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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Was nützt
Ihnen Ihr Prädikatsexamen in Mathematik, wenn Sie in einem deutschen Gefängnis
sitzen? Es ist einzig dazu nütze, ein wenig schneller die restliche Haftzeit in
Tagen ausrechnen zu können als Ihre Zellengenossen. Vielleicht sind das Dealer?
Vergewaltiger? Schläger?«
    Lüder wurde
abgelenkt, als sich die Tür öffnete und Wu Zang Tian erschien. Der Chinese
tippte mit dem Zeigefinger auf seine Armbanduhr.
    »Zehn Minuten«,
sagte er. »Das sind einhundert Prozent mehr als vereinbart.«
    »Ich garantiere
Ihnen sogar zu einhundertzehn Prozent, dass ich Sie fassen werde«, sagte Lüder.
»Sie sollten nie vergessen, dass ich der einzige Bulle in Schleswig-Holstein
bin, der nicht nur Hörner hat, sondern auch beißen kann.«
    Niemand sprach ihn
auf dem Weg zum Ausgang an. Auch Malmström blieb unsichtbar.
     
    Auf der Heimfahrt
dachte Lüder an seine Drohung mit dem »beißenden Bullen«. Das war nicht sein
Vokabular. Aber da der Husumer Große Jäger nicht an seiner Seite war, durfte
Lüder einmal aus dessen Repertoire schöpfen.
    Mit welch
geheimnisvoller Software beschäftigte sich »global data framework«?, überlegte
Lüder. Es gab keine rechtliche Handhabe, das Unternehmen zur Preisgabe dieses
Betriebsgeheimnisses zu zwingen. Man konnte weder »global data framework« noch
»securus consulting« etwas nachweisen. Von Kriminaldirektor Dr. Starke und
Oberstaatsanwalt Brechmann würde Lüder keine Unterstützung bekommen.
     
    Es war dunkel, als
er das heimische Einfamilienhaus erreichte. Die friedliche Stille in der Straße
wurde nur durch den Lärm gestört, der aus seinem Haus drang. Wummernde Musik
war zu hören. Eigentlich war es keine Musik, befand Lüder, sondern nur das
Dröhnen von Bässen. Jonas und Sinje schafften es dennoch, die Lautstärke mit
ihrem Geschrei zu übertönen. Den Wortfetzen entnahm Lüder, dass es sich
keineswegs um die Bekundung gegenseitiger Geschwisterliebe handelte. Es war
eher die lautstark vorgetragene Behauptung, dass diese Welt keine größere Plage
als einen Bruder beziehungsweise eine Schwester zu bieten hatte.
    Lüder benötigte
volle zehn Minuten, um zumindest äußerlich Frieden und eine akzeptable
Lautstärke zu schaffen. Dafür durfte er die Gewissheit mitnehmen, in dieser
Familie nicht die Stellung eines Vaters, sondern des größten Despoten weltweit
innezuhaben.
    Macht nichts,
sagte er zu sich selbst. Ich habe in den letzten Tagen so viel von »global«
gehört. Weshalb sollte ihm nicht der Ruhm eines »globalen Despoten« zufallen?
    Lüder zog sich an
die Arbeitsfläche im Schlafzimmer zurück, die ihm als häusliches Büro diente.
Mehrfach tauchte Margit auf und wollte wissen, womit er sich so intensiv am
Computer beschäftige.
    »Dienstlich«, wich
er aus.
    »Dafür hast du
dein Büro«, sagte sie und versuchte, einen Blick auf den Bildschirm zu werfen.
Lüder hatte, als er ihre Schritte auf der Treppe hörte, schnell auf den
Internetexplorer umgeschaltet.
    »Hast du auch
einen Boss-Key?«, fragte Margit.
    »Einen was?«
    Sie lachte
herzhaft. »Früher im Büro. Wenn wir uns mit einem Computerspiel beschäftigt
haben und der Chef nahte, gab es eine Tastenkombination, die vom Spiel zu einer
anderen Anwendung wie Textverarbeitung oder Buchhaltung umswitchte. Das war der
›Boss-Key‹.«
    »Nein, Boss«,
sagte Lüder und gab ihr einen leichten Klaps auf den Po, als sie ging.

SIEBEN
    In anderen
Großstädten herrschte mit Sicherheit nicht weniger Verkehr zur frühen Stunde.
Im Vergleich zu anderen Metropolen waren es in Kiel aber nur überschaubare
Staus. Heute hatte sich allerdings auf dem Westring ein Unfall ereignet. Zum
Glück gab es keine verletzten Personen, doch die Getränkekisten, die von einem
Lkw herabgefallen waren, verursachten einen Stau, der Auswirkungen auf große
Teile der Stadt hatte. Lüder suchte sich einen Schleichweg. Leider traf er
dabei auf die anderen Autofahrer, die die gleiche Idee hatten. Schließlich
hatten sich alle in den Nebenstraßen festgefahren, und es dauerte ewig, bis
sich das Knäuel entwirrt hatte.
    Im Büro fand er
eine Nachricht vom Dezernat Operative Technik. Die Kollegen hatten gestern die GPS -Überwachungssysteme an den Fahrzeugen der
Verdächtigen installiert, um die Lüder gebeten hatte. Er hätte nicht geglaubt,
dass der Kriminaldirektor seiner Idee folgen würde.
    Leider war die
Ausbeute nicht sehr ergiebig.
    Jens Tödter war
mit seinem Auto von Itzehoe nach St. Margarethen gefahren. Man hatte das System
an

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