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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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dem weitere Männer den Tod gefunden hatten. Unzählige der von Hunger und Durst geschwächten Reittiere waren unter den Rittern zusammengebrochen, und hatten viele von ihnen in den Tod gerissen, als sie in eine der gähnenden Schluchten stürzten. Wer nicht mehr laufen konnte, den hatten zu Beginn noch Kameraden und Freunde gestützt. Doch je näher das in der Ferne lockende Mittelmeer rückte, desto rücksichtsloser wurden die verzweifelten Deutschen.
    »Na, fertig?« Aus den Gedanken gerissen fuhr Ansbert herum, um in die sonnengebräunten Züge Arnfrieds von Hilgartsberg zu blicken, der mit einem angeekelten Gesichtsausdruck auf den in einer Ecke des Zeltes stehenden Holzsarg blickte. Der energische Mund des hochgewachsenen Ritters verzog sich zu einer Grimasse, als er die Nase rümpfte und die Augen auf den hastig zusammengezimmerten Sarkophag heftete, der die Überreste des toten Kaisers enthielt. Die dunkle Kiste bedeckte ein rotes Tuch, auf dem der goldene Doppeladler des Staufergeschlechts die Schwingen spreizte. Ansbert, der sich seit dem vergeblichen Versuch, die sterblichen Überreste Barbarossas mit Essig zu konservieren, schon beinahe an den durchdringend süßlichen Verwesungsgeruch gewöhnt hatte, zuckte die Achseln und erhob sich steif. »Ich hoffe, er lässt es diesmal durchgehen«, versetzte er müde, wies mit dem Kopf Richtung Ausgang und trat aus dem Zelt, um die frische Brise zu genießen, die den salzigen Duft des Meeres zu ihnen hinauftrug.
    Nur wenige hundert Schritt von ihrem Standpunkt entfernt wurden Dutzende von Schiffen mit den mageren Habseligkeiten derjenigen beladen, die das Angebot der tüchtigen Händler angenommen und sich für eine Passage nach Rhodos, Messina oder Venedig eingetragen hatten. Bauchige Handelsschiffe schaukelten träge zwischen schlanken Galeeren und kleinen Fischerbooten. Während überall mit emsiger Hast Fässer, Truhen und Säcke an Bord geschleppt wurden, entrollten sich bei den in letzter Reihe ankernden Schiffen bereits die rot-weiß gestreiften Segel, als diese sich auf den Weg zu der steinernen Hafenbefestigung machten. An Bord blitzten Helme und Brustpanzer auf, als die Soldaten sich mit einem letzten Blick über die hölzerne Reling von ihren Kameraden verabschiedeten – die sich in ihren Augen törichterweise einem zum Scheitern verdammten Unterfangen verschrieben hatten, als sie dem Herzog von Schwaben den Eid geleistet hatten. Viele der einflussreichen Barone und Bischöfe befanden sich mit ihrem Gefolge bereits auf Kurs in die Heimat, und nur wer sich das finanzielle Risiko einer Weiterfahrt ins Heilige Land leisten konnte, hatte sich dem Sohn Barbarossas angeschlossen. Wucherer hatten aus der Notlage der verzweifelten Kreuzfahrer Profit geschlagen, und so mancher Deutsche hatte Haus und Hof verpfändet, um dem zu Beginn so vielversprechend klingenden Abenteuer der Befreiung Palästinas den Rücken zu kehren.
    Ansbert seufzte und drehte das Pergament, das er mit ins Freie genommen hatte, in den Händen hin und her. »Ich weiß nicht mehr, wie ich zwar die Wahrheit berichten, ihn aber nicht wie einen Toren aussehen lassen kann!«, stöhnte er und blickte zu dem grinsenden Arnfried von Hilgartsberg auf, von dessen hohen Wangenknochen sich die Haut schälte. Mitfühlend legte dieser dem kleineren Mann die Hand auf die Schulter und nickte. »Ich wünschte, ich könnte mit Euch tauschen«, brummte er nach einem Augenblick des Schweigens gutmütig. »Dieser Leopold von Österreich raubt mir noch den Verstand.« Jetzt war es an Ansbert, die Mundwinkel nach oben zu ziehen und sich ein Lachen zu verkneifen. »Dieser elende Wichtigtuer denkt, dass er jetzt das Zepter in die Hand nehmen müsste«, setzte Arnfried verdrießlich hinzu. »Und unser trauernder Herzog von Schwaben unternimmt nichts dagegen!« »Ach!« Mit einem aufmunternden Zwinkern klopfte Ansbert dem Freund, der sich nur schwer von dem Schock, den ihm der Tod Friedrichs von Hausen bereitet hatte, erholt hatte, auf den Rücken und wies ins Innere seiner Unterkunft. »Wenn der Kaiser erst einmal unter der Erde ist, dann wird es sicherlich besser.« Mit gemischten Gefühlen hatte er den Entschluss des Herzogs von Schwaben aufgenommen, Herz und Eingeweide des Verstorbenen in Tarsus, sein Fleisch in Antiochia und seine Knochen in der Kathedrale von Tyros beizusetzen. Reliquien in allen Ehren, aber das ging dann doch ein wenig zu weit, fand Ansbert.
     
     
    Jerusalem, Die Zitadelle, Juli

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