Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
fröhlich herüber wie eine kleshitische Kurtisane!«
»Und er ist auch heiß wie eine kleshitische Kurtisane«, fügte der riesige Nordling hinzu, der nun um eine Felsspalte bog, »denn er hat den ganzen Schnee zum Schmelzen gebracht.«
Und das stimmte. Obwohl am Horizont die Schneeflächen und Gletscher der Eis-Öde flimmerten, offenbarte die kleine schüsselartige Vertiefung vor ihnen einen eisfreien See. Und obwohl die Luft ringsum winterlich kühl war und den Atem der Männer in kleinen weißen Wolken davonwehte, war der braune Felsvorsprung unter ihren Füßen frei von Schnee.
Das diesseitige Ufer des Sees stieg zu jenem Hügel an, den der Mausling angekündigt hatte, ein Hügel, von dem ein winziger sternengroßer Punkt das Licht der eben aufgegangenen Sonne grell reflektierte.
»Wenn man das einen Hügel nennen kann«, fügte Fafhrd leise hinzu. »Nun, ob kleshitische Kurtisane oder Hügel – auf jeden Fall hat er viele Gesichter.«
Und das war gut beobachtet. Die grünen Hänge des Hügels waren mit Vertiefungen und kleinen Erhebungen übersät, die einem phantasievollen Betrachter als monströse Gesichter erscheinen mochten – Gesichter, deren Augen geschlossen waren bis auf jenes eine, das da herüberblinkte. Die Gesichter strömten wie Wachs zu Tal – in steinernen Bächen, die im spiegelglatten, unangenehm wirkenden Wasser verschwanden. Hier und dort waren auf dem grünen Gestein dunkelrote Felsgruppen festzustellen, bei denen es sich um Blut oder Münder handeln konnte. Die runde Hügelkuppe schien aus fleischrosa Marmor zu bestehen, eine Farbe, die überhaupt nicht in die seltsame Landschaft paßte. Auch sie schien ein Gesicht zu bilden – das eines schlafenden Ogers. Ein Streifen grellroter Felsen zog sich als Mund darüber hin. Aus einer Spalte zwischen den roten Felsen stieg Dampf empor.
Der Hügel schien mehr als nur ein Vulkan zu sein. Er ließ an das Emporschießen einer wilden, urzeitlichen Bewußtheit denken, wie sie Fafhrd und der Graue Mausling noch nicht erlebt hatten – erstarrt im Augenblick des Übergriffs auf eine jüngere, schwächere Welt, erstarrt und doch auf ewig wach und abwartend und begierig ...
Und im nächsten Augenblick war die Illusion vergangen – die Gesichter schienen verschwunden. Der Hügel war plötzlich eine schlichte Erhebung in der Landschaft, eine seltsame vulkanische Formation in der Eis-Öde, ein grüner Hügel mit einem besonderen Blitzen.
Fafhrd atmete seufzend aus. Er musterte das Seeufer auf der anderen Seite, das dort hügelig aufragte und mit einer Vegetation überzogen war, die ihn an ein Fell erinnerte. An einer Stelle erhob sich ein altarähnlicher gedrungener Steinpfeiler. Jenseits der haarigen Büsche, zwischen denen rote Blätter leuchteten, erstreckten sich Eis und Schnee, nur hier und dort von Felsen und dürren Baumgruppen durchbrochen.
Doch der Mausling war mit ganz anderen Gedanken beschäftigt.
»Das Auge, Fafhrd, das fröhlich glitzernde Auge!« flüsterte er, als gingen sie auf belebter Straße und müßten sich vor Spionen in acht nehmen. »Nur einmal habe ich bisher einen solchen Schimmer gesehen, und das war bei Mondlicht in der Schatzkammer eines Königs. Damals mußte ich ohne einen riesigen Diamanten abziehen – eine Wächterschlange hat dafür gesorgt. Ich tötete das Vieh, aber sein Zischen weckte die anderen Wächter.
Heute ist aber nur ein kleiner Hügel zu erklimmen. Und wenn der Stein auf diese Entfernung schon so schimmert, Fafhrd« – er ließ seine Hand auf das Bein seines Freundes fallen und preßte, um seine Worte zu unterstreichen, die empfindliche Stelle über dem Knie – »denk doch nur, wie groß er sein muß!«
Der Nordling, der die Stirn runzelte wegen der Berührung, noch immer in seinen düsteren Zweifeln und Vorahnungen befangen, schnappte dennoch anerkennend nach Luft.
»Und wir armen schiffbrüchigen Diebe«, fuhr der Mausling begeistert fort, »können den staunenden und neidischen Dieben von Lankhmar berichten, daß wir nicht nur die Gebeine der Alten überquert, sondern sie unterwegs auch noch ausgeraubt haben.«
Und fröhlich hüpfte er auf dem schmalen Vorsprung weiter, der nun in einen kaum breiteren, seebegrenzten Felssattel überging und zu dem geheimnisvollen grünen Hügel führte. Fafhrd folgte ihm etwas langsamer, nahm seinen Blick nicht von dem grünen Wunderberg, in der Hoffnung, daß er die Gesichter wieder wahrnehmen würde. Doch es geschah nichts. Da fiel ihm ein, daß der Berg
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