Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei
drückte Vlana ihre Wange an die seine und flüsterte hastig: »Denk an unseren Plan für heute abend und für unsere Zukunft. Halt dich daran. Und bleib im Hintergrund.«
Fafhrd brachte heraus: »Achte auf Eis und Schnee. Reagiere, ohne zu denken.«
Zu Vellix gewandt, sagte Vlana ein wenig nüchterner, aber höflich und freundlich: »Ich danke für deine Fürsorge, sowohl im Schlaf als auch im Wachen.«
Aus einer Pelzrobe, deren Kragen seine Ohren überragte, schaltete sich Essedinex ein: »Schlimme Nacht für Zelte.« Vlana zuckte die Achseln.
Die Frauen der Truppe scharrten sich um sie und bedrängten sie mit Fragen, und sie sprach leise zu ihnen, während sie auf das Darstellerzelt zugingen und schließlich darin verschwanden.
Vellix blickte ihr stirnrunzelnd nach und zupfte an seinem schwarzen Schnurrbart.
Die Schauspieler besahen sich den Unglücksort und schüttelten die Köpfe.
Vellix wandte sich an Fafhrd und sagte verbindlich: »Ich habe dir schon einmal Brandy angeboten und möchte doch annehmen, daß du ihn jetzt brauchst. Auch habe ich seit gestern morgen den großen Wunsch, mit dir zu sprechen.«
»Ich bitte um Verzeihung, aber wenn ich erst einmal sitze, kann ich keinen Augenblick wachbleiben«, erwiderte Fafhrd höflich und unterdrückte ein Gähnen, das nur halb gespielt war. »Ich danke dir trotzdem.«
»Dann vielleicht gegen Mittag. Oder am Nachmittag?« fügte er schnell hinzu.
»Letzteres, bitte«, erwiderte Fafhrd und ging mit schnellen Schritten auf die Zelte der Händler zu. Vellix versuchte erst gar nicht, mit ihm Schritt zu halten.
Fafhrd fühlte sich zufriedener als je zuvor in seinem Leben. Der Gedanke, daß er dieser Schneewelt und ihren herrschsüchtigen Frauen heute nacht auf ewig entfliehen würde, erfüllte ihn fast mit Wehmut, wenn er sich umsah.
Vorsicht mit den Gedanken! ermahnte er sich. Ein seltsames Gefühl der Bedrohung oder vielleicht auch sein Schlafbedürfnis ließen seine Umgebung in ganz besonderem Licht erscheinen, wie eine lang entbehrte Szene aus seiner Kindheit.
Er leerte eine weiße Porzellanschale mit Wein, die ihm von seinen Mingol-Freunden Zax und Effendrit angeboten wurde, ließ sich von ihnen zu einem schönen Fellager leiten, das durch zahlreiche Pelzstapel geschützt war, und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.
Nach äonenlanger, weicher Dunkelheit gingen langsam wieder die Lichter an. Fafhrd saß neben seinem Vater Nalgron an einer langen Tafel voller dampfender, schmackhafter Speisen, voller würziger Weine in irdenen Krügen, in Stein, Silber, Kristall und Gold. Auch andere Leute saßen aufgereiht am Tisch, doch Fafhrd vermochte nur ihre dunklen Silhouetten wahrzunehmen und das einschläfernde Summen ihrer Gespräche, das zu leise war, als daß er einzelne Worte verstehen konnte: murmelnden Wasserbächen vergleichbar, allerdings gelegentlich von Lachen durchdrungen, wie kleine Wellen, die einen Kieselstrand hinauflaufen und wieder zurückfließen. Und das dumpfe Klingen der Bestecke war das Klacken der Kiesel in dieser Brandung.
Nalgron war in seine weißesten Eisbärenfelle gekleidet, hier und da durch Nadeln und Kettchen und Armbänder aus reinem Silber gehalten, und er hatte auch einen Silberglanz im Haar, was Fafhrd ein wenig beunruhigte. In seiner Linken hielt er einen Silberkelch, den er immer wieder an die Lippen führte, während die Rechte, seine Eßhand, unter dem Umhang verborgen blieb.
Nalgron sprach klug und tolerant, fast zärtlich über verschiedene Themen. Er richtete seinen Blick hierhin und dorthin am Tisch, sprach jedoch so leise, daß seine Worte nur an seinen Sohn gerichtet sein konnten.
Fafhrd wußte auch, daß er sorgsam auf jedes Wort achten und jeden Aphorismus in seinem Gedächtnis bewahren müßte, denn Nalgron sprach vom Mut, von der Ehre, von Klugheit und Rücksicht, vom Geben und Nehmen; er sprach davon, wie man sein Wort halten, wie man den Wünschen seines Herzens folgen solle, wie man sich ein hohes romantisches Ziel setzen und dieses unermüdlich erstreben sollte; er sprach von der Ehrlichkeit sich selbst gegenüber in allen diesen Dingen, doch besonders von der Erkenntnis der eigenen Abneigungen und Sehnsüchte, von der Notwendigkeit, Augen und Ohren vor den Ängsten und Nörgeleien der Frauen zu verschließen, ihnen jedoch auch ihre Eifersucht, ihre Lenkversuche und sogar ihre schlimmste Arglist zu verzeihen, da all jene Dinge ihrer unwägbaren Liebe entsprangen – und er sprach von vielen anderen Dingen,
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