Schwerter und Rosen
die Löwinnen, denen man das Junge weggenommen hat. Die Verteidiger kämpften tapfer gegen sie. Die Verwundeten fielen auf dieser Seite und auf jener. Die Schwerter auf beiden Seiten waren trunken vom Blut. Die Zyprioten wurden bezwungen, die Stadt und Burg wurden genommen. Die Sieger nahmen sich, was ihnen gefiel. Der Herr der Insel wurde gefangen und vor den König gebracht.«
Neugierig blickte der junge Geschichtsschreiber auf, um die nächsten Worte des mächtigen Engländers nicht zu verpassen. Ein Lächeln huschte über seine hübschen Züge, als er das Bitten des bebenden Komnenos vernahm.
» Er bat um Verzeihung, die ihm gewährt wurde. Er huldigte dem König …«
Den Rest würde er am Abend in seiner Kammer hinzufügen, beschloss er und warf eine Handvoll Sand auf die feuchte Schrift. Zu befriedigend war der Anblick des flennenden Isaak, der mit übertriebener Gestik um sein Leben und das seiner Verbündeten flehte.
Nachdem Löwenherz das Gejammer des feigen Entführers noch eine Zeit lang ausgekostet hatte, hob er schließlich die bewehrte Hand und unterbrach den sich überschlagenden Redefluss rüde. »Ihr könnt gehen«, spuckte er abfällig aus, setzte jedoch augenblicklich hinzu: »Nachdem Ihr mir einen Eid geleistet habt, dass Ihr fortan auf unserer Seite steht.« Kaum hatte Komnenos diese Worte verarbeitet, nickte er eifrig und ließ die Hand in die Höhe schnellen, um der Aufforderung augenblicklich Folge zu leisten. Als der Chor der Schwörenden verhallt war, verschaffte sich der englische König mit einer herrischen Geste Ruhe und ließ den Blick der grauen Augen zu seiner im Hintergrund stehenden Gemahlin wandern, um sie zu sich zu winken. »In zwei Tagen werde ich hier in der Stadt meine Hochzeit begehen«, verkündete er nüchtern, was die Hochstimmung des jungen Devizes mit einem Schlag einbrechen ließ. Zwar teilte er immer noch das Lager mit dem kraftvollen König. Doch wenn Berengaria von Navarra hielt, was ihre eng geschnittenen Bliauds versprachen, dann würde dieser Genuss mit der Heirat ohne Zweifel ein Ende haben. Schmerzvolle Eifersucht umkrampfte sein Herz, als er die Erscheinung der feurigen Schönheit an der Seite des englischen Königs in sich aufnahm. Wer würde die Dienste einer solchen Göttin schon freiwillig ausschlagen? Mit einem resignierten Seufzen zog er sich in die Menge zurück und eilte aus dem Raum, über dem der beißende Gestank der Furcht lag.
Das Mittelmeer, Mai 1191
Grimmig starrte Guy de Lusignan auf die Wellen des Mittelmeeres, die das Glitzern der steil einfallenden Sonnenstrahlen mit solcher Intensität zurückwarfen, als seien ihre Kämme mit Edelsteinen besetzt. Etwa eine halbe Meile vor dem wendigen Schiff teilten Delphine das Wasser, wobei sich die eleganten Tiere immer wieder mit den starken Schwanzflossen in die Höhe katapultierten. Nicht selten drehten sie sich nach einem vollendeten Kunststück auf den Rücken und öffneten den schmalen Schnabel, wie um eine Belohnung von den Seeleuten zu fordern. Über ihnen kreiste ein Schwarm Möwen, aus deren Mitte von Zeit zu Zeit einer der schwarz-weiß gemusterten Vögel auf die Wasseroberfläche hinabstieß, um sich nur wenige Augenblicke darauf mit einem fetten Beutefisch im Schnabel erneut in die Höhe zu schrauben. Nicht selten stürzten sich die gefiederten Kameraden auf den erfolgreichen Jäger und entrissen ihm den Fang, den dieser sich dann kreischend und schimpfend wiederzubeschaffen versuchte. Wie sehr die Tiere doch den Menschen ähnelten!, schoss es Guy de Lusignan durch den Kopf, während er die Augen zusammenkniff, um in der Ferne die Küstenlinie der Insel Zypern auszumachen.
Nach einem weiteren hässlichen Streit mit Philipp von Frankreich war der entmachtete König von Jerusalem am Morgen von Akkon aus in See gestochen, um bei Richard Löwenherz, der sich angeblich auf dem Weg nach Zypern befand, um Unterstützung zu bitten. Mehr und mehr rissen die Verbündeten des niederträchtigen Konrads von Montferrat die Macht vor den Mauern Akkons an sich und verprellten damit nicht nur Guys Anhänger, sondern auch das ebenfalls durch innere Zerwürfnisse geschwächte Kontingent der Deutschen. Mit an Bord der schlanken Galeere waren mehrere Gesandte der Templer, die den Gerüchten einer geplanten Eroberung der strategisch günstig gelegenen Insel auf den Grund gehen wollten. Außerdem der Fürst von Antiochia sowie etliche mit Guy verbündete Barone. »Wenn es uns mit
Weitere Kostenlose Bücher