Schwert des Aufruhrs
die in Teamarbeit alte Dateien auswerteten, um herauszufinden, wie so etwas möglich war. Um den Schaden abzuschätzen und vom Feind zu lernen, für den Fall, dass die Vereinigten Sonnen einmal gezwungen waren, eine ähnliche Technik einzusetzen.
Es war ein Aufholrennen, in jeder Hinsicht. Haus Liao hatte einen Vorsprung, aber entlang der Grenze liefen die Arbeiten. Noch ein Jahr...
»Für wie wahrscheinlich hältst du das?«, fragte Harrison, während er die holographische Anzeige studierte. Er hob die Hand, bevor Julian antworten konnte. »Deine ehrliche Meinung, Julian.«
»Ich denke, Haus Liao ist für habgierige Blicke in unsere Richtung noch nicht weit genug, ganz gleich, was wir Amanda Hasek erzählen.« Er zuckte erneut die Achseln.
»Aber?«
»Aber die Konföderation hat diese Systeme nie formal aufgegeben, auch wenn sie während Sun-Tzus Xin-Sheng-Reformen deutliche Hinweise gab, den Status Quo endlich zu akzeptieren. Daoshen Liao allerdings ist... nicht so berechenbar.«
»Du willst sagen: rettungslos durchgeknallt.« Harrison gab sich keine Mühe, seine Besorgnis oder seinen Widerwillen zu verbergen. »Selbst ernannte Gottheit oder nicht, ist er wirklich bereit, einen generationenlangen Frieden zu zerstören und tausende Menschenleben zu opfern, nur um der Republik ein Dutzend Systeme wieder abzujagen?«
»Es gibt crucische Loyalisten auf beiden Seiten unserer Grenze zur Republik, die dazu ebenfalls bereit wären«, erinnerte ihn Julian.
»Markfürsten.« Es klang wie ein Fluch. »Hauptsächlich Sandovals. Die Haseks haben in der Regel Verstand genug, einen verwundeten Löwen nicht zu reizen.«
In der Regel. Aber nicht immer. Das wussten sie beide.
Julian packte die Metallstange des Holotankgelän-ders. Sie war glatt und kalt. Er starrte auf die Holo-karte hinab und ließ sein Schweigen antworten.
Harrisons Vater war ein Sandoval gewesen. Der Prinz verzichtete darauf, sich Sandoval-Davion zu nennen, um Duke Corwin nicht zu unerwünschten Freiheiten zu ermutigen. Und Harrison hatte eine Hasek geheiratet. Dadurch war sein einziger Sohn nur zwei Generationen von beiden mächtigen Dynastien entfernt.
Caleb trug deren Namen wie einen Krönungsmantel.
Doch ungeachtet aller Familienbindungen war Haus Davions Position höchst prekär. Julian hätte darauf hinweisen können, dass die Haseks noch immer das Erbe ihres Sieges über Liao dreißig Jahre zuvor bewachten, als sie der Konföderation Victoria und einen großen Teil der gleichnamigen Kommuna-lität abgenommen hatten. Sie waren ebenso unwillig, deren Reichtum zu teilen, wie begierig, sich noch mehr zu holen. Die Sandovals andererseits lebten in den Draconis-Weiten, einem Niemandsland zwischen den Häusern Davion und Kurita, in dem ein konstanter begrenzter Kriegszustand herrschte und in das die einst mächtige Dynastie stetig mehr an Geld und Truppen schickte. Selbstverständlich unter dem Deckmantel wirtschaftlicher und strategischer Hilfsmaßnahmen.
Beide hatten in den letzten beiden Jahren ihre >Verteidigungs<-Vorbereitungen kräftig ausgebaut.
Und beide hatten einen beträchtlichen Teil ihrer Unterstützung für die Systeme der Mark Crucis eingestellt. Für New Avalon.
Was zu Julians Vorbereitungen auf Industriewelten wie Kathil geführt hatte. Um den Thron zu verteidigen, falls es nötig wurde, aber vor allem, um die Vereinigten Sonnen auf einen Präventivschlag gegen Haus Liao vorzubereiten. Wenn ein Krieg schon unvermeidlich wurde, war es besser, als Erster zuzuschlagen. Und dass die Adligen sich in einem derartigen Fall um den Thron scharen würden, war ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ein Krieg konnte die Adligen begeistern und die streitsüchtigen Minister Hasek und Sandoval von New Avalon ablenken.
Falls es dazu kam. Falls ihnen die nötige Zeit blieb.
Das Schweigen dehnte sich. Schließlich hielt Julian die Simulation bei einer zur Hälfte besetzten Mark Capella an. Verstrichene Zeit: ein Jahr. »Trotzdem, falls Daoshen die Vereinigten Sonnen bedroht...«
»Sind wir nicht darauf vorbereitet.« Harrison nickte. »Also lassen wir die Republik an unserer Statt bluten. Perfekt.« Sein Tonfall sagte jedoch etwas anderes.
Bei Julian hinterließ die Vorstellung ebenfalls einen säuerlichen Geschmack im Mund. Er war ausgebildet, für Prinz und Reich sein Leben einzusetzen, nicht, sich hinter dem Unglück anderer zu verstecken.
»Und wir müssen diese Scharmützel sofort beenden. Oder wenigstens eines davon. Um Daoshen Liao zu
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