Schwert und Laute
hatte eine kleine Tochter von zwei Jahren, und ich wäre bestimmt ein gutes Hausmädchen gewesen. Schließlich hätte ich nur Essen und Unterkunft verlangt. Die beiden hatten schon darüber gesprochen, aber Vater wollte dann doch nicht. Er konnte sich nicht entschließen, sich von mir zu trennen.«
»Wärest du denn gern gegangen?«
»Wenn ich ja sage, weil ich gern in Irland geblieben wäre, müsste ich dann nicht das Gefühl haben, meinen Vater zu verraten?«
»Ich glaube nicht, Caitlin.«
»Ich mochte die kleine Frances gern; sie hatte Haar, das so blond war wie das Korn im Juli, und den ganzen Kopf voll niedlicher Locken.«
Liam ergriff eine meiner Haarsträhnen und wickelte sie nachdenklich um seinen Zeigefinger.
»Und du... hättest du gern Kinder?«
Mir verschlug es die Sprache. Mein Herz schien stehen zu bleiben, und ich spürte, wie mir alles Blut aus dem Gesicht wich.
»Kinder...?«
»Ja, du weißt schon, diese kleinen Wesen, die schreien und greinen, wenn sie Hunger haben. Denen man abends einen Kuss gibt und sie dann ins Bett steckt.«
Plötzlich war mir ganz übel, als täte sich in meinem Inneren ein Abgrund auf, eine Leere, die nie wieder ausgefüllt werden könnte. Ein Kind... Ich sah ihn an und bemerkte, dass er offenkundig dasselbe empfand. Aber konnte ein Mann so etwas nachvollziehen, selbst wenn er Vater war?
»Wenn Gott mir erlaubt, eine Familie zu gründen...«
Mir versagte die Stimme, und ich vermochte nicht zu antworten. Er schwieg und war in seine eigenen Gedanken versunken. Er ließ meine Haarsträhne los, die schlaff auf meine Brust zurückfiel.
»Auf eine Frage hast du aber noch nicht geantwortet.«
»Oh... die nach dem Liebsten?«
Ich stieß ein unaufrichtig klingendes Lachen aus.
»Wenn es zählt, sich mit acht Jahren zu verloben, nun gut, dann habe ich in Irland einen Verlobten einsam und allein zurückgelassen. Er hieß Christopher Stephens, und er war neun. Ein recht charmanter, katholischer und sehr schalkhafter junger Mann. Ich bin mir ganz sicher, dass er mich seither vergessen hat.«
»Dich vergessen? Wirklich? Dann muss er entweder blind sein oder ein Idiot.«
Er streckte einen Arm aus, um ein Tierchen wegzuschnipsen, das sich auf meinen Rock gesetzt hatte, und streifte dabei meinen Handrücken. Dann seufzte er und rollte sich auf den Rücken. Ein bedrückendes Schweigen trat ein. Ich rutschte ein wenig auf meinem Hinterteil herum, um die Stellung zu wechseln, und räusperte mich.
»Ein prachtvolles Tier«, sagte ich und wies mit dem Finger auf das Pferd, das nicht weit entfernt von uns weidete.
»Ich reite es für John zu.«
»John?«
»John MacIain Macdonald. Der Chief des Clans und Laird von Glencoe. Er ist der Sohn des großen Alasdair MacIain.«
Seine Miene verdüsterte sich.
»Du weißt, was hier geschehen ist, oder, Caitlin?«
»Ein wenig. Als ich im Oktober 1692 nach Edinburgh kam, haben die Leute von nichts anderem geredet.«
»Oktober...«, murmelte er, den Blick auf einen unsichtbaren Punkt gerichtet. »Zu dieser Zeit hat Alasdair Og, MacIains jüngster Sohn, beschlossen, ins Tal zurückzukehren. Im August hatte John das Pardon des Königs erhalten.«
»Warum brauchte er denn ein Pardon vom König? Er war doch das Opfer, oder?«
»Er hatte seinen Treueid gegenüber William erneuern müssen. So, wie sein Vater es vor ihm getan hatte.«
»Wenn sein Vater die Treueverpflichtung unterzeichnet hatte, wofür ist er dann bestraft worden?«
»Er hatte die Frist um einige Tage versäumt. Die Campbells und einige Sassanachs, die MacIain stürzen sehen wollten, hatten das ausgenutzt. Jemand hatte den Eid für ungültig erklärt und ihn wahrscheinlich beiseite geschafft. Wir hatten allerdings von Gouverneur Hill persönlich unterzeichnete Schutzbriefe in der Tasche. Sie sollten uns freies Geleit sichern, so lange, bis MacIain vor dem Kronrat die Gründe für seine verspätete Unterzeichnung des Eides erklärt hätte.«
»Haben die Soldaten sie denn nicht angesehen?«
»Wir haben ihnen vertraut, Caitlin, und daher haben wir es nicht für notwendig gehalten, die Briefe vorzuzeigen. Als die beiden Abteilungen des Regiments von Argyle unter dem Befehl von Robert Campbell von Glenlyon und Thomas Drummond ins Tal einrückten, versicherten sie uns, Fort William sei überbelegt. Die Krone verlange von uns, ihnen Obdach zu gewähren, bis sie neue Befehle erhielten. Doch das war ein Vorwand. Sie waren zu einhundertundzwanzig Männern. Wir haben ihnen zu
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