Schwert und Laute
er mit ironischem Unterton hinzu.
»Und wie sahen die Sanktionen aus, wenn man die Frist überschritt?«
»Der Clan war geächtet und wurde der grausamsten Strafe unterzogen, die in den Gesetzbüchern steht, der Ausrottung ›durch Feuer und Schwert‹.«
»Und genau das haben sie getan...«, murmelte ich bestürzt.
Liam runzelte die Stirn und rieb sich die Augen, als müsse er entsetzliche Visionen vertreiben.
»Die Campbells haben das ausgenutzt«, verbesserte er mich. »Breadalbane auch, und Glenlyon ebenfalls, der elende Säufer. Sein Gehirn ist nichts weiter als ein mit Whisky vollgesogener Schwamm. Dieser Mann hat sich durch den Trunk und das Spiel ruiniert. Er ist der Laird von Glenlyon, doch abgesehen von seiner Domäne Chesthill gehört ihm nichts mehr davon. Der Rest seines Tals ist in die Hände des Marquis Murray von Altholl gefallen, ihres ärgsten Feindes. Glenlyons Söhne müssen dem Marquis jetzt Pacht zahlen.«
»Und warum sind die Campbells euch so feindlich gesonnen?«
»Weil wir Macdonalds sind«, erklärte er knapp.
»Und sonst noch?«
»Weil wir Raubzüge auf die Ländereien von Glenlyon und Breadalbane unternommen haben. Weil wir Katholiken sind und sie Protestanten. Weil jeder den Lehnsherrn des anderen verachtet. Es ist schwierig, sich auf einen speziellen Grund festzulegen. Dieser Hass zwischen unseren beiden Clans ist in mehreren Jahrhunderten blutiger Geschichte genährt worden. Die Campbells haben vergessen, dass sie einmal Highlander waren, dass sie früher die Interessen unserer Heimat gegen die Sassanachs verteidigt haben. Heute sind sie die Augen und Ohren der Regierung unter uns. Sie leben und kleiden sich wie die Sassanachs. Und das können wir nicht hinnehmen.«
Ich überlegte eine Weile.
»Ich muss gestehen, dass all das ein wenig verwickelt klingt«, bemerkte ich.
»Wir sind keine komplizierten Menschen, mo maiseag«, erklärte er in einem absichtlich spöttischen Ton. »Dagegen stimmt es, dass unsere Geschichte dir ein wenig verworren vorkommen mag. Hier geht jeder Clan seinen eigenen Angelegenheiten nach und mischt sich nur in die der anderen ein, wenn es dabei um seine eigenen Interessen geht. Aber die Sassanachs wollen unbedingt in unseren Angelegenheiten mitreden. Sie verachten uns. Seit Jahrhunderten versuchen sie, uns zu unterjochen, aber wir sind weder Sklaven noch Arbeitstiere oder ›wilde Barbaren‹, wie sie uns so gern nennen. Hier in den Highlands ist das Leben hart, von ihrem Standpunkt aus gesehen vielleicht sogar primitiv, aber es ist das Leben, das unsere Vorfahren geführt haben, und uns gefällt es. Gewiss, wir besitzen keine raffinierten Umgangsformen, aber macht uns das schon zu Rohlingen ohne Benehmen? Was ihnen Angst macht, ist die Leidenschaft, mit der wir das verteidigen, was uns am teuersten ist. Aber gerade diese kriegerische Gesinnung sorgt dafür, dass wir immer noch da sind. Sie haben uns unseren König gestohlen, und sie wollen uns unsere Religion wegnehmen, und ich glaube, letzten Endes wollen sie aus uns genau solche Sassanach -Bastarde machen, wie sie selbst es sind. Doch sie können uns unseren Besitz rauben, unser Land und sogar unsere Identität, aber unsere Seele werden sie niemals bekommen. Sogar im Exil werden wir noch Highlander sein. Verstehst du, Caitlin?«
»Ja...«, flüsterte ich und dachte an jene schreckliche Nacht auf Dunning Manor.
Sie konnten uns alles nehmen bis auf unsere Seele... Sie war auch das Einzige, was mir noch geblieben war, und ich hatte mich geweigert, sie mir wegnehmen zu lassen.
Ein bleiernes Schweigen senkte sich über uns. Jeder versank in seinen eigenen Schmerzen, seinen eigenen Erinnerungen. Der durchdringende Schrei eines Falken ließ sich vernehmen. Der Raubvogel suchte im Tal nach Beute. Liam strich sich mit der Hand übers Haar und beobachtete zerstreut den Vogel, der am blauen Himmel große Kreise zog. Wieder ergriff er das Wort.
»Einige sind nicht mehr zurückgekehrt, sondern lieber bei den Clans geblieben, die sie aufgenommen hatten. John hat sein Land zurückerhalten, nachdem er versprochen hatte, den Eid zu unterzeichnen und keine Racheakte zu unternehmen. Sein Bruder Alasdair und dessen Frau Sarah, die im Übrigen Glenlyons Nichte ist, sind im Moment noch weit fort. In Lochaber, bei den Macdonalds von Keppoch.«
»Und du, warum bist du zurückgekommen?«
Er zuckte die Achseln und sah mir in die Augen.
»Ich weiß es nicht, diese Frage habe ich mir nie gestellt«, antwortete er
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