Schwere Wetter
Behandlung.«
Concepcíon seufzte und bedeutete ihm, sich zu erheben. » Todavía no acabamos, muchacho, le falta la enema de los pulmones. «
»Ein Lungen-Einlauf?« fragte Alex verwirrt.
»Si.«
»Heute? Jetzt gleich? ¿ Ahora?«
Sie nickte.
»Muß das sein?«
Concepcíon machte ein ernstes Gesicht. »¡El doctor Mirabi le recetó! Fue muy claro. ›Cuidado con una pulmonía.‹ El nuevo tipo de pulmonía es peor que el SIDA, han muerto ya centenares de personas. «
»Schon gut, schon gut«, meinte Alex. »Klar, kein Problem. In letzter Zeit geht's mir schon sehr viel besser. Ich brauche nicht mal mehr den Rollstuhl.«
Concepcíon nickte, half ihm beim Aufstehen und schob ihm ihre kräftige Schulter unter die Achselgrube. Gemeinsam schafften sie es aus der Tür und etwa zehn Meter den mit Teppichboden ausgelegten Korridor entlang, dann bekam Alex weiche Knie. Der Rollstuhl, ein Gerät mit beschränkter, aber hochspezialisierter Intelligenz, befand sich unmittelbar hinter Alex, als dieser stolperte. Er gab den Kampf anmutig auf und setzte sich in das Gerät aus Chrom und Leder.
Concepcíon ließ Alex im Behandlungszimmer auf Dr. Mirabi warten. Alex war sich ziemlich sicher, daß Dr. Mirabi nichts Wichtiges zu tun hatte. Alex allein in einem abgeschlossenen Raum warten zu lassen, gehörte einfach zur medizinischen Etikette, um zu zeigen, wessen Zeit kostbarer war. Während Dr. Mirabis Angestellte - zumal die schwer schuftenden Pharmazeuten - ständig umherhetzen mußten, schien Dr. Mirabi selbst kaum unter der Bürde seiner Pflichten zu leiden. Soweit Alex das den Dienstplänen entnehmen konnte, gab es in der ganzen clínica nur vier Langzeitpatienten. Alex war sich ziemlich sicher, daß der größte Teil der Klinikeinkünfte von Yankees stammte, die tageweise von Laredo herüberkamen. Als er sich im April angemeldet hatte, hatten die Amerikaner, die mexikanische Geheimmittel gegen die neuen ultraresistenten TBC-Erreger ergattern wollten, fast bis zur nächsten Straßenecke angestanden.
Dr. Mirabis Behandlungszimmer war lang und rechteckig und vollgestopft mit großen, mit Tüchern abgedeckten Geräten. Wie auch an jedem anderen Ort in der clínica erzeugte die Klimaanlage eine Eiseskälte, und es roch nach scharfen und wirkungsvollen Desinfektionsmitteln. Alex bedauerte, keine fotonovela aus seinem Zimmer mitgenommen zu haben. Er gab zwar vor, die plumpe und gewaltdurchtränkte Pornographie der novelas zu verachten, ihr komisch verzerrtes Gossenspanisch war jedoch von einigem philosophischem Interesse.
Concepcíon öffnete die Tür und trat ein. Hinter ihr kam Dr. Mirabi, in der Hand das allgegenwärtige Notepad. Alex hegte den starken Verdacht, daß Dr. Mirabi trotz seines entfernt islamischen Nachnamens in Wirklichkeit Ungar war.
Dr. Mirabi tippte mit einem schicken schwarzen Stift auf die Glasoberfläche des Notepads und betrachtete das Ergebnis. »Nun, Alex«, meinte er munter in nicht akzentfreiem Englisch, »wie es aussieht, haben wir diesen elenden Streptokokkus ein für allemal besiegt.«
»Das stimmt«, sagte Alex. »Ich hatte schon ewig lang keinen Nachtschweiß mehr.«
»Das ist ein guter Schritt nach vorn, ja wirklich«, meinte Dr. Mirabi in aufmunterndem Ton. »Selbstverständlich war diese Infektion nur das Krisensymptom Ihres Syndroms. Im nächsten Stadium Ihrer Genesung« - er konsultierte das Notepad - »geht es um Ihre chronische Verschleimung. Wir müssen uns mit der chronischen Schleimabsonderung befassen, Alex. Zu Anfang war nicht ausgeschlossen, daß es sich um eine schützende Schleimabsonderung handelte, aber jetzt ist Ihr Stoffwechsel belastet. Wenn der chronische Schleim verschwunden ist und die Tuberkel bereinigt… gereinigt sind…« Er zögerte. »Sagt man eigentlich ›bereinigt‹ oder ›gereinigt‹?«
»Geht beides«, sagte Alex.
»Danke«, sagte der Arzt. »Wenn der chronische Schleim erst einmal von der Lungenoberfläche abgekratzt wurde, können wir die Membranen direkt behandeln. Ihre Lungenmembranen sind natürlich geschädigt, schwer zellular geschädigt, aber wir kommen an die geschädigten Oberflächen erst heran, wenn der Schleim entfernt ist.« Er blickte Alex ernst über den Brillenrand hinweg an. »Ihr chronischer Schleim ist stark kontaminiert, wissen Sie! Von jahrelang eingeatmeten schädlichen Gasen und Partikeln. Von Umweltgiften, allergieauslösenden Pollen, Rauchpartikeln, Viren und Bakterien. Die haben sich alle mit dem chronischen Schleim
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