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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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zu heiraten. Doch dann war ich aufgetaucht und hatte den Ereignissen eine unvorhersehbare Wendung verliehen. Zu ihrem größten Unglück. Und nun verlangte sie nach Rache.
    »Wer ist denn nun der Vater dieses Kindes, Meghan?«, verlangte Liam zu wissen.
    Colins und Meghans Enthüllungen schienen ihn völlig ungerührt zu lassen. Doch seine monotone, schleppende Sprechweise verriet mir, dass sich seine Gedanken überschlugen. Für diese Umstände legte er eine außerordentliche Kaltblütigkeit an den Tag. Er musste sich auf seinen Sohn konzentrieren, der jeden Moment Gefahr lief, von den eisigen Strudeln davongetragen zu werden. Meghan bewegte sich und warf ständig panische Blicke
hinter sich. Liam beobachtete sie und versuchte, ihre Gedanken zu erraten, bevor sie sie in die Tat umsetzte.
    Er hatte einige Schritte auf sie zu getan, was Meghan nicht entgangen war. Sie war jetzt an den Rand des Abgrunds zurückgewichen. Zu den Füßen der jungen Frau bröselte der Stein gefährlich, und einige Bruchstücke fielen in den Bach hinab.
    Sie drückte das Kind an sich, das ihr fast aus den Händen geglitten wäre. Mein Brustkorb zog sich zusammen und ließ keine Luft eindringen. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass da etwas nicht stimmte. Das Kind zappelte nicht, weinte nicht. Meine vor Milch angeschwollenen Brüste warteten darauf, Erleichterung zu finden, aber das Kind weinte nicht. Dabei war Duncan so pünktlich... Ein furchtbares Gefühl stieg in mir auf und ließ meinen Geist in einem dichten Nebel versinken. Ich taumelte und stieß ein schwaches Stöhnen aus.
    »Dieses Kind gehört mir, Liam, du bekommst es nicht...«
    Sie fuhr herum. Meine Sinne schienen plötzlich bis aufs Äußerste geschärft zu sein. Ich hörte die leisesten Geräusche des Waldes, ich nahm die schwächsten Gerüche wahr. Ich sah...
    »Meg... Neiiin!«
    Liams Schrei zerriss die Luft, meine Ohren, mein Herz. Ich sah, wie er dem weißen Bündel hinterherstürzte, das durch die Luft flog. Die Decke schien zwischen Himmel und Wasser im Leeren zu schweben. Die Zeit stand still. Dann verschlangen die wütenden Wasser das weiße Päckchen.
    Der Boden schwankte unter meinen Füßen, ich fiel auf die Knie, und dann gruben meine Finger sich in den nassen Humus. Der strenge Geruch der Kiefern und der Erde vermischte sich mit dem der Baumsäfte, der bereits in der feuchten Luft hing. Die Bäume drehten sich um mich... Und immer noch sah ich... Liam im Wasser, Colin und Patrick, die herbeiliefen und sich ebenfalls in das schäumende Nass stürzten. Mein Blick umwölkte sich, und alles verschwamm. Aber ich weigerte mich, die Augen vor dem Entsetzlichen zu verschließen.
    Das kleine Bündel wurde tropfend aus dem Bach gezogen. Liam kämpfte mit der Decke, die am Körper des Kindes klebte. Dann schaffte er es, sie zu lösen, und erst da schloss ich die Augen
aus Angst vor dem, was ich sehen würde. Ein entsetzlicher Schrei hallte durch den Wald.
    Überall wurde jetzt gerufen, eilige Schritte huschten an mir vorbei, entfernten sich. Hände schüttelten mich sanft. Ich wollte es nicht sehen...
    »Caitlin, es war nicht Duncan.«
    Die Nachricht brauchte einen Moment, um in meinen vom Schmerz betäubten Kopf vorzudringen. Nicht Duncan? Der schniefende Patrick zog mich vom Boden hoch und zwang mich, ihn anzusehen.
    »Caitlin! Hör mich an. Das war nicht Duncan!«
    Ich hob den Kopf. Wir waren allein. Liam und Colin waren verschwunden, Meghan ebenfalls. Mein Herz begann wieder zu schlagen. Nicht Duncan? Patrick zog mich an der Hand, und ich richtete mich auf und rannte hinter ihm her. Zwei Worte schenkten mir neue Hoffnung. Nicht Duncan.

    Die düstere Grotte schwitzte vor Nässe. Ein Kind weinte. Meine schmerzenden Brüste liefen vor Erleichterung über, und meine Augen ebenfalls. Ich näherte mich der Stelle, an der ich mein Kind nach mir rufen hörte, und erstarrte angesichts der metallisch aufblitzenden Klinge, die über Duncans Bäuchlein schwebte. Liam stand mit totenbleichem Gesicht einige Schritte von mir entfernt und zielte mit der Pistole auf Meghan. Seine kräftige, befehlsgewohnte Stimme durchbrach das Schweigen.
    »Leg das Messer weg, sofort. Ich werde keinen Moment zögern, dich zu töten, Meghan.«
    Sie brach in ein teuflisches Gelächter aus, bei dem es mir kalt über den Rücken lief. Diese Frau war wahnsinnig.
    »Dann töte mich doch, Liam. Leg dir keine Zurückhaltung auf. Ich bin doch schon tot. Ihr habt mich begraben, stimmt’s? All das Blut...

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