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Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band

Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band

Titel: Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gemacht hatte, verkündete er eines Abends beim Essen, es sei Zeit, wieder auf Tournee zu gehen.
    »Nicht für mich«, sagte Baker.
    »Dich hab ich nicht gemeint«, erwiderte Danny. Er warf seiner Frau einen Blick zu.
    Sie verzog den Mund. »Ich hab zugenommen. Mir wird nichts mehr passen.«
    »Aus dem Grund hat der liebe Gott Schneider erfunden«, erklärte ihr Mann. »Oder mach es selber, du konntest doch mal nähen.«
    »Das kann ich immer noch«, sagte sie abwehrend.
    »Na siehst du. Wir brechen am Montag auf.«
    Heute war Donnerstag.
    »Wohin brechen wir auf?«, fragte Dixie.
    »Nach Atlanta. Ich hab uns in einem neuen Bluegrass-Club einen Gig als Vorgruppe für die Culpeppers besorgt. Nichts Ausgefallenes. Alles, was sie wollen, ist S.O.S.«
    Familiensprech für Same Old Shit - immer derselbe Scheiß.
    Womit die Standards gemeint waren. Danny, der sich als Mann der Moderne verstand, verachtete sie inzwischen.

    »Einfach so«, sagte Dixie. »Du hast alles schon geplant.«
    »Mach ich das nicht immer? Du willst vielleicht ein paar neue Saiten für deine Klimperkiste haben. Ich hab dich gestern spielen hören. Die G und D sind tot.«
    »Was ist mit Baker?«
    »Er kann selber auf sich aufpassen, stimmt’s, mein Sohn?«
    »Er ist noch nicht mal vierzehn.«
    »Wie alt warst du, als du ihn bekommen hast?«
    Sie redeten über ihn, als ob er nicht da wäre.
    Baker wischte sich den Mund ab, nahm seinen Teller mit zur Spüle und begann abzuwaschen.
    »Und?«, sagte Danny.
    Dixie seufzte. »Ich versuche mir selber was zu nähen.«
     
    Von da an waren sie häufiger weg als zu Hause. Sie verbrachten einen Monat unterwegs und kamen für eine Woche oder zehn Tage zurück. In dieser Zeit kümmerte sich Dixie aufopferungsvoll um Baker, offenbar mit schlechtem Gewissen, und Danny saß für sich und rauchte und schrieb Songs, die niemand sonst je hören würde.
    Im Sommer des Jahres, in dem Baker fünfzehn wurde, verkündete Danny, dass sie ihn für sechs Wochen zu einem Bibelcamp nach Memphis schicken würden. »Es wird Zeit, dass du dir ein bisschen Glauben und Spiritualität aneignest, mein Junge.«
    Es war natürlich reiner Zufall, dass Danny und Dixie genau zur selben Zeit für einen Gig von sechs Wochen gebucht worden waren. Auf einem Kreuzfahrtschiff, das von Biloxi ablegte.
    »Von dort aus ist es schwierig, mit dir telefonisch in Kontakt zu bleiben«, sagte Dixie. »So wissen wir, dass mit dir alles in Ordnung ist.«

    In der letzten Woche des Camps aß Baker irgendetwas, das verdorben war, und bekam eine schwere Lebensmittelvergiftung. Drei Tage später hatte er es überstanden, aber er hatte mehr als drei Kilo abgenommen und war teilnahmslos. Der Arzt des Bibelcamps war wegen eines Notfalls in der Familie schon nach Hause gefahren, und Reverend Hartshorne, der Leiter des Camps, wollte nicht für irgendwelche Folgeschäden haftbar gemacht werden; erst letzten Sommer hatte die Familie eines reichen Mädchens auf Schadenersatz geklagt, weil es an einer Blasenentzündung erkrankt war, die sich zu einer Sepsis entwickelt hatte. Das Kind hatte glücklicherweise überlebt, wobei es sich die Infektion wahrscheinlich durch eigene Schuld zugezogen hatte, weil es in dem Ruf stand, mit den Jungs rumzumachen, aber erzähle das mal diesen hochnäsigen Anwälten …
    Hartshorne fand Baker in seinem Schlafsaal und zog ihn nach draußen. »Ruf deine Eltern an, mein Junge, damit sie dich abholen. Dann fang an zu packen.«
    »Geht nicht«, sagte ein bleicher, schwacher Baker. »Sie sind auf einem Schiff, keine Telefonverbindung.«
    »Wann hatten sie denn vor, dich abzuholen?«
    »Ich nehme den Bus.«
    »Bis nach Nashville?«
    »Das schaff ich schon.«
    Herr im Himmel, dachte Hartshorne. Diese neuen Familien.
    »Nun ja, mein Junge, ich kann dich nicht hier behalten, krank wie du bist. Hast du einen Hausschlüssel?«
    »Klar.«
    »Nach Nashville zu fahren macht mir nichts aus. Ich bringe dich hin.«
     
    Sie fuhren um drei Uhr nachmittags in Hartshornes weißem Sedan Deville los, hielten zwischendurch einmal
zum Abendessen und kamen um Viertel nach neun in Nashville an.
    In dem kleinen Holzhaus brannte kein Licht.
    »Ist es okay, wenn ich dich allein reingehen lasse?«
    Baker konnte es kaum erwarten, von Hartshornes Bibelvorträgen und den Gerüchen, die der Reverend verströmte, wegzukommen: Kaugummi und Körpergeruch und aus irgendeinem Grund ein schwacher Hauch von Wheatena-Frühstücksflocken.
    »Klar.«
    »Na gut. Dann geh mit dem

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