Schwemmholz
wieder an. Klotzbach nickte Welf zu, so, als ob er wirklich beeindruckt sei. Natürlich kannte er die Animation bereits. Judith wagte ein kurzes Lächeln, das kess und anmutig aussah unter ihren kurz geschnittenen schwarzen Haaren. Die Stadträte schwiegen. Einer von ihnen, ein rundlicher älterer Mann mit einem grauen Schnauzbart, putzte sorgsam seine Brille. Aus den Augenwinkeln sah Judith, dass Gföllner unbewegt auf seinem Stuhl unter den Zuhörern saß, so, als ginge ihn das alles nichts an. Neben ihm hockte sein Sohn und betrachtete seine großen roten Hände.
»Also ich hab immer darauf gewartet, wann der Commander Kirk auftritt«, sagte ein junger Mann mit einem runden Gesicht und flinken Augen hinter runden Brillengläsern. Er war von den Grünen und zählte also nicht. Welf lächelte großzügig und hob beide Hände in einer entschuldigenden Geste.
»Das hier ist ein ernsthaftes Thema«, meldete sich ein Mann, dessen halsloser Kopf aus einem zu engen Jackett herauswuchs.
Er war Obmann der Staatspartei und hatte sich schon vor der Sitzung speckig an Judith herangedrückt. Vorsichtshalber hatte sie ihm das kleine Lächeln geschenkt, mit dem frau die fetteren Kanarienvögel in Verwirrung stürzt, denn er war ein wichtiger Mann. Jetzt machte er einen spitzen Mund, sprach von ansprechendem Konzept, von bürgerschaftlichem Engagement, von Bausteinen, die von der Stadt und dem Verein verkauft werden könnten und – »um im Bild zu bleiben« – von einer Sternstunde für den Ulmer Sport.
»Erst mal hätte ich lieber etwas über die Folgekosten von dem Ding da gewusst. Und über die Energiebilanz«, sagte sein Gegenüber von den Grünen.
An der linken Tischseite ergriff ein nicht mehr ganz junger Mann mit bereits ergrauter Haartolle das Wort. Durch Judiths Ohren krochen »Events von überregionaler Akzeptanz, unverzichtbare Innovationen und erfolgsorientiertes Standort-Marketing«. Während der Mann sprach, blickte er prüfend zum Pressetisch, ob die Sätze dort auch im Wortlaut notiert würden. Welf nickte zustimmend, fast begeistert. Glaubt er diesen Stuss womöglich auch, überlegte Judith und sah verstohlen zu Gföllner. Der verzog noch immer keine Miene.
Er wolle daran erinnern, sagte der Baudezernent Klotzbach, dass der Grundsatzbeschluss über den Bau der Halle bereits gefasst worden sei: »Wir müssen jetzt wissen, wie es weitergehen soll. Ob wir Herrn Welf nicht nur als Planer, sondern auch als Generalunternehmer beauftragen sollen.«
Wir wollen doch »Nägel mit Köpfen« machen, meinte der Specknacken von der Staatspartei. Von links wurde mit einem »positiven Motivations-Impuls« assistiert. Der Mann mit dem grauen Schnauzbart begutachtete seine Brille. Es war Pfeiffle, von dem Judith wusste, dass er seit grauer Vorzeit Fraktionssprecher des Bürgerblocks war.
Umständlich setzte er die Brille auf. »Net so schnell«, sagte er ruhig. »Der Herr Welf hat da ja einen schönen Plan gemacht. Aber freihändig können wir das ja gar nicht vergeben. Oder meinen die Herren vom Rechtsamt etwas anderes?«
Am Tisch der Mitarbeiter des Baudezernats stand ein weißhaariger Mann auf und verbeugte sich leicht. »Wenn die Halle in städtischer Trägerschaft errichtet wird, müssen wir die Arbeiten sogar ausschreiben. Wir bekommen sonst die größten Schwierigkeiten mit dem Regierungspräsidium.«
Der Mann mit dem Schnauzbart nickte. »Also machen wir es so wie immer. Bisher hat’s uns auch nirgends hineingeregnet.« Judith blickte auf Welf. Er bemühte sich, keine Reaktion zu zeigen.
In der Nachmittagsverhandlung war Axel Veihles Freundin Sonja Biesinger als Zeugin geladen. Rosdorfer hatte ihr gesagt, sie solle etwas Dunkles anziehen. Nun saß sie da und sah aus, als sei sie auf einer Beerdigung. Kugler fiel auf, wie dick ihr Bauch bereits war. Dass Veihle für das Balg würde aufkommen müssen, hatte ihm vermutlich gerade noch gefehlt. Jedenfalls versuchte er angestrengt, an seiner Verlobten und ihrem Bauch vorbeizusehen. Aber alles hat seine zwei Seiten. Wer sperrt so ohne weiteres einen werdenden Vater ein? Und wenn Veihle davonkam, dann war auch sein Mandant Rodek draußen, dachte Kugler und machte stellvertretend für den werdenden Vater ein verantwortungsvolles Gesicht.
Die Biesinger machte ihre Sache gut. Ja, sie habe baden wollen, erklärte sie dem Gericht. »Aber der alte Badeofen ist nicht angegangen. Dann hat Axel es versucht, aber plötzlich hat es einen Schlag getan und er war ganz
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