Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
geraucht und geklimpert und Songs geschrieben hatte.
»Was ist los?«
»Hör einfach zu - mach schon, mein süßer kleiner Mann.«
Baker spielte.
»Was …«, sagte Danny. Dann: »Ich hab eine Idee.«
Sie kauften ihm eine eigene Mandoline. Nichts Teures, eine A-50 aus den vierziger Jahren, die sie bei einem Pfandleiher in Savannah fanden, aber sie hatte einen guten Klang. Im Alter von sechs Jahren hatte Baker einen Koffer mit Bühnenklamotten und eine F-4 aus den Dreißigern, die fast so glänzte wie Dixies F-5, und er war ein echter Headliner. Die neue Nummer hieß offiziell The Southerby Family Band: Danny, Dixie and Little Baker the Amazing Smoking Mountain Kid.
Meistens war auf der Anzeigetafel nicht genug Platz für das alles, so dass sie einfach The Southerbys hießen.
Bakers Akkord-Repertoire ging das ganze Griffbrett hinunter, umfasste die Dur- und Molltonarten, Sept-, Sext-, Nonen-, Undezimen- und Tredezimenakkorde, zusammen mit verminderten, übermäßigen und einem ganzen Haufen interessanter Erweiterungen, auf die er selber kam und die Jazz genannt werden konnten, obwohl sie dem Jazz nicht näher kamen als ein paar texanische Swing-Songs, die sich am Ende immer nach Bluegrass anhörten.
Als er neun war, spielte er sauberer und schneller als seine Mutter, und es sprach für sie, dass sie nur mit Stolz reagierte.
Der Hausunterricht wurde fortgesetzt, und Baker war so schlau, dass er seiner Altersgruppe ein Jahr voraus war. Zumindest dem Intelligenztest zufolge, den Dixie aus der Zeitschrift Parents ausgeschnitten hatte.
Baker wuchs auf mit Fastfood, Tabakqualm und Applaus. Nichts schien seinen stillen Charakter zu ändern. Als er zwölf war, sagte ein glattzüngiger Mann, der sie in einer Kneipe außerhalb von Natchez hatte spielen hören, zu Danny, er würde mit ihnen dreien einen Plattenvertrag abschlie ßen, sie zur neuen Carter-Familie machen.
Sie gingen ins Studio, nahmen fünf alte Standards auf und hörten nie wieder von dem Typen, versuchten ein paarmal, ihn anzurufen, und gaben dann auf und kehrten auf die Stra ße zurück.
Als Baker zwölf war, verkündete er, dass er auf eine richtige Schule gehen wolle.
»Einfach so?«, fragte Danny. »Du willst alles aufgeben?«
Baker antwortete nicht.
»Ich wünschte, du würdest mehr reden, Sohn. Irgendwie schwer rauszukriegen, was hinter diesen Augen vor sich geht.«
»Ich hab’s dir gerade gesagt.«
»Du willst alles aufgeben.«
Schweigen.
»Wenn es das ist, was er will«, sagte Dixie, »ist es vielleicht keine schlechte Idee.«
Danny blickte zu ihr hinüber. »Yeah, ich hab gespürt, dass es dazu kommt.«
»Wozu?«
»Dass es dich juckt, sesshaft zu werden.«
»Das hätten wir schon vor Jahren machen können«, sagte Dixie. »Ich hab gewartet.«
»Worauf?«
Sie zuckte die Achseln. »Auf irgendwas.«
Sie ließen sich in Nashville nieder, weil es in Tennessee lag und theoretisch keine große Sache war, ihre Familien zu besuchen. Der wirkliche Grund war: Music City.
Danny war immer noch ein junger Mann, obwohl er sich manchmal vorkam, als hätte er drei Leben geführt. Der Spiegel verriet ihm, dass er schick aussah, und seine Stimme war gut; Typen, die viel weniger begabt waren als er, verdienten das große Geld, warum sollte er’s nicht versuchen?
Er nahm etwas von dem Geld, das er während der Jahre auf der Straße beiseitegelegt hatte, und kaufte ein kleines Holzhaus in The Nations. Eine hübsche weiße Gegend, voller fleißiger Menschen. Wenn Dixie Hausfrau spielen wollte, hatte er nichts dagegen; er würde es auf der Sixteenth Street versuchen.
Baker ging auf die Junior Highschool und lernte andere Kinder kennen. Er blieb still, verstand es aber, ein paar Freunde zu gewinnen, und von Mathematik abgesehen, wo er einiges aufholen musste, war der Unterricht ziemlich leicht.
Dixie blieb zu Hause und spielte auf ihrer Mandoline und
sang. »Einfach so zum Spaß, Baker, und das ist Musik in Reinform, stimmt’s?«
Manchmal bat sie Baker, mit ihr zu spielen. Meistens tat er es.
Danny war den größten Teil der Zeit nicht zu Hause, weil er versuchte, eine Karriere in der Music Row auf die Beine zu stellen. Er bekam ein paar Gigs als Rhythmusgitarrist im Ryman, wenn Stammspieler krank waren, hatte ein paar Auftritte in Nachtclubs, nahm auf eigene Kosten Demobänder auf, aus denen sich nie etwas ergab.
Als das Geld knapp wurde, nahm er einen Job als Chorleiter in einer Baptistenkirche an.
Als er das anderthalb Jahre
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