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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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schwarz verschmiert. Irgendwie sah er richtig komisch aus.« Der Vorsitzende Richter hörte andächtig zu. »Und – haben Sie baden können?«
    »Ja«, sagte die Zeugin, »der Ofen hat dann getan.« Und weil sie einmal dabei war, erzählte sie, wie kalt es in dem alten Haus immer gewesen sei, und wie dankbar sie Axel damals für das warme Bad war. »Aber seine Windjacke war ganz ruiniert. Ich hab sie deswegen gleich in den Mülleimer getan.«
    Kugler beugte sich zu Rodek vor. »Sie soll nicht überziehen«, flüsterte der Anwalt. Rodek nickte. Als Veihles Freundin zu ihm hersah, senkte er unmerklich den Kopf.

     
    Marie-Luise Welf brachte Solveig zur Türe und dankte ihr. »Aber ich mache es doch gern«, sagte die 18-Jährige, winkte zum Abschied und lief über den Kiesweg zu ihrem Elternhaus hinüber. Sie war wohlerzogen und von einer unerschütterlichen Fröhlichkeit, für die Marie-Luise manchmal dankbar war und die sie manchmal kaum ertragen konnte.
    An diesem Abend war Marie-Luise vor allem froh, dass sie die Türe hinter sich schließen konnte. Sie hatte mit Georgie heute einen Termin in einer Reutlinger Praxis gehabt. Es war nicht einfach, einen Augenarzt zu finden, der sich auf die Probleme von Kindern mit Downsyndrom versteht und die Geduld und Umsicht besitzt, einen quirligen Vierjährigen im Behandlungsstuhl still zu halten. Als sie mit Georgie zurückkam, war sie so erledigt gewesen, dass sie sich erst einmal hinlegen musste. Zum Glück hatte Solveig Zeit, sich um das Kind zu kümmern. Noch immer fühlte sie sich wie zerschlagen. Als sie durch die Garderobe zurückging, vermied sie es, in den Spiegel zu sehen. Sie wusste auch so, was sie gesehen hätte – eine Frau mit einem müden Gesicht und glanzlosem, flachsfarbenem Haar. Sie schob die Tür zum Wintergarten auf, schaltete die indirekte Beleuchtung aus und setzte sich in einen Korbsessel. Dunkelheit senkte sich um sie und über die großblättrigen Pflanzen im Atrium. Georgie schlief, und im Haus herrschte Stille.
    Marie-Luise überließ sich dem Glück, an nichts zu denken. Dann klingelte das Telefon. Jetzt nicht, dachte Marie-Luise. Das Telefon hörte nicht auf. Mechanisch stand Marie-Luise auf und ging zu der Konsole, auf der der Nebenapparat stand. »Ja?«
    »Marie-Luise?« Es war Ellinor. Sie bat um Entschuldigung, ihr Anruf komme jetzt sicher ungelegen. »Aber ich wollte Jörg gratulieren. Er hat einen sehr überzeugenden Auftritt gehabt. Sein Vater wäre stolz auf ihn gewesen.«
    Sie machte eine Pause. Marie-Luise schwieg.
    »Aber das konnte ich ihm doch nicht im Rathaus sagen, vor all den Leuten«, fuhr die Stimme fort. »Er wollte ja nicht einmal, dass ich zu der Sitzung komme. Aber das kann er von mir
nun wirklich nicht verlangen, findest du nicht? Schade übrigens, dass du nicht da warst. Jörg hätte sich sicher gefreut.«
    Marie-Luise erklärte, wo sie statt dessen gewesen war.
    »Aber doch nicht bei diesem Augenarzt in Reutlingen?«, fragte Ellinor. Ihre Stimme klang entsetzt. »Das ist aber schade. Ich hatte dir doch die Adresse dieses anthroposophischen Augenarztes besorgt. Weißt du, solche Ärzte haben einen ganz anderen Zugang zu Kindern mit diesem Problem.«
    Zu Kindern mit diesem Problem, dachte Marie-Luise. »Dieser Augenarzt hat seine Praxis in Traunstein«, sagte sie laut. »Das sind mindestens vier Stunden Fahrt, und Georgie wäre die ganze Zeit auf den Kindersitz geschnallt.«
    »Entschuldige«, antwortete Ellinor. »Ich bin eine dumme alte Frau. Immer vergesse ich, wie behindert der arme Junge ist.« Nein, dachte Marie-Luise erbittert. Das vergisst du nie.
     
    In seiner kleinen Wohnung oberhalb der Donautal-Bahnlinie zog Kommissar Berndorf die Schuhe aus, schlüpfte in Lederpantoffeln und goss sich einen doppelten Whisky ein. Fast automatisch begann er, auf seinem abgegriffenen schwarzen Telefon die Berliner Vorwahl zu drehen. Dann brach er ab und schaltete den Fernseher an. Im Regionalprogramm kamen Landesnachrichten, die Kamera zeigte Bagger, die für den Ausbau des Flughafens Stuttgart-Echterdingen die fette schwere Erde der Fildern aufrissen. Als Nächstes rückte der Festungsbau des Stuttgarter Landgerichts ins Bild und dazu ein Mensch, der sich eine Aktentasche vors Gesicht hielt. Der Mensch war der Bauamtsleiter einer nordwürttembergischen Kleinstadt und soeben wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Ein mitangeklagter Bauunternehmer kam mit zwei Jahren davon, in seinem Geständnis hatte er

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