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Schwerelos

Schwerelos

Titel: Schwerelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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auf der Toilette.
    Nach dem dritten Glas sagte Theo, er werde jetzt gehen. Auf Zimmer dreihundertzwei. Dort würde er auf mich warten.
    Ich ließ zehn Minuten verstreichen, in denen ich mein Gesicht nachpuderte, mir etwas Parfüm auf Nacken und Dekolleté sprühte und mich wahnsinnig über mich selbst aufregte.
    War das wirklich ich? Die Frau, die gleich an Zimmer dreihundertzwei klopfen und mit Theo Bertram, dem Fernsehstar, ins Hotelbett gehen würde?
    Nein, das war ich nicht. Zumindest bisher nicht. Ich überlegte kurz, ob ich wieder abhauen sollte. Aber dafür hatte ich mir definitiv zu viel Mut angetrunken. Kurz vor Theos Zimmertür entledigte ich mich meines BHs und meiner Moralvorstellungen.
    Und wenige Minuten später hatte ich wirklich sehr, sehr guten Sex. Das lag aber nicht am Sex. Und das lag auch nicht an Theo Bertram. Das lag ganz allein an mir. Im Hotel! Mit einem Fremden! Ich hatte so was noch nie erlebt. Und allein die Tatsache, dass ich es erlebte, reichte mir, um es aufregend zu finden. Wäre ich bei klarem Verstand gewesen, wäre ich enttäuscht gewesen. Aber das war ich zum Glück nicht.
    Zunächst nicht.
    Theo Bertram schwitzte sehr stark, und sein Haar hatte sich platt und strähnig um seinen Kopf gelegt. Ich betrachtete seine Brust. Da waren zwar Haare drauf, ganz so wie ich es gehofft hatte, aber sie standen in vereinzelten Büscheln unmotiviert herum.
    «Es war wunderschön mit dir, Marie.»
    Ich nickte gnädig. Mir fiel jetzt auf, dass er ziemlich knitterige Haut hatte dafür, dass er die komplette Chanel-Pflegeserie besaß. Und wer seinen Hintern nicht gesehen hat, da würde ich Erdal beruhigen können, hat auch nichts verpasst.
    Mit meinem sich beruhigenden Pulsschlag breitete sich ein interessantes Gefühl in mir aus, ein etwas fades Wie-und-das-soll’s-jetzt-gewesen-sein-Gefühl. Wie wenn du aus einem Film kommst, der überschwängliche Kritiken bekommen hat, den du aber einfach nur zweieinhalb Stunden zu lang fandest.
    Ich bin wirklich noch nicht so weit, um eine repräsentative Statistik vorlegen zu können, aber ich vermute mal, dass Sex ohne Liebe viel weniger Leuten viel weniger Spaß macht, als sie zugeben. Ist doch wie Nudeln ohne Soße, wie Wimpern ohne Tusche, wie alkoholfreier Wein, fettfreie Mayonnaise, wie ein Aber-diesmal-schenken-wir-uns-nichts-Weihnachten. Im ersten Moment denkst du noch: Hey, fein, es geht ja auch hervorragend ohne. Aber kurz darauf merkst du, dass das Beste fehlt.
    «Du bist genau die Richtige für mich», sagte Theo Bertram und drückte seine schweißnasse, karg bebüschelte Brust mit einem unappetitlichen Schmatzgeräusch an meinen Rücken. Ich war sehr verblüfft und zog es vor zu schweigen. «Du bist erwachsen, diskret und in festen Händen. Genau das, was ich gesucht habe. Du willst nicht geheiratet und nicht geschwängert werden, und du willst auch nicht durch mich ins Fernsehen. Du willst einfach nur Spaß haben. Genau wie ich.»
    Er bohrte seine schwitzige Nase in mein Ohr, und das kann ich nicht gut leiden.
    «Wir werden in Zukunft noch eine ganze Menge Spaß haben», schnaubte er mir direkt in den Gehörgang.
    Ich sammelte mich kurz, stand auf und ging ins Bad. Ich machte mir nicht mal die Mühe, meine Oberschenkel und meinen alten Hintern zu verbergen.
    Keine zwei Minuten später kam ich zurück ins Schlafzimmer. Theos Lächeln und Erektion fielen abrupt in sich zusammen. Ich war vollständig angekleidet. Meinen Mantel trug ich überm Arm, meine Handtasche über der Schulter.
    «Marie, was soll das?»
    Er griff hastig nach dem Laken, um seine schrumpelige Blöße zu bedecken. Ich schwieg zwei Sekunden lang, um dem Satz, den ich jetzt sagen würde, den passenden Rahmen zu verschaffen. Denn ich war mir ziemlich sicher, dass ich ihn nur ein einziges Mal in meinem Leben sagen würde.
    «Ich bin eine Frau für eine Nacht.»
    Ich ging. Und ich erinnere mich nicht, diese Szene jemals in einem Film gesehen zu haben.
     
    Erdal hat mir zugehört, ohne mich ein einziges Mal zu unterbrechen. Eine ganz erstaunliche Leistung für ihn. «Du bist einfach gegangen?», fragt er ehrfurchtsvoll.
    Ich nicke so lässig, wie mir überhaupt nicht zumute ist.
    «Du trennst dich von deinem Freund, ohne in einen anderen verliebt zu sein? Ohne auch nur die vage Aussicht auf einen neuen Mann in deinem Leben? Donnerwetter, Goldimaus, dazu hätte ich zu viel Schiss.»
    «Was glaubst du, was ich habe? Ich bin ein Sicherheitsfanatiker. Weißt du, was ich mir von meinem

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