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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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die Schergen des Königs dessen Befehl mit einer Mischung aus Gewissenhaftigkeit und Leidenschaft Folge geleistet und ein Geständnis aus den zum Tode verurteilten Männern herausgeprügelt. Nachdem ihre Hinrichtung ohnehin beschlossen war, hatte Harold nach den ersten Schlägen mit dem dicken Knüppel zugegeben, was immer die Folterer von ihm wissen wollten. Aber Hugh, der Tempelritter und Cirencester waren länger standhaft geblieben. Nachdem der Prügel keine Wirkung bei ihnen gezeigt hatte, waren die Soldaten dazu übergegangen, ihren Gefangenen die glühenden Spitzen ihrer erhitzten Dolche in die Haut zu drücken. Als auch diese Maßnahme nur von bescheidenem Erfolg gekrönt war, hatten sie den schmerzerprobten Männern tiefe Schnitte zugefügt, die sie mit grobkörnigem Meersalz eingerieben hatten. Der Deutsche war besonders übel zugerichtet worden, und Harold fragte sich, ob die stark blutenden Wunden an Brust und Rücken ihn wohl schon in der Nacht das Leben kosten würden. Jedes Mal, wenn sich einer der Männer bewegte, hallte das helle Klirren der Ketten von den schimmeligen Wänden wider, doch außer diesem Laut unterbrach fast nichts die lastende Stille.
    Links von Harold hing der ohnmächtige Cirencester mühsam atmend in den Ketten. Während der Knabe zum unzähligsten Male versuchte, die Ereignisse dieses Tages, der vermutlich der letzte seines Lebens sein würde, zu verstehen, löste der Hass auf Guillaume und den Earl of Essex die quälende Trauer um seinen Vater und die Sehnsucht nach Catherines tröstender Stimme ab. Genüsslich hatte Essex ihm, kurz bevor er von den Schergen des Königs abgeführt worden war, von dem furchtbaren Reitunfall berichtet, der den Earl of Huntingdon das Leben gekostet hatte. Voller Schadenfreude hatte er ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass Guillaume sich daraufhin mit Prinz John verbündet und den Anspruch auf den Titel an sich gerissen hatte, noch bevor sein Vater in der kleinen Kapelle in Huntingdon beigesetzt worden war. Die Trauer kehrte zurück, als er versuchte, sich die Züge des alten Mannes in Erinnerung zu rufen. Wie unglaublich gerissen dieser Hinterhalt geplant war!, schoss es ihm durch den Kopf, während er mit einem Schaudern versuchte, das über seine nackten Füße kriechende Ungeziefer zu ignorieren. Seine Schultern, die von den Schlägen noch halb taub waren, begannen langsam gegen die unbequeme Haltung zu protestieren. Wäre es ihm nicht hin und wieder gelungen, das Gewicht seiner Arme mit den Ketten aufzufangen, hätten die Krämpfe sicherlich schon lange vorher eingesetzt. Leise stöhnend verlagerte er das Gewicht auf sein linkes Bein und lehnte den zerschundenen Rücken gegen die schleimigen Steinquader des Gefängnisses, bevor er die Gedanken weiterschweifen ließ. Ein bitteres Lachen wollte sich auf seine Lippen stehlen, als ihm klar wurde, dass Essex sich mit einem Streich sowohl des Vaters der von ihm begehrten Dame als auch deren Liebhabers entledigt hatte. Als sei das noch nicht genug, war es ihm zudem gelungen, mit Cirencester einen unangenehm werdenden Zeugen des Geheimbundes mit Prinz John und dem Erzbischof of Canterbury zu beseitigen. Der Deutsche, dem er neben Harold und Hugh die Schuld für den fehlgeschlagenen Anschlag auf Richards Leben zugeschoben hatte, war lediglich ein bedauernswertes Bauernopfer in dem ausgeklügelten Spiel des Intriganten. Ohne das Verbindungsglied zu al-Adil wäre Essex‘ Anklage weitaus weniger glaubhaft gewesen. Und diese Tatsache hatte de Mandeville mit der Sicherheit eines jagenden Falken erkannt und zu seinem Vorteil genutzt. Harold schnaubte. Offensichtlich stimmte das alte Sprichwort, das sein Vater ihm immer vorgesagt hatte, nicht: Unrecht Gut gedieh scheinbar wundervoll!
     
     
    Akkon, 14. Juli 1191
     
    »Bitte, Sire!« Das Gesicht des vor ihm knienden Mädchens war vom Weinen rot und verquollen. Trotz des Ärgers über die unerwünschte Störung stieg ein Hauch von Mitleid in dem sonst so harten Löwenherz auf, als sie die Augen flehend zu ihm aufhob. Die gefangenen Hochverräter waren abgeführt worden, doch bevor sich der Rat hatte auflösen können, war die Königin mit ihrer Hofdame in das Gemach geplatzt und hatte ihren Gemahl um eine Audienz gebeten. Erschöpft und noch geschwächt von den Überresten des Gifts in seinem Körper, hatte der englische König mehr aus Neugier denn aus Gnade zugestimmt, die Tochter des ermordeten Earls of Derby anzuhören. »Er vergöttert Euch«, schluchzte

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