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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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tobte. Obgleich er bereits die Hand gehoben hatte, um seinen Knappen für das ungebührliche Benehmen zu züchtigen, hielt Cirencester inne und runzelte missfällig die Stirn. Nach einigen Herzschlägen stieß er den um Gnade flehenden Mönch schließlich mit dem Fuß von sich und knurrte verdrießlich: »Du solltest auf dein vorlautes Mundwerk achtgeben!« Doch insgeheim musste er dem Jungen recht geben. Er hatte sich vom Rausch der Macht mitreißen lassen und darüber all die Prinzipien vergessen, die ihn zu einem so hochgeachteten Ritter gemacht hatten. Mehrere Kämpfer – darunter auch John of Littlebourne – hatten bereits die kleine Kapelle im Zentrum des Innenhofes erreicht und schleppten Kelche, Kruzifixe und mit Blattgold und Lapislazuli verzierte Ikonen die Treppen hinab, um sie in die extra hierfür mitgeführten Beutel zu stopfen, die von den vorhergegangenen Raubzügen bereits überquollen. Obwohl Richard Löwenherz sofort nach der Gefangensetzung des selbst ernannten Kaisers eine Besitzsteuer von fünfzig Prozent erhoben hatte, war die Insel als Strafe für den Wortbruch auch noch zur Plünderung freigegeben worden. Gerüchten zufolge plante der englische König ohnehin, Zypern nach der Niederwerfung des Usurpators an die Templer zu verkaufen, die bereits einen Teil der Kaufsumme angezahlt hatten. Als Harolds Blick nach einem gemurmelten Dank auf einen der schwer verwundeten Zyprioten fiel, der erfolglos versuchte, sich aus der Gefahrenzone zu ziehen, erschauerte er und senkte hastig die Augen. Wann würde er endlich lernen, die Skrupel zu begraben, die ihn seit dem Sturm auf Messina nicht mehr loslassen wollten? Er wusste, dass er – wenn er ein Mann des Königs werden wollte – auch unschuldige Menschen töten musste. Und doch wollte es ihm nicht gelingen, unbewaffnete Männer oder gar Frauen und Kinder ohne Zögern niederzumetzeln.
    »Na, Cirencester«, höhnte Littlebourne, der soeben eine junge Magd an den Haaren ins Freie zog. »Ihr habt wohl kalte Füße?« Mit einem verächtlichen Ausdruck auf dem Gesicht zerrte er die wild um sich schlagende Frau in die Büsche, wo er sie zuerst schändete und dann erschlug. »Das muss aufhören«, ließ sich der Earl of Derby vernehmen, der zu Henry und Harold getreten war, und das Treiben mit Ekel im Blick verfolgte. »Ich werde Löwenherz bitten, die Männer in ihre Schranken zu weisen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, winkte er seinen Knappen herbei, befahl ihm, sein Streitross zu satteln und preschte Richtung Osten davon, wo die Festung Isaaks auf einer schroffen Felsnadel thronte. Trotz des sich gefährlich windenden Anstieges dauerte der Ritt keine halbe Stunde, und als William de Ferrers das weithin sichtbare Banner des englischen Königs inmitten einer See aus funkelnden Helmen erspähte, saß er ab, bahnte sich einen Weg durch die Soldaten und beugte das Knie vor Richard Löwenherz. Mit wenigen, aber blumigen Worten erläuterte er den Sachverhalt und bat den Hünen um Gnade für die wehrlosen Bewohner des Gebirges. »Weshalb?« Die grauen Augen des Königs funkelten streitlustig. »Weil Ihr Euch damit den Zorn der Bevölkerung zuzieht«, erwiderte der Earl of Derby geduldig. »Und das ist nicht besonders klug.« »Klug!«, brauste Richard auf. »Ihr wagt es, mir zu sagen, was klug ist und was nicht?!« William de Ferrers schüttelte ergeben den Kopf. »Ihr wisst, dass ich auf Eurer Seite stehe, Sire«, versuchte er den erzürnten Krieger zu besänftigen. »Aber wir sind nicht ausgezogen, um unsere Glaubensbrüder zu ermorden!« Richard blies die Wangen auf und blickte zornig auf die umstellte Festung des doppelzüngigen Kaisers von Zypern. Der Sieg stand kurz bevor, und dennoch brodelte eine Laune in ihm, die ihn selbst mit Furcht erfüllte. Seit der missglückten Hochzeitsnacht mit Berengaria von Navarra, die sich zwar als wunderschön, aber frigide herausgestellt hatte, kochte sein Temperament noch schneller über als für gewöhnlich.
    »Ihr seid im Begriff, den gleichen Fehler zu begehen wie Euer Vater«, setzte der Earl ruhig hinzu. »Damit sichert Ihr Euch den Unwillen der Kirche.« Er zögerte einen Augenblick, um Richard Gelegenheit zu geben, etwas darauf zu erwidern. Doch dieser schwieg mit einem verkniffenen Zug um den Mund. »Und welche Kirche es ist, ist im Endeffekt egal.« »Ach!« Mit einer wegwerfenden Geste begann Löwenherz, auf das von schwerem Belagerungsgerät schon stark beschädigte Tor zuzustapfen. »Dann gebt in Gottes

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