »Ganz und gar nicht sicher bin ich da. Sie werden heute Nacht dem Haftrichter vorgeführt, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Sonst ist nichts, was Sie müssen.«
»Was soll das? Ihr habt nichts gegen mich in der Hand, und das wisst ihr auch ganz genau.« Seine Augen starrten hasserfüllt auf Tamar, die ungerührt in Virginia Woolf las.
»Sie waren es, der den Kanister Dieselöl gekauft hat«, erklärte Kuttler mit sanfter Stimme. »Bei der Gegenüberstellung hat man Sie eindeutig, zweifelsfrei und wasserfest identifiziert. Danken Sie Ihrer Nase.«
»Mir war das Benzin ausgegangen«, antwortete Achenbach. In seine Stimme hatte sich Unsicherheit geschlichen. »Jedem passiert das mal, aber wann das war, weiß ich doch nicht mehr genau, das kann schon auch im September gewesen sein.«
»Das Opel-Coupé, das du da hast, ist ein schönes Auto.« Tamar sprach ganz beiläufig, während sie weiter in ihr Buch vertieft schien. »Du hast es schon im September gehabt. Das weiß ich von der Zulassungsstelle. Kein Coupé
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