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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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betrat die Jurte, machte einen Bogen um den selbstvergessenen Bussard und reichte Carol eine Plastikspritzflasche und einen Pappkarton mit antiseptischen Handschuhen. »Ich bringe dir das Desinfektionsmittel.«
    »Danke, Ed.« Carol zögerte. »Das ist Alex.«
    »Hallo«, meinte Alex zurückhaltend.
    Ed bedachte Alex wortlos mit einem taxierenden Blick, dann nickte er einmal kurz und ging wieder hinaus.
    Alex nahm den Schwamm vom Kopf und betupfte sich damit die Achselhöhlen. »Wie ich sehe, steht die Intimsphäre bei euch hoch im Kurs.«
    »Ed ist Arzt«, erklärte Carol. »Er hat dich eben schon untersucht, als du noch flach lagst und über und über mit Kotze bedeckt warst.« Carol verglich den ledernen Ausschnitt mit der Vorlage auf dem Bildschirm ihres Laptops, dann schnipselte sie mit dem Schneidstift noch ein Eckchen ab. »Beim Lagerleben kommt die Intimsphäre immer zu kurz. Wenn wir mal Lust auf Sex haben oder so, dann stehlen wir uns in eins der Wigwams und räumen das Gerümpel beiseite. Wenn man will, kann man auch bis hinter den Horizont fahren und eine Decke über einen Kaktus breiten.« Carol legte die Näharbeit beiseite und hob die Spritzflasche. »Geht's dir jetzt wieder besser, Alex?«
    »Yeah. Glaub schon.«
    »Und du wirst auch nicht wieder ohnmächtig werden?«
    »Ich bin nicht ›ohnmächtig geworden‹«, erklärte Alex würdevoll. »Ich habe mich bloß auf die Erfahrung eingelassen, das war alles.«
    Carol äußerte sich nicht dazu. »Dieses Zeug ist ein starkes Desinfektionsmittel«, sagte sie. »Ist so 'ne Art Entlausungsprozedur. Seitdem hier mal ein Staphylokokkenträger aufgetaucht ist und uns schlimme Geschwüre verpaßt hat, muß sich der jeder Kandidat unterziehen.«
    Alex nickte. »Ich hatte schon mal Staph-Geschwüre.«
    »Aber die Art Staph bestimmt nicht; das war wie eine der ägyptischen Plagen.«
    »Ich hatte mal die guatemaltekischen Staph IVa«, meinte Alex. »Von den ägyptischen Plagen hab ich noch nie was gehört.«
    Carol schaute ihn eine Weile nachdenklich an, dann zuckte sie die Achseln und wechselte das Thema. »Ich muß dich mit dem Zeug abwaschen. Es brennt ein bißchen.«
    »Ah, gut!« sagte Alex und setzte sich gerader hin. Der Wanneneinsatz flappte im dünnen Metallgestell, und die jämmerliche Wasserlache am Boden bemühte sich nach Kräften, zu schwappen. »Weißte, Carol, es ist wirklich nett von dir, daß du dir soviel Zeit für mich nimmst.«
    »Schon gut, Mann. Schließlich trifft man nicht alle Tage jemanden, dessen Kotze blau ist.« Sie zögerte. »Habe ich schon erwähnt, daß du noch den Helm saubermachen mußt?«
    »Nein, das hast du nicht erwähnt. Aber sonderlich überraschen tut mich das nicht.«
    Carol riß die Schachtel auf, nahm ein Paar dünner Plastikhandschuhe heraus und zog sie an. »Anfangs brennt das Zeug ein bißchen, aber keine Angst. Du darfst es bloß nicht in die Augen bringen. Schleimhäute greift es ziemlich stark an.«
    »Hör auf, dich zu entschuldigen, und gieß es einfach auf den Scheißschwamm«, sagte Alex und hielt ihn ihr hin.
    Carol tränkte den Schwamm mit dem Inhalt der Spritzflasche und goß den Rest in die Wanne. Alex begann sich abzuschrubben. Das seifige Gebräu war gar nicht so schlecht - ein widerlicher medizinischer Pfefferminzgeruch ging davon aus.
    Dann fraß es sich allmählich in die Haut.
    Alex biß mit tränenden Augen die Zähne zusammen, gab aber keinen Mucks von sich.
    Carol beobachtete ihn mit einer interessanten Mischung aus Mitgefühl und unverhohlenem Vergnügen. »Verwandtschaft läßt sich nicht leugnen, stimmt's, Alex? Ich schwör dir, deine Schwester hat genauso geguckt. Mach die Augen zu, dann wasch ich dir Kopf und Rücken.«
    Nach einer Weile hörte das scharfe Brennen des Desinfektionsmittels unter Carols gleichmäßigem Schrubben und in der blutfarbenen Dunkelheit seiner geschlossenen Augenlider auf, und er kam sich vor wie ein Kleidungsstück, das gewaschen, gespült und ein wenig allzu drastisch gebleicht wurde. Das Desinfektionsmittel hatte eine eigenartige Wirkung auf den verklebten Schweiß, den Talg und die Schuppen an seinen Haarwurzeln. Riesige Kolonien körpereigener Bakterien gingen unter mikroskopischen Qualen zugrunde.
    Carol genehmigte ihm anschließend noch ein paar Tropfen sauberen Wassers, genug, um sich das Haar zu spülen und die Augen auszuwaschen. Jetzt war er mehr als sauber. Er war sauberer, als ihm lieb war. Er war verbrannte, rauchende Erde.
    Juanita wählte ausgerechnet

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