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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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unbekannten, vom Zufall für ihn ausgesuchten Welt aufgenommen wurde. Ich glaube, es liegt in der Macht der Götter, zwischen den Welten zu reisen, meinst du nicht auch? Unfreiwillig wie auch auf eigenen Entschluß. Und wer kann wissen, auf welch unberechenbare Stürme sie auf düsterster Reise stoßen können?
    Aber an jenem Tag der Wunder vor einem Jahr verschwendete ich keine Zeit auf müßige Spekulationen. Nein, ich rieb ihm Handgelenke und Brust, drückte meine warme Wange gegen seine kalte, öffnete seine Lippen mit meiner Zunge (sein Kiefer war schlaff), drückte meine offenen Lippen über die seinen (und klemmte ihm mit Daumen und Zeigefinger die Nase zu) und schickte meinen frischen, eben gezogenen Atem tief in seine Lungen, während ich innerlich inbrünstig zu ihm betete, wenn ich auch wußte, daß die Götter angeblich nur unsere Worte hören und keine Gedanken. Ein Fremder, der uns zufällig über den Weg gelaufen wäre, hätte glauben können, wir wären bei einer Wiederholung des Liebesakts, wobei ich mich heftiger als er darum bemühte, die Leidenschaften neu zu wecken.
    Unterdessen (und da haben wir wieder jenes unnatürliche Etwas, von dem ich sprach) schien Afreyt auf der anderen Seite ebenso beschäftigt zu sein wie ich; und doch tat ich irgendwie die Arbeit allein. Die Erklärung wurde mir erst später bewußt.
    Mein Gott gab ein Lebenszeichen von sich. Seine Lider bebten. Ich spürte, wie sich seine Brust bewegte, während seine Lippen meine Küsse zu erwidern begannen.
    Ich öffnete mein Silberfläschchen, tröpfelte ihm Branntwein zwischen die Lippen und fügte gelegentlich auch weitere Küsse ein und tröstende, liebevolle, aufmunternde Worte.
    Endlich öffnete er die Augen (braun und mit goldenen Lichtpunkten, wie die deinen) und hob mit meiner Hilfe den Kopf, während er Worte in einer fremden Sprache vor sich hin murmelte. Ich antwortete in allen Sprachen, die ich kannte, doch er runzelte nur die Stirn und schüttelte den Kopf. So wußte ich, daß er kein nehwon'scher Gott war – es wäre doch nur logisch, meinst du nicht auch, daß ein Gott, der in seiner Heimatwelt allwissend ist, sich zuerst verloren vorkommen muß, nachdem er in eine andere Umgebung geschleudert worden ist. Er müßte sich doch wirklich erst mit ihr vertraut machen.
    Endlich lächelte er, hob die Hand an meinen Busen und blickte mich fragend an. Ich sagte ihm meinen Namen. Er nickte, schürzte die Lippen und wiederholte ihn. Dann berührte er sich an der Brust und sagte: ›Loki‹.«
    Beim Klang dieses Namens erlebte der Mausling Gefühle und Gedanken ähnlich denen, die Fafhrd beim Klang des Wortes ›Odin‹ bewegt hatten; er dachte an andere Lebensstränge und Welten und an Karl Treuherz' Sprache und sein kleines Wörterbuch Lankhmarisch-Deutsch, Deutsch-Lankhmarisch, das er Fafhrd geschenkt hatte. Im gleichen Augenblick, allerdings nur diesen Lidschlag lang, sah er das Feuergesicht, das sich wie sein Ebenbild in den Flammen bewegte und ihn anzublinzeln schien. Staunend runzelte er die Stirn.
    Cif setzte ihren Bericht fort: »Danach gab ich ihm ein paar Stückchen Fleisch aus meinem Beutel, die er mir aus den Fingern aß, aber nur mäßig, und noch mehr Branntwein. Dabei lehrte ich ihn Worte, indem ich auf dieses und jenes deutete. An jenem Tag stand dicker Rauch über Dunkelfeuer, und es loderten Flammen, die ihn sehr interessierten, als ich ihm den Namen des Vulkans genannt hatte. Ich zog Feuerstein und Eisen aus meinem Beutel, schlug beide zusammen und nannte dies ›Feuer‹. Er war entzückt, denn die Funken und das qualmende Stroh schienen ihm Kraft zu verleihen wie schon das Wort. Er streichelte die kleinen Flammen, ohne sichtlich Schaden zu nehmen. Das machte mir angst.
    So verging der Tag – ich war ganz in meinem Gott aufgegangen und nahm von nichts mehr Notiz außer dem, was er aus der Laune jedes Augenblicks heraus tat und sagte. Er war ein ungemein talentierter Schüler. Ich benannte ihm Gegenstände in unserer Reifsprache wie auch im Niederen Lankhmarisch, das ihm sicher nützlich sein würde, wenn er später seinen Blick auf Länder jenseits der Insel richtete.
    Der Abend zog herauf, und ich half dem Gott auf die Füße. Das schwache Licht, das über ihn dahinstrich, schien sein bleiches Fleisch ein wenig aufzulösen.
    Ich bedeutete ihm, daß wir in Richtung Salzhaven gehen wollten. Freudig ging er darauf ein (ich glaube, der aufsteigende Abendrauch lockte ihn an, die Feuerstellen bildeten eine

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