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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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tat, streiften Dutzende von ihnen Ober- und Untergewänder ab, um sich nackt in das eisige Wasser zu stürzen. Halbwüchsigen Knaben gleich tollten sie in den tanzenden Stromschnellen herum, drückten sich gegenseitig die verschwitzten Köpfe unter Wasser, um augenblicklich prustend wieder an die Oberfläche zu kommen, bevor sich das Spiel von vorn wiederholte. Einen Augenblick lang wurde Ansbert von der lächerlich wirkenden Sonnenbräune der Kämpfer abgelenkt, die ihnen ein Gewand aus weißer Haut auf den Körper gebrannt hatte. Doch als er den Blick zu Barbarossa zurückwandern ließ, erkannte er mit einem heißen Stich des Entsetzens, dass der betagte Kaiser sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Brust griff und in dem tosenden Gebirgsbach versank. »Der Kaiser!«, brüllte er und fuchtelte wild mit den Armen, um die anderen Badenden auf die Stelle aufmerksam zu machen, an der der ausgedünnte Rotschopf Barbarossas verschwunden war. Aber bis die ausgelassen durcheinander brüllenden Ritter endlich verstanden, dass es sich um einen Ernstfall handelte, war von dem Versunkenen bereits weit und breit nichts mehr zu sehen.
     
     
    Fontainebleau, Juni 1190
     
    Harold wagte kaum, seinen Ohren zu trauen. Nicht einmal in seinen kühnsten Träumen hatte er zu hoffen gewagt, dass er Catherine de Ferrers so bald wiedersehen würde. Doch das soeben unfreiwillig belauschte Gespräch zwischen seinem Herrn, John of Littlebourne und Richard de Reviers, dem Earl of Devon, ließ keine Zweifel offen. Diesen Neuigkeiten zufolge würden die Frauen im nächsten Frühling, sobald die Stürme sich legten, auf Sizilien zu den Kreuzfahrern stoßen, um König Richard seine Braut zuzuführen, die diesem dann in Begleitung ihrer Hofdamen ins Heilige Land folgen würde. Zwar verwunderte es ihn, dass den Männern die Namen der Damen bekannt waren, die Berengaria von Navarra die Langeweile verkürzen sollten, doch er verwarf den Gedanken so schnell, wie er aufgetaucht war. Das Einzige, was ihn interessierte, war, dass er seine Angebetete wiedersehen würde! Mit vor Glückseligkeit hüpfendem Herzen schlich Harold zurück zu seinem Platz vor dem Zelt, nahm den vorletzten Teil des Kettenpanzers, den er seit Stunden auf Hochglanz polierte, auf und bearbeitete den gefährlich spitzen Kniestachel, bis dieser in der sengenden Sonne funkelte. Gerade hatte er auch den linken Beinling zur Seite gelegt, um sein Werk zu begutachten, als die schwere Zeltleinwand zurückgeschlagen wurde und der untersetzte John of Littlebourne ins Freie trat.
    »Na, Junge«, höhnte er und betrachtete den wegen der Hitze nur mit einer dünnen Cotte bekleideten Harold anzüglich von oben bis unten. »Wo ist denn dein Bettgefährte heute?« Während dem Knaben bei diesen Worten flammende Röte ins Gesicht schoss, erklang hinter Littlebourne schallendes Gelächter und Essex, Devon und eine Handvoll Männer, die Harold nur an ihrem Wappen als Männer des Erzbischofs von Canterbury erkannte, traten geduckt durch den niedrigen Eingang. »Er ist deiner Dienste wohl schon überdrüssig?« Die Stimme des Ritters hatte einen ätzenden Unterton angenommen. Angeheizt durch das Feixen der Anderen, rückte er Harold näher und griff ihm brutal ans Gesäß. Wie von der Tarantel gestochen sprang der Junge auf und beherrschte sich nur mit Mühe, als er den Blick seines Dienstherrn auffing, der Littlebourne mit einer Geste zu verstehen gab, dass es genug war.
    »Kommt, John«, befahl er, nachdem er seine Besucher mit einem Nicken verabschiedet hatte. »Wir sollten unseren Freund de Ferrers aufsuchen.« Ein säuerlicher Ausdruck huschte über die raubvogelartigen Züge, als sich sein schmaler Mund angewidert verzog. »Es hilf alles nichts«, fuhr er fort. »Ich will dieses Mädchen haben. Koste es, was es wolle!« Ohne Harold eines weiteren Blickes zu würdigen, stürmte er – gefolgt von einem immer noch zynisch lächelnden John of Littlebourne – in Richtung Fluss davon, während Harold ihnen verständnislos hinterherstarrte. Was hatte er damit gemeint?, fragte er sich und rieb sich unbewusst die schmerzende Rückseite. Hatte er es auf Catherine abgesehen? Kalter Hass drohte, ihm die Sinne zu vernebeln, als er sich vorstellte, was das zu bedeuten hätte. Ohne weiter nachzudenken, pfefferte er sein Werkzeug achtlos auf den Boden und rannte zum Flussufer hinab, um im Schutz der das Ufer säumenden Birken zur Unterkunft des Earls of Derby zu schleichen. Er musste Gewissheit haben! Als

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