Schwer verliebt: Roman (German Edition)
Tinte.
Sie haben Fingerabdrücke von Magda genommen.
»Oh, Magda«, sage ich, lege ihr den Arm um die Schultern und führe sie aus der Lobby hinaus zu meinem Büro, wo es ruhiger ist. »Es tut mir so leid.«
»Ist schon gut«, erwidert Magda schniefend. Ihre Wimperntusche ist verschmiert, und sie sieht aus, als ob sie geweint hätte. »Sie tun ja auch nur ihre Arbeit. Es ist ja nicht ihre Schuld, dass einer meiner kleinen Filmstars …«
Schluchzend bricht sie ab. Rasch schiebe ich sie ins Büro, wo wir zumindest vor den fragenden Blicken der Studenten sicher sind, die nach dem ersten Vorlesungstag zurückgekommen sind und nun feststellen müssen, dass sie sich ihr Abendessen woanders herholen müssen.
Magda sinkt auf die orangefarbene Couch vor meinem Schreibtisch und schlägt schluchzend die Hände vors Gesicht. Ich schließe schnell die äußere Bürotür, die dann automatisch abgesperrt wird. Tom, der uns gehört hat, kommt aus seinem Büro und wirft Magda unbehagliche Blicke zu. Sie hat ihr Gesicht auf die Knie gelegt, und zwischen den Schluchzern hört man nur »kleiner Filmstar« und »mein schönes Baby«.
Tom blickt mich fragend an. »Was war das noch mal mit dem Filmstar?«, flüstert er.
»Das habe ich dir doch erzählt«, erwidere ich, ebenfalls im Flüsterton. Für einen Schwulen ist Tom manchmal ganz schön ahnungslos. »Sie haben hier in Fisher Hall eine Szene aus Teenage Mutant Ninja Turtles gefilmt. Magda hat damals hier gearbeitet.«
»Tja.« Tom starrt das weinende Häufchen Elend an.
»Das muss sie ja sehr beeindruckt haben, wenn man bedenkt, dass kein Mensch den Film je gesehen hat.«
»Natürlich ist er gesehen worden«, erwidere ich ärgerlich. »Hast du sonst nichts zu tun?«
Er seufzt. »Ich warte auf jemanden vom Psychologischen Dienst. Hier im Büro findet von fünf bis sieben Trauerberatung statt, damit die Studenten den Mord an Lindsay verarbeiten können.«
Ich schweige. Ich muss gar nichts sagen. Er weiß Bescheid.
»Ich habe ihnen schon gesagt, dass niemand kommen wird«, sagt er niedergeschlagen. »Außer vielleicht Cheryl Haebig und die studentischen Hilfskräfte. Aber es ist eine Anweisung aus dem Büro des Präsidenten. Es soll so aussehen, als hätten wir alles im Griff.«
»Na ja.« Ich nicke in Richtung der schluchzenden Magda. »Hier ist schon mal jemand, der Hilfe bei der Trauerbewältigung braucht.«
Tom wird blass. »Sie ist deine Freundin«, sagt er anklagend.
Ich funkele ihn böse an. »Du bist derjenige mit Examen.«
Er wirft mir einen verängstigten Blick zu. »Ich kann das nicht, Heather. Ich verstehe davon nichts. So etwas habe ich noch nie erlebt. Bei uns in Texas war alles viel einfacher.«
Mein Blick wird noch böser. »Oh nein«, sage ich. »Du wälzt das jetzt nicht auf mich ab, Tom. Nicht wegen einem kleinen Mord.«
»Klein!« Tom ist kreidebleich. »Heather, bei uns zu Hause hat man niemandem den Kopf abgehackt und in einen Kochtopf gesteckt! Ja, klar, ein paar Kinder sind jedes Jahr
verletzt worden, wenn wir das große Freudenfeuer aufgebaut haben. Aber Mord? Ehrlich, Heather, im Moment kommt mir meine Heimat wie ein Paradies vor.«
»Ja, klar«, erwidere ich sarkastisch, »wenn es so toll dort war, wie kommt es denn, dass du unbedingt hierher wolltest?«
Tom schluckt. »Na ja …«
»Lass uns später darüber reden, ob du kündigen willst oder nicht, okay?« Ich setze mich neben Magda auf die Couch. »Im Moment habe ich andere Sorgen.«
Tom wirft Magda einen letzten, panischen Blick zu und murmelt: »Ja, gut, äh, ich gehe dann mal und erledige den Papierkram.« Mit diesen Worten verschwindet er in seinem Büro.
Ich bleibe neben Magda sitzen und streichele ihr über den Rücken, während sie weint. Ich weiß, dass man als Freundin so etwas tut, aber ich bin nicht sicher, ob ich in meiner Position berechtigt bin, so zu handeln. Wie konnte Dr. Jessup so jemanden wie mich nur einstellen? , frage ich mich. Ja, klar, ich war die Einzige, die sich auf die Stelle beworben hat, aber eigentlich bin ich absolut nicht geeignet für den Job. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was man bei jemandem, der so heftig trauert wie Magda, machen soll.
»Magda«, sage ich und streichle ihr über den rosa Cafeteria-Kittel. »Äh, ich bin sicher, sie verdächtigen dich nicht wirklich. Ich meine, schließlich weiß jeder, der dich kennt, dass du damit nichts zu tun hast. Also, wirklich, mach dir keine Sorgen. Niemand glaubt, dass du sie ermordet hast. Die
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