Schwerter und Eiszauber
Schulter unbedeckt ließ. Fafhrd staunte, daß das Wesen in der kühlen Nachtluft nicht zitterte. Ihre beiden Gefährtinnen waren hinter ihr als noch vagere Umrisse erkennbar.
»Hat er euch Ärger gemacht, Mara?« rief Afreyt. (Auch dieser Name gab Fafhrd ein seltsames Gefühl ein.)
»Nichts Neues«, antwortete das Mädchen.
»Nun«, sagte Afreyt, »dann zieht Stiefel und Kapuzenmäntel an, May und Gale, ihr auch – und folgt mir und dem ausländischen Herrn außer Hörweite nach Salzhaven. Du wirst den Gott beim Morgengrauen besuchen können, May, um ihm Milch zu bringen?«
»Ja.«
»Deine Kinder?« fragte Fafhrd flüsternd.
Afreyt schüttelte den Kopf. »Kusinen. – Unterdessen«, setzte sie mit einer Stimme hinzu, die ebenfalls leise klang, doch sachlich, »werden wir beide eure bevorstehende Expedition mit den Berserkern nach Kalthafen besprechen.«
Fafhrd nickte, wenn er auch ein wenig die Augenbrauen hob. In der Luft über den beiden gab es eine kaum merkliche Bewegung, und er dachte automatisch an seine und des Mauslings Ex-Geliebte, die unsichtbaren Bergprinzessinnen Hirriwi und Keyaira und an ihren durch die Nacht jagenden Bruder, Prinz Faroomfar.
Der Graue Mausling wartete, bis seine Männer versorgt waren und sich in ihren Schlafsälen zur Ruhe begeben hatten, nicht ohne sie väterlich zu ermahnen, über die Vorteile eines anständigen Benehmens im Heimathafen des Geldgebers nachzudenken.
Kurz sprach er mit Ourph und Pshawri die Arbeit des nächsten Tages durch. Mit einem letzten rätselhaften Stirnrunzeln sah er sich dann um, warf sich den Mantel über die linke Schulter, verschwand in der kalten Nacht und schlenderte auf den Salzhering zu.
Obwohl er und Fafhrd an Bord der Treibgut lange und erfrischend geschlafen hatten (auf das von Groniger angebotene Landquartier waren sie nur für ihre Männer eingegangen), war es ein langer, übermäßig ausgefüllter und also wohl auch anstrengender Tag gewesen – nicht ohne Überraschung stellte der Mausling aber fest, daß sich neue Kräfte in ihm regten. Die neue Munterkeit kreiste aber nicht um die zahlreichen Probleme, die ihn und Fafhrd beschäftigten, ebensowenig um die weisen Pläne, die künftige Notlagen verhindern sollten, sondern entsprang eher einem Gefühl der Lächerlichkeit, daß er in den letzten drei Monden feierlich den Kapitän über Männer gespielt hatte, verschrien als feuerspeiender Disziplinsfanatiker und alleskönnerischer Navigator, ganz zu schweigen von den anderen heldischen Eigenschaften. Er, ein Dieb, als Kapitän über Diebe, ihnen seemännisches und kriegerisches Können eintrichternd, das ihnen in ihrem angestammten Beruf nicht im mindesten nützen konnte – lächerlich! Und das alles, weil eine kleine Frau mit golddurchwirktem Haar und goldenen Flecken in den grünen Augen ihm eine unerhörte Aufgabe gestellt hatte. Wirklich, absolut komisch!
Das beinahe waagerecht auftreffende Mondlicht deckte die schmale Straße mit Schatten ein, enthüllte aber die quergesetzten Balken über der Tür des Salzherings. Woher hatte man auf dieser weit im Norden gelegenen Insel soviel Holz? Auf diese Frage fand er drinnen eine Antwort. Die Taverne war aus den grauen Streben und Planken zerschmetterter oder abgewrackter Schiffe gebaut worden – eine Wand hatte noch die Krümmung einer Bootshülle, und an einer anderen Fläche bemerkte er tief eingedrückte Muscheln und Schalen von Meerestieren.
Ein kurzer Blick in den Schänkenraum offenbarte ein halbes Dutzend Seeleute der verschiedensten Herkunft; sie tranken still vor sich hin, während zwei jüngere Inselbewohner sich noch schweigsamer gegenübersaßen und mit massiven Steinen Schach spielten. Der Mausling erkannte, daß er den Mann, der Schwarz spielte, an diesem Morgen in Gronigers Gesellschaft gesehen hatte.
Wortlos marschierte er auf den inneren Raum zu, in dessen niedriger Tür eine kräftig gebaute, warzenübersäte Greisin gebeugt auf einem niedrigen Schemel hockte. Sie sah aus wie die Hexenmutter aller unnatürlichen Riesen und anderen Monster.
Der ilthmarische Wirt trat neben ihn und wischte sich dabei die Hände an dem Handtuch, das zugleich seine Schürze darstellte. »Die Flammenhöhle ist heute abend besetzt«, sagte er. »Geschlossene Gesellschaft. Du würdest dir bei Mutter Grum nur Ärger einhandeln. Was möchtest du?«
Der Mausling musterte ihn wortlos und ging weiter. Mutter Grum starrte ihn unter wirren Brauen mürrisch an. Er erwiderte den Blick. Der
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