Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei
die einem Jüngling an der Schwelle zum Mannesalter höchst nützlich sind.
Doch obwohl er das erkannte, verstand Fafhrd seinen Vater nur bruchstückweise, denn ihn beunruhigte viel zu sehr Nalgrons Ausgezehrtheit und die Dürre seiner Finger, die den Silberkelch umschlossen, und der Silberschimmer in seinem Haar und der schwache Hauch von Blau auf seinen roten Lippen. Zugleich strahlte Nalgron aber mit jeder Bewegung, mit jedem Wort Sicherheit und Lebhaftigkeit aus; trotzdem fühlte Fafhrd sich getrieben, ständig die dampfenden Platten und Schalen ringsum nach besonders schönen Portionen abzusuchen und mit Löffel oder Gabel auf Nalgrons großem Silberteller abzulegen, um seinen Appetit anzuregen.
Jedesmal sah Nalgron dann mit einem Lächeln und höflichen Nicken auf, und mit Liebe in den Augen, und er führte den Kelch an die Lippen und setzte seine Ausführungen fort; jedoch nie zeigte er seine Eßhand.
Als das Bankett seinen Fortgang nahm, begann Nalgron von Dingen zu sprechen, die womöglich noch wichtiger waren, doch jetzt bekam Fafhrd seine kostbaren Worte kaum noch mit, so erregte ihn die Sorge um die Gesundheit seines Vaters. Plötzlich erschien ihm die Haut zum Platzen gespannt über den vorspringenden Wangenknochen, die schimmernden Augen waren noch tiefer eingesunken, von noch schwärzeren Ringen umgeben, die blauen Adern neben den straffen Sehnen der Hand, die den Silberkelch hielt, traten noch stärker hervor – und in Fafhrd keimte der Verdacht, daß er, obwohl er den Kelch oft genug an den Mund hob, keinen einzigen Tropfen trank.
»Iß, Vater!« flehte Fafhrd mit leiser, besorgter Stimme. »Trink wenigstens!«
Wieder dieser Blick, das Lächeln, das freundliche Nicken, in den blanken Augen die Wärme der Liebe, der kurze Kontakt zwischen Kelch und ungeteilten Lippen, das Fortblicken, die Fortsetzung der ruhigen Ausführungen, denen er nicht folgen konnte.
Und jetzt stieg Angst in Fafhrd auf, denn die Lichter wurden blau, und er machte sich klar, daß bisher keine der undeutlichen schwarzen Gestalten am Tisch auch nur eine Hand, geschweige denn ein Trinkgefäß an die Lippen gehoben hatten, obwohl sie alle mit ihren Bestecken ständig dumpf herumlärmten. Die Sorge um seinen Vater wurde zur Tortur, und ehe er wußte, was er da tat, hatte er den Umhang seines Vaters aufgeschlagen, seinen rechten Unterarm ergriffen und die Eßhand an den vollgehäuften Teller geführt.
Jetzt nickte Nalgron nicht mehr, sondern stieß Fafhrd seinen Kopf entgegen, er lächelte nicht mehr, sondern grinste ein Grinsen, das alle seine elfenbeinernen Zähne zugleich entblößte, während seine Augen kalt waren – kalt, kalt.
Der Arm, den Fafhrd umschlossen hielt, fühlte sich an, sah aus, war bloßer Knochen!
Plötzlich am ganzen Körper geschüttelt, doch vorwiegend in den Armen, huschte Fafhrd blitzschnell von der Bank.
Dann schüttelte es Fafhrd nicht mehr, sondern er wurde wachgeschüttelt von starken, fleischigen Händen an seinen Schultern, und anstelle der Dunkelheit gewahrte er die leicht durchscheinende Plane des Mingol-Zeltes, und statt seines Vaters blickte das hohlwangige, schwarzbärtige, traurige und besorgte Gesicht Vellix' des Verwegenen auf ihn herab.
Fafhrd starrte betäubt zu ihm auf und bewegte dann Schultern und Kopf, um seinen Kreislauf anzuregen und die zupackenden Hände loszuwerden.
Doch Vellix hatte bereits losgelassen und sich auf den nächsten Pelzhaufen gesetzt.
»Entschuldigung, junger Krieger!« sagte er ernst. »Du schienst einen Traum zu haben, der lieber nicht länger dauern sollte.«
Sein Benehmen und sein Tonfall erinnerten Fafhrd sehr an Nalgron aus seinem Alptraum. Er stützte sich auf einen Ellenbogen, gähnte und schüttelte sich ein zweites Mal.
»Eine seltsame Kälte scheint dir Körper und Geist zu erfüllen«, sagte Vellix. »Da hätten wir also eine gute Entschuldigung für den Brandy, den ich dir versprochen habe.«
Er brachte mit einer Hand zwei kleine Silberkrüge zum Vorschein und mit der anderen einen braunen Brandy-Krug, den er jetzt mit Zeigefinger und Daumen entkorkte.
Fafhrd beäugte mißtrauisch die Schmutzflecken an den Krügen und überlegte, ob vielleicht auf dem Grund eines Bechers etwas abgelagert war, das nicht in das Getränk hineingehörte. Mit Besorgnis erinnerte er sich daran, daß dieser Mann, was Vlana anging, sein Rivale war.
»Moment!« sagte er, als Vellix einschenken wollte. »Ein Silberkelch hat eine unschöne Rolle in meinem Traum
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