Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
vielleicht zum Teil durch Menschenhand geformt worden war und daß damit der Gedanke an einen diamantenäugigen Gott schon plausibler wurde. Am anderen Ende des Sattels, am Fuße des grünen Hügels, holte er den Mausling ein. Dieser betrachtete einen flachen schwarzen Felsen voller Einschnitte, die Fafhrd nach kurzem Blick als künstlich erkannte.
»Die Ruinen des tropischen Klesh«, murmelte der Nordling. »Was tun diese Hieroglyphen so weit entfernt von ihrem Dschungel?«
»Bestimmt von irgendeinem verfrorenen Einsiedler eingemeißelt, dem sein Wahnsinn die kleshitische Sprache beibrachte«, bemerkte der Mausling sarkastisch. »Oder hast du den Dolchschwinger von vorhin schon vergessen?«
Fafhrd schüttelte kurz den Kopf. Gemeinsam machten sie sich an die Entzifferung der tief eingeritzten oder eingemeißelten Buchstaben, zogen ihr Wissen heran, das sie beim Lesen alter Schatzkarten und beim Entschlüsseln abgefangener Spionagebotschaften erworben hatten.
»Die sieben schwarzen ...«, las Fafhrd ziemlich schnell.
»... Priester«, beendete der Mausling den Satz. »Sie haben damit zu tun, wer sie auch sein mögen. Dazu ein Gott oder Ungeheuer oder Teufel – diese Schlängelhieroglyphe hat diese drei Bedeutungen, je nachdem, wie die Nachbarworte lauten, die ich hier nicht verstehe. Eine sehr alte Schrift, kann ich dir sagen. Und die sieben schwarzen Priester sollen der Schlangenhieroglyphe dienen oder sie bewachen oder auch bändigen – wieder kann eine dieser Bedeutungen zutreffen.«
»Und solange diese Priesterschaft andauert«, fuhr Fafhrd fort, »solange wird Gott-Ungeheuer-Teufel ruhig abwarten ... oder schlafen ... oder tot bleiben ... oder nicht heraufkommen ...«
Jäh sprang der Mausling auf und fuhr mit den Füßen hin und her. » Heiß ist es hier!« klagte er.
Fafhrd begriff. Auch er spürte die unnatürliche Wärme des Gesteins durch die dicken Ledersohlen seiner Stiefel.
»Heißer als das Höllenfeuer«, bemerkte der Mausling und hüpfte von einem Fuß auf den anderen. »Na, was jetzt, Fafhrd? Gehen wir rauf oder nicht?«
Fafhrd beantwortete die Frage mit einem lauten Lachen. »Das hast du vorhin längst entschieden, kleiner Mann! Oder habe etwa ich von dem Riesendiamanten angefangen?«
Los ging es also, wobei sie sich eine Stelle aussuchten, an der ein gewaltiger Felsbrocken oder Tentakel oder ein zerschmolzener Kieferknochen aus dem Granit ragte. Der Aufstieg war beschwerlich, denn das grüne Gestein war überall abgeschliffen und zeigte nirgendwo Axt- oder Meißelspuren, was Fafhrds vage Theorie, die Gestalt des Hügels könnte von Menschenhand beeinflußt sein, doch etwas ins Wanken brachte.
Immer weiter mühten sie sich, und der Atem wehte ihnen in immer größeren Frostwolken vom Gesicht, obwohl sich zugleich die Felsen unter ihren Fingern unangenehm heiß anfühlten. Nach Bewältigung einer besonders glatten Stelle, an der sie Hände und Füße, Ellenbogen und Knie und sogar das Kinn einsetzen mußten, standen sie endlich auf einem der Hügelmünder. Hier schien ihr Aufstieg nun zu Ende zu sein, denn die große Wange über ihnen war glatt und wölbte sich eine Speerlänge links und rechts nach außen.
Doch Fafhrd nahm dem Mausling ein Seil vom Rücken, das vor kurzem noch den Mast ihrer schiffbrüchigen Schaluppe gesichert hatte, machte eine Schlinge hinein und warf sie zur Stirn des Gesichts hinauf, wo ein gedrungenes Horn oder ein Fühler hervorstand. Die Schlinge legte sich um den Vorsprung. Fafhrd hängte sich probehalber an das Seil und schaute seinen Kameraden fragend an.
»Was hast du vor?« wollte der Mausling wissen, der die Felswand umarmte. »Dieser verflixte Ausflug kommt mir doch langsam recht sinnlos vor.«
»Aber was ist mit dem Edelstein?« fragte Fafhrd nicht ohne Ironie. » So groß ist er, Mausling, so groß!«
»Ist bestimmt nur Quarz«, sagte der Mausling bitter. »Ich habe meinen Appetit darauf verloren.«
»Aber was mich betrifft«, rief Fafhrd, »ich habe plötzlich großen Hunger danach.«
Und er schwang sich in die Leere hinaus, verschwand um die grüne Wange, pendelte in das blasse, grelle Sonnenlicht hinaus.
Er hatte den Eindruck, als stände er still, als drehte sich der ruhige See und der grüne Hügel um ihn. Er landete unter dem monströsen Tränensack des Gesichts. Langsam zog er sich höher hinauf, fand Halt auf dem Vorsprung, der vor dem eigentlichen Augapfel verlief, und warf dem Mausling, den er nun nicht mehr sehen konnte, das Seil
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