Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
Der Nordling war schlanker geworden – er hatte viel geschwitzt und an Gewicht verloren, und sein Gesicht war grimmig, seine Augen rotunterlaufen und gereizt vom Staub, sein Haar war völlig matt. Er ritt eine große, kräftige graue Stute mit tückischen Augen – ein Tier, das so hinterhältig aussah wie die Landschaft ringsum.
Fafhrd hatte dieses Pferd einigen Mingols abgenommen, die ihn auf der Straße nach Klelg Nar angegriffen hatten. In Klelg Nar selbst wurde erbittert gekämpft, während in der Nacht die mingolschen Lagerfeuer im Osten einen großen Halbkreis bildeten. Zu seinem Ärger hatte Fafhrd erfahren müssen, daß im Hafen von Klelg Nar seit Wochen kein Schiff mehr angelegt hatte, da die Hälfte der Anlagen bereits in mingolscher Hand war. Sie hatten die Stadt nicht in Brand gesteckt, weil Holz für die hageren Steppenbewohner eine Kostbarkeit war – tatsächlich nahmen ihre Sklaven eroberte Häuser sofort auseinander und trugen die kostbaren Bohlen und herrlichen Schnitzereien davon.
Trotz der Gerüchte, daß einige Mingolhorden nach Süden zu unterwegs waren, hatte sich Fafhrd in diese Richtung auf den Weg gemacht. Und jetzt brachten ihm Rauchwolken über der Küstenstraße die Gewißheit, daß die Mingols Sarheenmar nicht in gleicher Weise verschont hatten. Auch gab es bald keinen Zweifel mehr, daß die Stadt in der Gewalt der Mingols war, denn die Straße füllte sich mit verzweifelten, erschöpften Flüchtlingen, die nach Norden zogen und Fafhrd immer wieder von der Straße drängten. Er versuchte sie auszufragen, doch die meisten standen derart unter Schockeinwirkung, daß sie keine vernünftige Antwort herausbekamen. Fafhrd nickte vor sich hin – er kannte die Mingolsche Vorliebe für die Folter.
Doch dann war ein aufgelöster mingolischer Kavallerietrupp dahergaloppiert – in der gleichen Richtung wie die fliehenden Sarheenmarier. Ihre Pferde waren schweißüberströmt, und in ihren Gesichtern stand das Entsetzen. Sie schienen Fafhrd überhaupt nicht wahrzunehmen, und es schien mehr aus Panik zu geschehen, daß sie einige Flüchtlinge, die ihnen nicht rechtzeitig auswichen, zu Boden ritten.
Fafhrd runzelte die Stirn und stemmte sich grimmig gegen den erfüllten Strom und fragte sich, welche schlimme Gefahr die Mingols und Sarheenmarier gleichermaßen in Angst und Schrecken versetzte.
Schwarze Ratten begannen sich in Lankhmar zu zeigen – bei vollem Tageslicht. Sie stahlen nichts oder bissen auch nicht, sie huschten nicht über die Straßen – sie zeigten sich nur. Sie starrten aus Entwässerungslöchern und frisch genagten Wandöffnungen, sie saßen in Fensterschlitzen oder auf den Fluren – so still und selbstbewußt wie Katzen.
Wo immer sie bemerkt wurden, hielten die Menschen den Atem an, kreischten auf, hasteten davon und schleuderten Töpfe, Armbänder, Messer, Steine, Schachfiguren oder andere Gegenstände nach den Ratten. Doch oft dauerte es eine ganze Weile, bis die Tiere bemerkt wurden.
Bei Sturmfluten oder zu Zeiten der Schwarzen Krankheit hatte es schon früher Rattenplagen in Lankhmar gegeben – doch da waren die Tiere nur in den Ecken herumgehuscht und hatten sich verstohlen bewegt – sie waren jedenfalls nicht so selbstbewußt aufgetreten.
Ihr Benehmen erinnerte die alten Leute, die Geschichtenerzähler und die dünnbärtigen Gelehrten an die Sagen, wonach es einmal eine Rattenstadt gegeben hatte, deren Bewohner so groß wie Menschen waren – und zwar an der Stelle, an der sich das große Lankhmar nun seit sechzig Jahrhunderten erhob. Die Ratten sollten auch eine eigene Sprache und Regierung gehabt haben und ein gewaltiges Reich, das sich bis zu den Grenzen der bekannten Welt erstreckte; es hatte neben den Städten des Menschen bestanden, war jedoch in sich geschlossener gewesen. Und unter Lankhmar, tief unter den üblichen Höhlengängen, unter den tiefsten Kellern der Menschen, sollte es eine Nagetier-Metropole geben mit Straßen und Wohnungen und künstlicher Beleuchtung und Kornkammern voller gestohlenem Getreide.
Jetzt hatte es fast den Anschein, als hielten die Ratten nicht nur diese legendäre Sub-Metropole besetzt, sondern das oberirdische Lankhmar in gleicher Weise, so arrogant trieben sie sich herum.
Die Mannschaft der Squid , die sich gern von ihren Tavernenfreunden hätte bewundern lassen, fand Lankhmar nur an der Rattenplage interessiert. Angst ergriff sie. Einige kehrten zurück, um an Bord der Squid Schutz zu suchen, wo Slinoor und das
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