Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
an die letzten Stunden vor dem Einschlafen doch etwas unbestimmt.
Er befand sich im grünen Kvarch Nar, der Hauptstadt im Land der Acht Städte – von denen sich allerdings keine mit Lankhmar messen konnte. Und er war in seinem Zimmer in dem weitläufigen, schönen Holzpalast Movarls. Vor vier Tagen war der Mausling an Bord der Squid nach Lankhmar abgesegelt, um Glipkerio die sichere Ankunft von vier Fünfteln seines Korns mitzuteilen, um ihm vom Verrat Hisvins und Hisvets zu berichten. Fafhrd jedoch gedachte noch eine Weile in Kvarch Nar zu bleiben, denn ihm gefiel es hier, nicht zuletzt, weil er ein hübsches und wenig zimperliches Mädchen gefunden hatte – Hrenlet hieß sie.
Fafhrd fühlte sich etwas beengt unter seiner Felldecke – natürlich hatte er die Stiefel und auch seine übrige Kleidung nicht abgelegt, ganz zu schweigen von seiner Handaxt, deren Klinge ihn an der Seite drückte.
Ohne die Augen zu öffnen, ohne sich zu fürchten, versuchte er sich zu orientieren. Zu seiner Linken stand ein Zinnkrug mit kühlem Wein. Gut. Und rechts lag Hrenlet. Er spürte ihre Wärme und hörte ihr ziemlich lautes Schnarchen.
Oder war es nicht Hrenlet? Sie war gestern abend sehr lustig gewesen, ehe er sich an den Spieltisch setzte, und hatte ihm scherzhaft gedroht, sie würde ihm ein heißblütiges Weibchen aus Ool Hrusp mitbringen, wo es sehr viel Vieh gab. Hatte sie etwa ...? Na, um so besser!
Und unter seiner weichen Decke – ah, da war die Erklärung für das seltsame Triumphgefühl, das ihn erfüllte. Gestern nacht hatte er den Burschen alles abgenommen – sie hatten keinen einzigen Rilk oder Gront behalten! Ja, jetzt fiel es ihm wieder ein – er hatte sie völlig ausgenommen. Phantastisches Glück hatte er gehabt, und zum Schluß hatte er noch ein Viertel seines Gewinns verrückterweise auf eine seltsam gravierte Blechpfeife gesetzt, die angeblich Zauberkräfte vermittelte ... und hatte ebenfalls gewonnen. Und da hatte er den Leuten zugewinkt und war fröhlich und schwerbeladen wie eine Schatzgaleere nach Hause gesegelt – zu Hrenlet ins Bett.
Er versuchte sich zu erinnern, warum er diesen letzten wahnwitzigen Einsatz gewagt hatte. Der lockige Prahlhans hatte behauptet, er besäße das Pfeifchen einer weisen Frau, die irgendwelche hilfreichen Tiere herbeirief, dreizehn an der Zahl. Daraufhin hatte Fafhrd an die alte Frau denken müssen, die ihm in seiner Jugend erzählt hatte, daß jede Tierart den Rat der Dreizehn kennt – und aus einer romantischen Aufwallung heraus hatte er die Pfeife haben wollen, um sie dem Mausling zum Geschenk zu machen.
Er streckte die rechte Hand aus und strich Hrenlet – oder ihrer Base? – über die Schulter.
Ihre Haut war mit kurzem, stachligem Fell bedeckt, und sie begann bei seiner liebevollen Berührung zu muhen!
Fafhrd riß die Augen auf und fuhr im Bett hoch, so daß ihn das Sonnenlicht gelblich umhüllte – Strahlen, die durch das offene Fenster hereindrangen und auf den handpolierten Wandpaneelen ringsum ein vielfältiges Farbenwunder hervorriefen. Neben ihm, eingewickelt wie er und vermutlich betäubt – lag ein großes langohriges kastanienbraunes Kalb. Plötzlich spürte er auch die Hufe durch seine Stiefel und zog hastig die Beine an. Auf der anderen Seite des Kalbes war von einem Mädchen nichts zu sehen.
Mit der rechten Hand fuhr er unter die Decke. Seine Finger berührten das doppelt genähte Leder seines Beutels – der jedoch nicht prall von Gold war, sondern flach wie ein sarheenmarischer Pfannkuchen. Bis auf die kleine Blechpfeife war er leer.
Er warf die Decke von sich, so daß sie durch die Luft segelte. Er schob den ausgeraubten Beutel unter seinen Gürtel, sprang aus dem Bett, nahm sein Langschwert auf, das noch in der Scheide steckte, und raste durch den schweren Doppelvorhang hinaus.
Trotz seiner Wut auf Hrenlet mußte er zugeben, daß sie bis zu einem gewissen Grade ehrlich mit ihm gewesen war: seine Bettgefährtin war ein Weibchen, hatte rotes Haar, stammte zweifellos von einem Bauernhof und war hübsch, soweit man ein Kalb hübsch nennen kann.
Der Aufenthaltsraum war ein zweites Wunder aus poliertem Holz. Movarls Königreich war so jung, daß seine Wälder noch sein Hauptreichtum waren. Durch die Fenster leuchteten grüne Äste herein. Von den Wänden grüßten unheimliche Dämonen und geflügelte Kriegerinnen aus Holz. Hier und dort lehnten herrlich polierte Bögen und Speere an den Wänden. Eine breite Tür führte auf einen kleinen
Weitere Kostenlose Bücher