Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
hier und dort mit roten Pflanzen durchsetzt waren. Zwei- oder dreimal glaubten sie eine Bewegung darin wahrzunehmen – eine Bewegung, die ihnen langsam folgte. Und jedesmal schickten sie einen Pfeil oder Stein an die Stelle, obwohl sich nicht abschätzen ließ, welche Wirkung die Geschosse hatten.
»Die sieben schwarzen Priester ...« murmelte Fafhrd.
»Die sechs«, berichtigte ihn der Mausling. »Einen von der Truppe haben wir schon erledigt.«
»Also gut, die sechs«, gab Fafhrd nach. »Sie scheinen böse auf uns zu sein.«
»Und warum auch nicht?« wollte der Mausling wissen. »Wir haben das einzige Auge ihres Götzen gestohlen. So etwas ist für Priester eine fürchterliche Sache.«
»Das Ding scheint aber mehr als nur ein Auge zu haben«, bemerkte Fafhrd nachdenklich. »Wenn es sie nur geöffnet hätte!«
»Aarth sei Dank, daß es dazu nicht gekommen ist!« zischte der Mausling. »Und – Vorsicht, ein Pfeil! «
Fafhrd warf sich sofort auf die Felsen, und der schwarze Pfeil sirrte über das Eis vor ihnen.
»Ich meine, sie sind viel zu aufgebracht«, sagte Fafhrd und rappelte sich wieder hoch.
»Das ist bei Priestern immer so«, erwiderte der Mausling philosophisch und warf erschaudernd einen Blick auf die schwarzverkrustete Pfeilspitze im Eis.
»Jedenfalls sind wir sie los«, sagte Fafhrd erleichtert, als er und der Mausling auf das Eis sprangen. Der Mausling blickte ihn sarkastisch an. Doch Fafhrd merkte nichts.
Stunde um Stunde marschierten sie schnellen Schrittes über das grüne Eis und vergewisserten sich am Stand der Sonne, daß sie die südliche Richtung eingeschlagen hatten – eine Sonne, die kaum einen Handbreit über den Horizont stieg. Gegen Abend erlegte der Mausling mit drei Schleuderschüssen zwei Arktisvögel, die sich zu tief herabgewagt hatten, während Fafhrds scharfes Auge in einem Felsvorsprung am Fuße eines gewaltigen Schneehangs eine Höhle ausmachte. Zum Glück fanden sie auch etwas Holz in der Nähe, und wenig später kauten die beiden Abenteurer festes, braunes Vogelfleisch und beobachteten das flackernde Feuer im Höhleneingang.
Fafhrd reckte sich genüßlich und sagte: »Ade, ihr schwarzen Priester! Das hätten wir also auch hinter uns.« Er streckte seine große, langfingrige Hand aus. »Mausling, laß mich mal einen Blick auf das Glasauge werfen, das wir dem grünen Hügel abgenommen haben.«
Ohne ein Wort zu sagen, langte der Mausling in seinen Beutel und reichte Fafhrd die schimmernde teergefaßte Kugel. Fafhrd hielt sie in seinen großen Händen und betrachtete sie nachdenklich. Das Licht der Flammen leuchtete hindurch, sammelte sich darin und strahlte neu aus, erfüllte die Höhle mit unheilvoll roten Strahlen. Fafhrd starrte in das Juwel, ohne zu blinzeln, bis sich der Mausling plötzlich der gewaltigen Stille ringsum bewußt wurde, die nur durch das ständige leise Knistern des Feuers und das laute und weniger regelmäßige Knistern des Eises unterbrochen wurde. Er war plötzlich todmüde, konnte aber trotzdem noch nicht ans Schlafen denken.
Schließlich sagte Fafhrd mit leiser, unnatürlicher Stimme: »Die Erde, auf der wir gehen, hat einmal gelebt – als ein gewaltiges, heißes Ungeheuer, das Feuer atmete und geschmolzenes Gestein ausspie. Es war sein einziger Wunsch, seinen rotheißen Stoff zu den Sternen zu schleudern. All das geschah, ehe der Mensch auftauchte.«
»Was soll das?« fragte der Mausling, aus seiner Halb-Trance erwachend.
»Nun ist der Mensch gekommen, und die Erde hat sich schlafen gelegt«, fuhr Fafhrd mit derselben hohlen Stimme fort, ohne den Mausling anzuschauen. »Aber in ihren Träumen denkt sie an das Leben und regt sich und versucht, die Gestalt des Menschen anzunehmen.«
»Was soll das alles, Fafhrd?« wiederholte der Mausling seine Frage unsicher. Doch Fafhrd gab ihm nur ein Schnarchen zur Antwort. Vorsichtig nahm der Mausling seinem Freund den Edelstein wieder ab. Der klebrige schwarze Streifen war ekelerregend weich und war, wie eine Art Bindegewebe. Der Mausling steckte das Ding wieder in seinen Beutel. Eine lange Zeit verging. Dann berührte der Mausling seinen Freund an der pelzigen Schulter. Fafhrd fuhr zusammen und erwachte. »Was ist los, Kleiner?« fragte er.
»Morgen«, sagte der Mausling kurz und deutete über die Asche des Feuers auf den heller werdenden Himmel.
Als sie gebeugt aus der Höhle traten, lag plötzlich ein leises Dröhnen in der Luft. Sie schauten über den Schneerand den Hang hinauf, und erblickten
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