Schwert und Laute
Ich habe Blutbäder und Gemetzel erlebt, bei denen die Zahl der Opfer weit höher lag. Aber das war im Krieg. Ob eine Auseinandersetzung mit einem anderen Clan oder mit den Sassanachs, das läuft auf dasselbe hinaus. Männer kämpfen gegen andere Männer, mit dem höchsten Ziel, sich unter Einsatz ihres Lebens und ehrenhaft für eine Sache oder das, was ihnen teuer ist, einzusetzen. Doch das, was hier geschehen ist, hatte nichts mit Krieg zu tun. Das war ein ungerechtfertigter Akt der Rache und der Unterdrückung. Die Rache der Campbells gegen die Macdonalds unter dem großen Siegel des Königs. Sie haben sich MacIains Verspätung zu Nutze gemacht, um ihren Blutdurst zu stillen. Die Campbells wollten Glencoe von der Karte der Highlands und Schottlands löschen. Ha! Die Bastarde! Wir leben aber immer noch!«
»Warum mussten die Clans denn überhaupt einen Treueid unterzeichnen? Wart ihr als Schotten nicht ohnehin Untertanen des Königs?«
Er verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln.
»Welchen Königs? James’ oder Williams? Genau dessen wollte William sich als Protestant versichern. Nach der vernichtenden Niederlage gegen die Sassanachs in der Schlacht von Killiecrankie hatte man versucht, die jakobitischen Clans unter dem Banner des Hauses Nassau zu vereinen. Der Graf von Breadalbane...«
Sein Gesicht verzerrte sich.
»Dieser Bastard von einem Campbell!«, schimpfte er, bevor er weitersprach. »In den Ruinen von Schloss Achallader hat er die Clanchiefs versammelt, welche die Sache der Stuarts unterstüzten. Der listige Fuchs versuchte, die Chiefs gegeneinander aufzuhetzen. Mit seiner Schlangenzunge flüsterte er Versprechen, die er nicht einhalten konnte und zu denen er nicht berechtigt war, um sich die Gefolgschaft der Clans zu sichern; die berühmten Geheimvereinbarungen. Doch zu seinem Pech eilte ihm sein Ruf als Intrigant voraus, und er scheiterte. Niemand vertraute diesem schleimigen Aal. Der Kronrat erließ daraufhin eine Proklamation, die alle Chiefs verpflichtete, der Krone der Sassanachs die Treue zu schwören. Auf diese Weise hoffte er, jede andere
Art von Rebellion auf Seiten der Jakobiten im Keim zu ersticken.«
»War MacIain Jakobit?«
»Jakobit ist nur ein Wort, Caitlin. Sagen wir, dass wir uns weigern, uns einem Sassanach -König zu unterwerfen, der zu allem Überfluss auch noch Holländer ist. Seine Frau Mary mag von schottischem Blut sein, doch obwohl sie ihr Land liebt, steht sie auf der Seite der Sassanachs und ist außerdem noch Protestantin. Wir wollen die Stuarts wieder auf den Thron setzen. Das ist eine Frage der Ehre. Wir sind Highlander. Unser Blut ist das Blut Schottlands, und das unseres Königs muss es ebenfalls sein.«
»Aber ihr habt den Treueid geleistet...«
Er stieß ein kurzes, raues Lachen aus.
»Wir mussten schließlich unsere Haut retten.«
»Ist das der Grund, aus dem MacIain so lange gewartet hat, bis er bereit war, den Eid zu unterzeichnen?«
Er nickte.
»MacIain war ein harter und starrköpfiger Mann, doch er liebte sein Volk aus tiefstem Herzen, und für uns war er wie ein Vater. Resigniert, aber überzeugt davon, dass er keine andere Wahl hatte, brach er zwei Tage vor dem Ende der Frist – dem ersten Januar – nach Fort William auf. Die Camerons und die Macdonalds von Keppoch hatten bereits unterschrieben, daher... Doch in Fort William teilte Oberst Hill ihm mit, er sei juristisch nicht berechtigt, seinen Eid zu Protokoll zu nehmen. Er schickte ihn also nach Inveraray in Argyle, denn der dortige Sheriff, Sir Colin Campbell d’Ardkinglass, sei dazu in der Lage. Der Schnee hatte die Straßen unpassierbar gemacht, und nachdem Drummonds Grenadierkompanie ihn noch einige Stunden lang in Bracaldine aufgehalten hatte, erreichte er Inveraray schließlich mit zwei Tagen Verspätung. Anschließend musste er noch drei Tage warten, bis der Sheriff, der einige Tage bei seiner Familie verbracht hatte, zurückkehrte. Der Eid wurde offiziell am 6. Januar zu Protokoll genommen, und MacIain kehrte beruhigt nach Glencoe zurück. Er hatte Campbell die beiden Briefe übergeben, die Hill ihm überreicht hatte, bevor er Fort William verließ. Der erste bestätigte, dass er sich rechtzeitig vor dem schicksalhaften Datum eingefunden
hatte, um seinen Eid zu leisten, allerdings am falschen Ort. Ein ›verirrtes Schaf‹. Das zweite Schreiben war ein Schutzbrief gegen jede Form der Repressalien gegen ihn oder seinen Clan. Dieser Brief soll angeblich verlegt worden sein...«, setzte
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