Schwere Wetter
Texas Ranger bei Laune. Hier in Westtexas waren die Reparaturhöfe äußerst dünn gesät, obendrein hegten die Einheimischen aus irgendeinem Grund anscheinend eine Vorliebe für klobige HighwayMaschinen. Den Koloß in der Werkstatt hatte eine Salve aus einer Jagdbüchse von seinem Elend erlöst.
Jane befolgte etwa eine Stunde lang die Reparaturanweisungen eines staatlichen Online-Expertensystems und führte Carols Schweiß- und Klebarbeiten fort, bis sie auf ein Kabelgewirr stieß, dem sie nicht gewachsen war.
Sie trat aus der Werkstattjurte. Der Wind hatte bereits zugenommen und verwirbelte den Mesquitrauch, der aus dem Abzugsloch im Kuppeldach der Küche quoll. Nun, da es auf den Abend zuging, hatte der trockene Wind aus dem kontinentalen Hochland die morgendlichen Kumuluswolken in ausgedörrte Fetzen zerrissen - die Trockengrenze drängte ostwärts.
Jane betrat die Kommandojurte - von Jerry nichts zu sehen - und wandte sich zum Nebenzelt zur Linken, das Kommunikationsbüro.
Sie nahm den unbenutzten Laptop zwischen den behelmten Köpfen von Mickey Kiehl, dem Netzwerk-Sysadministrator der Truppe, und Sam Moncrieff, Jerrys Meteorologie-Schüler. Zunächst loggte sie sich in das truppeneigene lokale Netz ein, dann in das bundesstaatliche SESAME-Netz.
Als erstes ein rascher Blick aufs Satellitenbild. Es sah äußerst vielversprechend aus. Texas war zur Hälfte vom typischen Frühlingsschwall feucht-stickiger Stratuswolken aus dem Golf von Mexiko überschwemmt.
Sie scrollte nordwärts. Bis jetzt sah es nicht danach aus, als ob 2031 ein El-Nino-Jahr werden würde, was in letzter Zeit nur noch selten vorkam. Der hohe, mittelkontinentale Jetstream zeigte sich mehr oder weniger von seiner gemäßigten Seite und stellte nur ein paar seltsame Verrenkungen am Rand der Kaltfront über Iowa an.
Jane wechselte vom Satellitenbild zum Komplex der am Boden stationierten Doppler-Lidars über. Sie sah sogleich, was Jerry mit dem mittelhohen lokalen Luftstrom gemeint hatte. Am Rande der träge übergreifenden Feuchtigkeit befand sich ein großes, flaches Band von Auswurf; um San Antonio herum zerhackte es die vordringenden Stratuswolken zu Walzenmessern.
Aus dem Lautsprecher des Laptops ertönte Mickeys Stimme. »Was meinst du, Jane?«
Sie schaute zu Mickey hinüber. Mickey saß auf dem Teppich und fuchtelte mit den behandschuhten Händen in der Luft herum, Kopf und Gesicht unter seinem persönlichen VR-Helm verborgen. Das abblätternde Helmlogo stellte eine Spottdrossel dar, die auf einem Blitzstrahl saß. Auf einmal kam es Jane ein wenig seltsam vor, daß sich jemand, der nur drei Schritte von ihr entfernt saß, über eine glasfaseroptische Netzwerkverbindung an sie wandte, obwohl er ebensogut das Visier hätte hochklappen und mit ihr reden können. Aber so war Mickey eben.
Sie klickte sich geduldig durch drei Ebenen von Pull-down-Menüs in den Chat-Modus und beugte sich auf das bescheuerte kleine Mikrofon des Laptops hinunter. »Also, Mickey, ich glaube, wenn die mittelhohe lokale Strömung auf die Trockengrenze prallt, wird's ganz schön hoch hergehen.«
»Ich auch«, sagte Mickey mit blecherner Stimme. Die Akustik innerhalb des Helms war wie auf dem Boden eines Fasses. »Gehst du morgen auf Jagd?«
»Klar geh ich, Mann, ich übernehme doch immer die Verfolgung!«
»Südlich von Paducah sind zwei Relais von SESAME ausgefallen, daher müssen wir die Übertragung entweder umleiten oder unser eigenes Relais aufstellen.«
»Mist«, sagte Jane. »Ich hasse diese bescheuerten Vandalen!« Sie blickte auf den Bildschirm des Laptops. »Also, mir scheint jedenfalls, es wird ein gutes Stück südlich von Paducah losgehen. Was meinst du, Sam?«
Sam Moncrieff hob das Visier und blickte sie völlig verwirrt an. »Hä? Hast du gerade eben was gesagt?«
Sie zögerte. »Ja, hab ich. Wo wird's losgehen?«
Sam beschrieb mit der Hand drei Kreise in der Luft, stach einmal mit dem Zeigefinger zu. »Stonewall County. Wumm!«
»Verdammt dicht über uns«, sagte Jane.
Sams sommersprossiges Gesicht strahlte vor Zufriedenheit. »Jerry tippt nicht oft daneben.« Er ließ das Visier wieder zuschnappen.
Die truppeneigene Software machte Jane im lokalen Netz ausfindig und sich selbst bemerkbar. Jane war ziemlich stolz auf diese Software. Es war die einzige Gruppensoftware, die sie jemals installiert hatte - ja, die einzige überhaupt -, die tatsächlich funktionierte, in dem Sinne, daß sie der Gruppe wirklich half, anstatt die User in den
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