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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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undisziplinierten Männern und ihrem hitzigen Temperament hatten, die nur nach ihren eigenen Gesetzen lebten und nur ihre eigenen Interessen verfochten. Aber wenn ich an Liam und seine Highlander-Gefährten dachte, fand ich, dass die Ausdrücke »Wilde« und »Barbaren« ganz und gar nicht auf sie zutrafen. Sie waren eher stolz und unbeugsam und von einem Ehrbegriff beseelt, der ihnen bis in den Tod folgte. Niemals würden diese Männer sich dem englischen Joch beugen, das würde ihr rebellisches Temperament ihnen nicht gestatten. Eines wurde mir klar: Wenn Liam diese Sache überlebte, dann würde unser Leben alles Mögliche sein, nur nicht ruhig.
    »Ihr liebt ihn wirklich, stimmt’s?«, fragte Donald, der mich unauffällig beobachtet hatte.
    »Ja«, flüsterte ich.
    »Was habt Ihr Euch denn erhofft, als Ihr noch einmal nach Dunning Manor gegangen seid?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht dachte ich, wenn ich die Wahrheit wüsste, könnte ich ihn von den Anschuldigungen, die gegen ihn erhoben werden, entlasten.«
    »Auch um den Preis Eures Lebens?«
    Seine stahlgrauen Augen sahen mich durchdringend an.
    »Selbst wenn es mich das Leben gekostet hätte«, antwortete ich mit belegter Stimme. »Liam hat es nicht verdient, für etwas zu sterben, das ich getan habe.«
    »Es scheint mir, als wäre er bei diesem Thema nicht Eurer Meinung. Welch ein merkwürdiges Glück für Liam, dass eure Wege sich gekreuzt haben.«
    Ich starrte ihn verständnislos an. Weitere Schwäne zogen schreiend über uns hinweg, und dann trat eine eigenartige Stille ein.
    »Ihr wisst, dass ich unter den Männern war, die in dieser Nacht
aus Arbroath zurückgekehrt sind. Liam hatte sich absichtlich von der Garde festnehmen lassen, damit wir mit der Ware fliehen konnten. Wir hatten uns in die Wälder geflüchtet, aber die Engländer begannen, das Unterholz zu durchkämmen, daher mussten wir Fersengeld geben und die Kisten den Soldaten überlassen. Ich frage mich, ob Liam wusste, dass ihn hinter den Mauern des Herrenhauses sein Schicksal erwartete.«
    Ich betrachtete meine Schuhspitzen. Wenn er es geahnt hätte, hätte er sich dann festnehmen lassen?
    »Er kann sich glücklich schätzen, wisst Ihr. Wenn mir ein solches Schicksal begegnet wäre, versichere ich Euch, dass ich keinen Moment gezögert hätte, mein Leben zu geben, um es auszukosten, und wäre es auch nur für einen Augenblick.«
    In meiner Kehle saß ein Kloß, der mich am Atmen hinderte. Donald nahm meine Hand und drückte sie sanft.
    »Nur Mut, Caitlin, ich bin mir sicher, dass Liam sein Los gern noch länger auskosten möchte. Er wird es irgendwie schaffen. Kommt, ich begleite Euch zurück«, sagte er und stand auf.

    Am späten Vormittag des nächsten Tages brachte man mir einen versiegelten Brief. Zuerst nahm ich an, er komme von Lady Catherine, doch ich änderte meine Meinung. Das Siegel gehörte den Dunnings, aber die Handschrift war eine andere. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus.
    Ich ließ den Boten warten und zog mich in mein Zimmer zurück, um den Brief zu lesen. Die Schrift auf dem Pergament war ziemlich klein und wirkte nachlässig. Die Nachricht war kurz und bündig.
    Meine Entscheidung ist noch nicht getroffen. Ich habe Euch einen Handel vorzuschlagen.
    W.D.
    Ich ließ mich schwer auf mein Bett fallen. Er hatte sich also für die Wiedergutmachung entschieden, aber seine Formulierung ließ mich argwöhnen, dass er sich zugleich für die Demütigung, die ich ihm zugefügt hatte, rächen wollte. Ich teilte meine Antwort dem Boten mit, der auf der Straße vor meiner Tür wartete. Man würde mich um Schlag zehn Uhr abholen.

    Während ich in dem schmucklosen Vorzimmer wartete, wuchs meine Unruhe. Die eichengetäfelten Wände waren kahl; die einzige Ausnahme bildete ein Gemälde, das eine Dame aus dem vergangenen Jahrhundert darstellte. Ihre schwarzen Augen, die ein wenig zu eng beieinander standen und einen starken Gegensatz zu ihrem milchweißen Teint bildeten, sahen mich gelangweilt an. Ihr Hals wurde von einer gewaltigen Halskrause aus gestärkter Spitze eingeschnürt, die auf einem schwarzen, mit Edelsteinen und Perlen besetzten Kleid ruhte. Ob das eine der verblichenen Dunning-Ladies war? Die Frau wirkte nicht glücklich.
    Ich war mir sicher, dass Winston mich absichtlich schmoren ließ. Vielleicht beobachtete er mich durch ein verborgenes Guckloch und erfreute sich an meiner offensichtlichen Unruhe. Man war mich tatsächlich um Punkt zehn Uhr

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