Schwer verliebt: Roman (German Edition)
Kimberly setzt sich verschlafen auf.
»W-was ist los?«, fragt sie. »Ach, du lieber Himmel. Was machen Sie denn hier?«
»Steh auf«, sage ich.
»Was? Warum?« Obwohl sie gerade aus dem Tiefschlaf erwacht ist, sieht Kimberly Watkins hübsch aus. Ihr Gesicht ist nicht mit verschiedenen Anti-Falten-Cremes zugekleistert, und ihre Haare stehen nicht hoch, sondern fallen glatt und ordentlich um ihr Gesicht.
»Brennt es?«, will Kimberly wissen.
»Nein«, erwidere ich. »Los, komm.«
Kimberly ist aus dem Bett gekrabbelt und steht in einem zu großen New-York-College-T-Shirt und Boxershorts vor mir. An den Füßen hat sie graue Wollsocken.
»Warten Sie«, sagt sie und schiebt sich eine Haarsträhne hinter ein Ohr. »Wohin gehen wir? Ich muss mich erst anziehen. Ich muss mir die Zähne …«
Aber ich habe sie schon am Arm gepackt und ziehe sie
hinter mir her. Sie versucht, sich zu wehren, aber ich bin viel größer und kräftiger als sie. Außerdem bin ich hellwach und sie nicht.
»Wo-wohin bringen Sie mich?«, stammelt sie, während sie neben mir her zum Aufzug stolpert. Wenn sie nicht selber laufen würde, würde ich sie hinter mir herschleppen, so viel hat sie mittlerweile schon begriffen.
»Ich muss dir etwas zeigen«, erwidere ich.
Kimberly blinzelt nervös. »Ich – ich will es nicht sehen.«
Eine Minute lang überlege ich, ob ich sie wie einen Handball an die Wand schleudern soll, aber das tue ich natürlich nicht. Stattdessen sage ich: »Du wirst es aber sehen. Du wirst es dir anschauen, und dann unterhalten wir beide uns. Verstanden?«
Der Aufzug ist noch da. Ich schiebe sie in die Kabine und drücke auf den Knopf zur Lobby.
»Sie sind verrückt«, sagt Kimberly mit zitternder Stimme, als wir hinunterfahren. Langsam wird sie wach. »Wissen Sie das? Dafür werden Sie gefeuert.«
»Ach ja?« Ich lache herzlich. Das ist der beste Witz des Tages.
»Ich meine es ernst. Sie können mich nicht so behandeln. Präsident Allington wird wütend auf Sie sein, wenn er es erfährt.«
»Präsident Allington«, sage ich, als wir in der Lobby ankommen und die Türen des Aufzugs aufgleiten, »kann mich am Arsch lecken.«
Ich ziehe sie an der Tür zu meinem Büro vorbei auf die Empfangstheke zu. Die studentische Hilfskraft blickt von der Cosmo , die sie aus irgendeinem Postfach entwendet hat, auf und starrt mich erschreckt an. Pete, der gerade Feuerwehrleute ins Gebäude winkt – ganz gleich, aus welchem
Grund wir 911 anrufen, ob ein Student durchdreht, ob es um Drogen oder um menschliche Knochen im Müllschlucker geht, immer kommt zuerst die New Yorker Feuerwehr –, hält inne und blickt mich an.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust«, sagt er, als ich Kimberly an ihm vorbeizerre.
»Stehen Sie doch nicht so dumm rum«, schreit Kimberly ihn an. »Halten Sie sie auf! Sehen Sie nicht, was sie macht? Sie hält mich gegen meinen Willen fest! Sie tut mir weh !«
Petes Walkie-Talkie knistert. Er hebt es an die Lippen und sagt: »Nein, hier in der Lobby ist alles in Ordnung.«
»Blöder Mietbulle!«, giftet Kimberly, als ich sie durch die Türen der Cafeteria schiebe.
Magda, die am Eingang neben ihrem Boss Gerald und ein paar Feuerwehrleuten steht, blickt erschreckt auf. Sie zeigt gerade den Feuerwehrleuten, was sie in der Hand hält. Cheryl sitzt immer noch auf ihrem Stuhl, einen sehr blassen, ernsten Jeff Turner neben sich. Ich packe Kimberly hinten am Nacken und drücke ihr Gesicht in die Richtung von Magdas offener Handfläche.
»Siehst du das?«, frage ich. »Weißt du, was das ist?«
Kimberly versucht, sich meinem Griff zu entwinden. »Nein«, sagt sie mürrisch. »Wovon reden Sie? Lassen Sie mich los!«
»Zeig es ihr«, sage ich zu Magda, und Magda hält Kimberly netterweise den Nabelring vor die Augen.
»Erkennst du ihn?«, frage ich sie.
Kimberly reißt die Augen auf und starrt wie gebannt auf das Schmuckstück.
»Ja«, sagt sie mit ersterbender Stimme. »Ich erkenne ihn.«
»Was ist das?«, frage ich sie und lasse ihren Nacken los.
Sie kann ihren Blick sowieso nicht von dem Nabelring wenden.
»Es ist ein Nabelring.«
»Wessen Nabelring?«
»Lindsays.«
»Das stimmt«, sage ich. »Es ist Lindsays. Weißt du, wo wir ihn gefunden haben?«
»Nein.« Kimberlys Stimme klingt belegt. Ich frage mich, ob sie wohl anfangen wird zu weinen oder sich einfach nur übergibt.
»Im Müllschlucker«, sage ich. »Sie haben versucht, den Körper deiner Freundin Lindsay zu zermahlen. Als ob sie Müll wäre
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