Schwer verliebt: Roman (German Edition)
Pub zu spielen? Das ist doch die perfekte Umgebung für freche Rockmusik. Nur du, ein Hocker und ein Mikrofon…«
In diesem Moment klopft jemand in der Leitung an.
»Oh«, sage ich, »da ruft jemand auf der anderen Leitung an. Ich muss auflegen, es könnte Cooper sein.«
»Heather, hör mir zu. Mach nicht …«
»Ich rufe dich zurück.« Erleichtert über mein knappes Entkommen schalte ich auf die andere Leitung. »Hallo?«
»Heather?«, fragt eine vage vertraute Stimme zögernd.
»Ja, am Apparat«, erwidere ich ebenso zögernd. So viele Männer, die ich nicht kenne, rufen mich nicht an, ich habe auch niemandem meine Privatnummer gegeben.
Niemandem. Es hat noch nie jemand danach gefragt. »Wer spricht da?«
»Ich bin es.« Die Stimme klingt überrascht. »Dein Dad.«
7
»Just die already«
von Heather Wells
Mindestens drei Sekunden lang schweige ich verblüfft.
Dann sage ich: »Oh! Dad! Hi! Tut mir leid, dass ich deine Stimme nicht sofort erkannt habe. Es … es war echt ein langer Tag.«
»Ja, das habe ich gehört«, sagt Dad. Er klingt müde. Na ja, das würden Sie auch, wenn Sie zehn bis zwanzig Jahre wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis sitzen müssten. »Das ist doch das Studentenwohnheim, wo du arbeitest, oder? Wo sie den Kopf von dem Mädchen gefunden haben?«
»Ja, es war ein ziemlicher Schock«, bestätige ich.
Hektisch überlege ich, warum er anruft. Ich habe nicht Geburtstag. Es ist kein Feiertag. Er hat doch auch nicht Geburtstag,
oder? Nein, das ist im Dezember. Warum ruft er also an? Mein Dad ist nicht der Typ, der einfach zum Hörer greift und plaudert. Er sitzt zwar in einem der angenehmsten Bundesgefängnisse in Amerika, dem Eglin Federal Prison Camp in Florida, aber trotzdem darf er in einer gewissen Zeitspanne nur einen R-Anruf machen.
Nein, Moment mal. Das ist ja gar kein R-Gespräch, zumindest hat mich kein Operator gefragt, ob ich die Kosten übernehme.
»Hm, Dad«, sage ich. »Von wo rufst du eigentlich an? Bist du noch in Camp Eglin?«
Was rede ich da? Natürlich ist er noch in Camp Eglin. Wenn er entlassen worden wäre, hätte ich das schließlich schon erfahren, oder?
Obwohl… von wem eigentlich? Mom redet nicht mehr mit ihm, und seit sie mit meinem Geld in Buenos Aires lebt, redet sie auch nicht mehr besonders viel mit mir.
»Nun, genau deshalb rufe ich an, Liebes«, sagt Dad. »Sie haben mich nämlich entlassen.«
»Wirklich?« Überrascht stelle ich fest, dass ich bei dieser Information gar nichts empfinde. Ich meine, natürlich liebe ich meinen Dad. Aber ich habe ihn so lange nicht gesehen. Mom wollte mich nämlich nie mitnehmen, wenn sie ihn besucht hat. Sie hasste ihn, weil er sein ganzes Geld verloren hat und sie arbeiten musste (als meine Agentin und Managerin).
Als ich alt genug war, um ihn allein besuchen zu können, war ich so pleite, dass ich noch nicht einmal nach Florida reisen konnte. Dad und ich standen uns sowieso nie so nahe, dank Mom waren wir eher wie Bekannte, die höflich miteinander umgehen.
»Wow«, sage ich und werfe einen Blick in die Pappschachtel,
um zu sehen, wie viel dunkles Fleisch noch übrig ist. Ich bin entschlossen, die Brust für Cooper übrig zu lassen, weil er sie am liebsten mag. »Das ist ja toll, Dad. Und wo bist du jetzt?«
»Das ist ja witzig, dass du fragst. Ich rufe vom Washington Square Diner aus an und habe gerade überlegt, ob du mich auf einen Kaffee treffen möchtest.«
Ehrlich, ich kapiere es nicht. Monatelang passiert überhaupt nichts. Meine Tage vergehen mit Gassi gehen, arbeiten und Wiederholungen von Golden Girls . Und dann RUMS! An einem einzigen Tag finde ich einen Kopf in einem Kochtopf auf dem Herd, werde gefragt, ob ich mit dem Super-Mega-Rockstar Frank Robillard meine Songs in Joe’s Pub spielen möchte, und mein Dad kommt aus dem Gefängnis, sitzt im Coffee Shop unten bei mir an der Straße und fragt mich, ob ich ihn sehen will.
Warum können die Dinge eigentlich nicht schön nacheinander passieren? An einem Tag finde ich den Kopf; an einem anderen Tag fragt mich Frank, ob ich mit ihm zusammen auf die Bühne gehe; und an einem dritten Tag ruft mein Dad an, um mir zu sagen, dass man ihn aus dem Gefängnis entlassen hat und er in der Nachbarschaft sitzt.
Aber wahrscheinlich können wir uns das nicht aussuchen.
Wenn es anders wäre, hätte ich bestimmt nicht das ganze Hühnchen gegessen, bevor ich mich aufmache, um zu meinem Dad zu gehen. Mir zieht sich der Magen zusammen, als ich
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