Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
als wir.«
Während der nächsten beiden Jahre erhielten ihre Familien nur Postkarten. Knallige Ansichtskarten von Touristenattraktionen aus dem gesamten Süden - Orten, die Danny und Dixie nie besuchten, weil sie die Kneipentour machten, anstatt die Sehenswürdigkeiten zu sehen, und jeden Abend
in einem anderen Lokal spielten. Meistens den neuen Kram, der Rockabilly hieß, aber auch Bluegrass-Standards und Gospellieder, wenn das Publikum nichts dagegen hatte, was fast nie der Fall war.
Sie verdienten Kleingeld, aber es war mehr, als Dixies Dad ihnen für die Arbeit auf den Maisfeldern bezahlt hatte, nämlich nichts, weil sie mit Zimmer und Verpflegung zufrieden sein sollten. Außerdem taten sie, was sie schrecklich gern taten, und wurden dafür bezahlt. Lernten Leute kennen, alle möglichen Leute, machten alle möglichen Erfahrungen, die ihnen die Augen öffneten und sich nie im Leben zu Hause in Newport hätten ereignen können.
Weihnachten schickten sie Baker im Warenhaus gekauftes Spielzeug zusammen mit lieben Zeilen von Dixies Hand. Das Baby wurde ein stilles, entschlossenes Kleinkind, das ungern aufgab, woran es gerade arbeitete, es sei denn, es wurde dazu gezwungen.
Als Baker drei war, tauchten seine Eltern auf der Maisfarm auf, trugen schicke Klamotten und fuhren einen fünf Jahre alten Ford-Lieferwagen, der voll mit Instrumenten und Kostümen zum Wechseln war, und erzählten davon, wie sie Carl Perkins und Ralph Stanley und all die anderen berühmten Leute in »unserer Welt« kennengelernt hatten. Erzählten von farbigen Sängern und Sängerinnen, die diesen Rhythm and Blues sangen, manchmal war man sicher in diesen Clubs für Farbige, und es lohnte sich zuzuhören.
Dixies Vater warf ihnen dabei böse Blicke zu. Löffelte seine Suppe und sagte: »Ich nehme euch das nicht übel, einfach so wegzulaufen und euer Problem uns zu überlassen.« Womit er den kleinen Jungen meinte, der bei ihnen saß. Redete über ihn, als würde er sie nicht verstehen. »Um das wieder auszubügeln, steht ihr am besten morgen früh um fünf auf. Wir haben einen ganzen Teil des Nordfelds, der per Hand gemacht werden muss.«
Danny fingerte an seiner dünnen Lederkrawatte mit dem Quarzstück unterhalb des Kragens herum, lächelte dann, stand auf und legte ein dickes Bündel Geldscheine auf den Tisch.
»Was ist das?«, fragte sein Schwiegervater.
»Bezahlung.«
»Wofür?«
»Fürs Babysitten, rückständige Miete, was auch immer.« Er zwinkerte seiner Frau zu.
Sie zögerte, vermied es ihre Familie anzusehen. Dann zog sie Baker an sich, wobei sie so stark zitterte, dass sie dachte, sie würde gleich zusammenbrechen, und folgte ihrem Mann nach draußen zum Wagen.
Als der Ford abfuhr, sagte Dixies Mutter: »Hätten wir uns denken können. Sie haben ihren Kram gar nicht aus dem Wagen geholt.«
Baker Southerby wuchs auf, während seine Eltern der Reihe nach durch die Kneipen an den Landstraßen tourten, und lernte lesen, schreiben und rechnen von seiner Mutter. Er begriff schnell, was ihr den Job erleichterte. Sie umarmte und küsste ihn oft, was ihm zu gefallen schien. Niemand erwähnte je die Zeit, als sie und Danny weggefahren waren, ohne ihn mitzunehmen.
Sie sagte zu ihm, er solle sie Dixie nennen, weil alle das täten, und: »Mein Süßer, wir wissen beide, dass ich deine Mama bin.«
Jahre später kam Baker dahinter. Sie war gerade siebzehn Jahre alt gewesen und wollte sich als das hübsche Mädchen mit den blitzschnellen Fingern auf der Bühne sehen, nicht als Hausfrau.
Als er fünf war, bat er sie, auf ihrer Gibson-F-5-Mandoline spielen zu dürfen.
»Schatz, das ist ein wirklich wertvolles Stück.«
»Ich bin vorsichtig.«
Dixie zögerte. Baker starrte sie mit diesen ernsten Augen an.
Sie fuhr ihm mit der Hand über die kurz geschorenen blonden Haare. Er starrte sie unverwandt an.
»Okay, aber ich setze mich direkt neben dich. Soll ich dir ein paar Akkorde zeigen?«
Er nickte ernst.
Eine Stunde, nachdem er angefangen hatte, spielte er C, G und F. Am Ende des Tages entlockte er dem Instrument eine anständige Version von »Blackberry Blossom«. Nicht mit voller Geschwindigkeit, aber sein Ton war klar, seine rechte Hand genau und ruhig.
»Dan, komm her und hör dir das an.« Als sie ihm zuhörte und beobachtete, wie vorsichtig er war, hatte Dixie keine Bedenken mehr, ihn auf der Mandoline spielen zu lassen, ohne dass sie aufpasste wie ein Luchs.
Danny kam von der Veranda des Motels herein, wo er
Weitere Kostenlose Bücher