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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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erwartete.
    »Ich habe noch eine kleine Angelegenheit zu erledigen, also sei schön brav, verstanden? Bring mir etwas zu trinken.«
    Am liebsten hätte ich ihn mit Verwünschungen überschüttet, doch ich biss mir in die Wange, um mich zu beherrschen, trat zu der Portwein-Karaffe und schenkte ihm ein Glas ein. Ich spürte nicht übel Lust, hineinzuspucken und hatte das auch bei passender Gelegenheit schon getan. Doch Rupert, der Haushofmeister, beobachtete mich scharf. Der Mann mit der Adlernase und den durchdringenden Augen war mir zutiefst zuwider, denn er lag ständig auf der Lauer, um die Dienstboten beim kleinsten Fehler zu erwischen. Es bereitete ihm tief empfundenes Vergnügen, sie zu melden und dann ihrer Bestrafung beizuwohnen.
    Ich schenkte ihm mein schönstes Lächeln und kehrte zu Lord Dunning zurück, der tief in sein Gespräch mit dem Lieutenant versunken war. Einige Schritte entfernt wartete ich und spitzte die Ohren.

    »...und haben ihn mit einer kompletten Wagenladung Musketen und Pistolen festgesetzt, Mylord. Das Ganze war in einem Heuwagen versteckt. Er hatte noch vier oder fünf andere Männer bei sich, doch die sind uns durch die Lappen gegangen.«
    Lord John Dunning brummelte etwas Unverständliches und rieb sich das Kinn.
    »Und wie heißt dieser dreckige Highlander?«
    »Das weigert er sich zu sagen, Mylord. Er schweigt wie ein Grab.«
    »Den werden wir schon zum Reden bringen.«
    »Wir wissen nur, dass er ein Macdonald ist. Wegen seines Tartans, Mylord. Er ist nicht besonders umgänglich; es hat drei meiner Männer gebraucht, um seiner Herr zu werden. Er ist sehr kräftig.«
    »Ich will diesen Wilden sehen. Geht ihn mir holen.«
    »Sehr wohl, Mylord.«
    Der Lieutenant verließ die Halle, und als er einige Minuten später zurückkehrte, folgte ihm ein von zwei bewaffneten Soldaten flankierter Hüne.
    Mir stockte der Atem. Noch nie war ich einem so riesigen Mann begegnet. Er überragte alle Anwesenden mindestens um Haupteslänge. Man hatte ihm die Handgelenke mit einer Schnur gefesselt und diese mit einer Schlinge verbunden, die um seinen Hals lag, so dass er sich, wenn er an seinen Fesseln zerrte, selbst strangulieren würde.
    Der Mann hielt sich kerzengrade und musterte Lord Dunning mit hoch erhobenem Kopf und halb geschlossenen Augen. Er war außerordentlich wohlgestaltet. Sein rotes Haar war lang und lockig, und er hatte es im Nacken mit einem Lederband zusammengefasst. Einige widerspenstige Strähnchen hatten sich gelöst und fielen ihm in die Augen. Sein breites Gesicht war von der Sonne kupferfarben gebrannt, und unter dem mehrere Tage alten Bart verbarg sich ein kantiger Kiefer. Unter seinem zerrissenen Hemd erahnte ich stahlharte Muskeln. Gekleidet war er in ein Plaid in dunklen Farben, blau, grün und rot. Schnürstiefel aus weichem Leder reichten ihm bis zu den Knien.
    So also sah ein Highlander aus. In Irland hatte ich schon Schotten
gesehen, die einen Rock trugen, aber noch nie aus solcher Nähe. So versunken war ich in meine Betrachtung, dass ich nicht gehört hatte, wie Lord Dunning mich anherrschte.
    »Gibst du mir jetzt dieses Glas oder nicht?«
    Er brüllte beinahe. Ich schreckte zusammen und verschüttete einen Teil des Portweins auf den Ärmel seines Rocks aus beigefarbener Seide. Den Blick auf den sich ausbreitenden dunklen Flecken geheftet, stammelte ich einige unterwürfige Worte der Entschuldigung, doch die trugen mir sogleich eine schallende Ohrfeige ein, die mich zu Füßen des Highlanders auf den Boden schleuderte. Meine Haut brannte, und ich biss mir auf die Lippen, um nicht zu weinen.
    Langsam richtete ich mich auf und bemerkte, dass der Riese sich verstohlen regte. Ich wagte einen kurzen Blick über die Schulter. Er sah mich aus seinen tiefblauen Augen durchdringend an, und sein Kiefer verspannte sich, doch seine Miene blieb unergründlich.
    »Du hast eine ordentliche Tracht Prügel verdient, kleine Närrin!« , brüllte Lord Dunning.
    »Es... es tut mir leid ... Ihr könnt es mir vom Lohn abziehen«, stammelte ich.
    »Von deinem Lohn?« Er lachte schallend. »Wenn ich das täte, meine Schöne, dann würdest du mehrere Jahre nichts verdienen. Das ist chinesische Seide, arme Törin! Nein, ich weiß ein viel besseres Mittel, dich für dein Ungeschick bezahlen zu lassen.«
    Er richtete sich auf, brachte seine Kleider in Ordnung und stieß mich beiseite. Dann machte er sich daran, seinen Gefangenen von allen Seiten in Augenschein zu nehmen und umschlich ihn wie ein

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