Schwerter und Rosen
riechendem Gemach im Palast der Stadt geschafft hatten, mit einem stummen Wink zu verstehen, dass ihre Dienste nicht mehr benötigt würden. Wie eine Geißel Gottes hatte der furchtbare Schmerz den siegreichen Engländer am Abend seines Einzuges in die Stadt niedergestreckt, und mehr als einmal hatte sein Arzt in dieser ersten Nacht gefürchtet, das Leben seines Herrn nicht retten zu können. Er hatte gefiebert und halluziniert, getobt und gezittert, bis er schließlich in den frühen Morgenstunden erschöpft eingeschlafen war. Als er dann wenige Stunden später erwacht war, schien der Dämon seinem Leib schon halb entflohen zu sein. Und nachdem der Leibarzt mit einem Trank aus Heilkräutern nachgeholfen hatte, auch die letzten Reste der giftigen Substanz aus dem Körper des Hünen zu spülen, wirkte er an diesem Vormittag zwar noch ein wenig schwach, aber ansonsten wieder gesund und munter.
»Wie meint Ihr das?«, fragte Löwenherz, der in dem Glauben war, ebenso wie Philipp von Frankreich ein Opfer der Ruhr geworden zu sein, verdutzt und runzelte die rotblonden Brauen. »Ihr seid vergiftet worden«, belehrte ihn der alte Mann geduldig und zwang den Patienten, einen weiteren Schluck des schauderhaften Gebräus zu trinken, das ihm seine volle Kraft zurückgeben würde. »Vergiftet?«, prustete dieser und wischte sich den Mund, an dem die Hälfte des braunen Saftes hinab in den Kragen seines Nachtgewandes rann. »Ja«, erwiderte der Arzt. »Es scheint, als habe Euch jemand das Gift ins Essen gemischt, wenn ich die Symptome richtig deute.« Während die Verwirrung dem Zorn wich, legte Richard die Stirn in Falten und versuchte, sich daran zu erinnern, wer Gelegenheit zu dieser Tat gehabt haben könnte. Doch da bei dem Bankett so ziemlich jeder Zugang zu den Speisen und Getränken gehabt hatte, geriet er bald in eine Sackgasse. Bevor er sich weiter den schmerzenden Kopf darüber zermartern konnte, sprang die Tür auf und die Wächter davor geleiteten einen erregten Essex in die Kammer. Dieser sank vor der prunkvollen Bettstatt des Königs auf ein Knie nieder. »Mylord«, hub der Earl an und hob den Blick, in dem ein merkwürdiges Leuchten lag. »Man trachtet Euch nach dem Leben.«
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Wenig später schritt Robert de Mandeville, der Earl of Essex, nach einem kurzen, aber heftigen Austausch mit dem schäumenden Löwenherz den langen Gang entlang auf den Ausgang zu, wo er ohne behelligt zu werden an den Wachen vorbei in den sonnendurchfluteten Vorhof trat, um den Befehl des Königs weiterzugeben. Er lachte leise. Zwar war der Plan, Richard aus dem Weg zu schaffen gescheitert. Doch der zweite Teil der Kabale schien trotz aller negativen Vorzeichen dennoch aufzugehen. Nicht nur hatte er durch die von John of Littlebourne in Auftrag gegebene Ermordung des Earls of Derby sichergestellt, dass sein ehemaliger Knappe mehr als verdächtig wirken würde; auch hatte der Zufall ihm mit dem jungen Tempelritter, von dem ihm einer der Männer des erzürnten Herzogs von Österreich berichtet hatte, eine zusätzliche Trumpfkarte in die Hand gespielt, welche die winzige Lücke in der kunstvoll gesponnenen Intrige luftdicht verschließen würde. »Ihr findet den Burschen in Cirencesters Unterkunft«, ließ er die Soldaten wissen, denen er Richards Auftrag mitgeteilt hatte, und blickte ihnen nach, bis sie durch den Torbogen verschwanden.
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Verwundert und neugierig zugleich beobachtete Harold einige hundert Fuß weiter stadteinwärts, wie sich die Doppelreihe der Krieger mit stampfenden Schritten in seine Richtung bewegte. Doch als er nach einigen Atemzügen den Ausdruck in den Augen der beiden Frontmänner erkennen konnte, legte sich ein nicht zu bestimmendes Gefühl der Beklemmung um seine Brust. »Harold of Huntingdon?« Kalte Furcht stieg in der Kehle des Knaben auf, die sich mit jedem zusätzlichen Mann, der sich vor Cirencesters bescheidener Unterkunft im Westen der Stadt aufbaute, verstärkte. »Ihr seid festgenommen!« In der tiefen Stimme des Anführers schwang eine nicht zu überhörende Drohung mit, und Harold, der damit beschäftigt gewesen war, die Schäden an Cirencesters Rüstung zu beheben, kam mit zitternden Knien auf die Beine. Kaum hatte er das Werkzeug niedergelegt, als sich die Pranken zweier Soldaten hart um seine Oberarme schlossen und der Ranghöchste ihm die Spitze seines Dolches an die Kehle setzte. »Wenn es nach mir ginge, würden wir an Ort und Stelle kurzen Prozess mit dir machen«, blaffte
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