Schwere Wetter
holen, und alle Nachbarn hätten ihren Spaß daran.«
Waldow sah noch
einmal den Fußweg hinunter. Dann sagte er ungehalten: »Kommen Sie rein.«
Er führte Lüder in
das Zimmer, das er von seinem ersten Besuch kannte.
»Worum geht's? Ich
bin in Eile.«
»Es geht um den
Virus, den Sie auf dem Rechner von Herrn Dingens und anderen platziert haben,
nachdem Ulf Besenreither Software entwickelt hatte. Im Vertrauen auf Ihre
vorgespielte Großzügigkeit dem Jungen gegenüber hat er Ihnen geglaubt und ist
überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass Sie hinter der Manipulation
stecken. Ein interessantes Geschäftsmodell. Sie sorgen für den Virus und
kassieren für dessen Beseitigung. Das ist die moderne Art der Schutzgelderpressung.«
»Das stimmt
nicht«, protestierte Waldow. »Die Erkennung und Bereinigung des Schädlings
erfolgte durch die ›securus consulting‹.«
»Die Sie – rein
zufällig – als Lösung präsentieren konnten.«
»Ist es strafbar,
Insiderwissen zu haben, die Branche zu kennen?«
»Ja«, sagte Lüder.
»Wie?« Waldow sah
ihn irritiert an.
»Nehmen Sie den
Finanzmarkt. Da werden Insidergeschäfte streng verfolgt.«
»Das ist nicht
vergleichbar.«
»Richtig. Dort
wird nur das Wissen ausgenutzt, während Sie aktiv manipuliert haben. Das ist
Betrug.«
»Wie kommen Sie
darauf?«
»Die Anlage Ihres
Betrugs erklärt vieles selbst. Außerdem haben wir die Software, und zwar auf
dem Stand, bevor Sie sie in Händen hatten und nach Ihrem Eingriff.«
»Aber …« Dolf
Waldow hielt mitten im Satz inne. Mit offenem Mund starrte er Lüder an.
»Die Buchhaltung
der ›securus consulting‹ wird eine weitere Quelle sein. Dort erfahren wir, wie
oft und aus welchem Grund man Ihnen Provision für die Vermittlung von Aufträgen
gezahlt hat. Meinen Sie nicht, dass das genügend Beweise sind? Außerdem finden
wir auf Ihrem Rechner mit Sicherheit Hinweise, mit welchen Werkzeugen Sie den
Virus untergejubelt haben.«
»Sie können doch
nicht –«
»Doch«, erwiderte
Lüder. »Wir können.«
»Dazu brauchen Sie
aber eine –«
»Irrtum. Es ist Gefahr
im Verzug. Sie würden doch alle Platten neu formatieren, wenn wir nicht Ihre
Computer sicherstellen würden.«
»Aber … Ich bin
dann doch handlungsunfähig. Sie zerstören meine ganze Existenz.«
»Wenn die auf
tönernen Füßen steht – schon. Ein Fundament aus Unredlichkeit hält nicht lange.
Diese Erfahrung haben vor Ihnen schon viele andere gemacht. Wollen Sie mir
etwas beichten?«
»Ich bin
unschuldig.«
Lüder lachte. »Das
ist mit Sicherheit die Redewendung, die am häufigsten vor Gericht verwendet
wird. Wir sind ein bösartiges Land. In unseren Gefängnissen sind rund die
Hälfte der Insassen Justizirrtümer und Willküropfer.«
»Lassen Sie mich
noch schnell eine Datensicherung machen«, sagte Waldow und sprang auf.
»Äh, äh!« Lüder
schüttelte den Kopf. »Versprochen. Die Kollegen gehen ganz sorgsam mit Ihrem
Equipment um.«
Waldow resignierte
sichtbar.
Lüder wählte die
Rufnummer der Kriminalpolizeistelle Kiel an und ließ sich mit Kommissar Hirthe
verbinden.
»Lüders. Herr
Hirthe. Sie erinnern sich an den Fall mit der manipulierten Software?«
»In Schilksee?«
»Genau. Ich bin
jetzt vor Ort. Wir müssten hier eine Sicherstellung vornehmen, bevor der
Verdächtige Beweismittel beiseiteschaffen kann.«
»Ich denke, wir
wollten damit noch warten und die Aktion sollte von uns durchgeführt werden und
nicht vom LKA .«
»So hatten wir es
vereinbart. Die Entwicklung der Ermittlungen hat mich aber gezwungen, anders zu
verfahren.«
Hirthe versprach,
die Folgeaktivitäten zu organisieren.
»Schicken Sie eine
Streife hierher, damit der Verdächtige keine Manipulationen vornimmt.«
»Die Kollegen
werden begeistert sein«, sagte Hirthe. »Bei der dünnen Personaldecke warten die
auf Einsätze dieser Art.«
Lüder nahm Platz.
Schweigend saßen sich die beiden Männer gegenüber.
Als Waldow vorgab,
sich aus der Küche ein Getränk holen zu wollen, begleitete Lüder ihn.
Waldow war damit
beschäftigt, ein französisches Mineralwasser in ein Glas zu füllen, als die
Marseillaise erklang. Er erschrak so heftig, dass er die Hälfte des Inhalts auf
die Arbeitsfläche verschüttete.
»Mist«, fluchte er
und schüttelte sich die Nässe von den Händen. Er suchte ein Handtuch, zerrte
daran und riss den Aufhänger ab.
»Ihr Besucher
läuft uns nicht davon«, sagte Lüder ruhig. Er folgte Waldow zur Haustür und
stellte sich etwas
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