Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
Folterstimmung zu kommen. Die dicke Palastdame hatte große Weinkrüge aus der Küche geholt, und beide waren bereits geneigt, die kostbaren juwelengeschmückten Folterinstrumente ringsum zu vergessen und auch nicht mehr an die Gefahr zu denken, in der Lankhmar schwebte. »Erinnerst du dich noch an den Tag, da ich dir mein erstes Kätzchen brachte, das du ins Küchenfeuer werfen solltest?«
»Ob ich mich daran erinnere?« erwiderte Samanda mit liebevollem Spott. »Also, ich weiß sogar noch, kleiner Herr, als Sie mir Ihre erste Fliege zeigten, der Sie geschickt die Flügel ausrissen! Sie waren damals noch ein Baby, aber schon hager und groß.«
»Ah ja ...«, sagte Glipkerio verträumt.
»Und als dann die Sache mit dem Kätzchen war, hat Radomix Sie aufhalten wollen – er wohnte damals noch im Palast. Um Sie abzulenken und zu erfreuen, mußte sich ein Lehrlingsmädchen nackt ausziehen und wurde ausgepeitscht. Ich dachte, es wäre Zeit, daß sie sich mannhafteren Späßen zuwandten – und gewißlich zeigte sich Ihre Erregung auf eindeutige Weise!« Und laut auflachend streckte sie eine Hand aus und zwickte ihn ungehörig.
Von seinen Gedanken erregt, richtete sich Lankhmars Oberherr auf, schlank wie eine Zypresse, obwohl keine Zypresse derart hin und her schwanken mochte, außer vielleicht bei einem Erdbeben. »Komm!« rief er. »Es hat elf Uhr geschlagen! Wir haben noch Zeit, ehe ich in das Blaue Audienzzimmer eilen muß, um Hisvin zu treffen und die Stadt zu retten!«
»Gut«, sagte Samanda und quälte sich hoch. »Beeilen wir uns!«
Reetha fuhr in dem weichen Bett hoch, als sie das leise Quietschen einer Tür vernahm. Sie schüttelte die Alpträume ab, die auf sie eindrangen, und griff hastig nach der Flasche, deren Inhalt sie vor dem Schmerz schützen sollte.
Sie hob sie an die Lippen, hielt jedoch inne. Die Tür war noch immer geschlossen, und das Quietschen war ihr seltsam leise vorgekommen. Sie schaute über die Bettkante und sah, daß sich eine zweite Tür geöffnet hatte – kaum einen Fuß groß, in das Wandpaneel eingearbeitet, so daß sie normalerweise nicht zu sehen war. Aus der schwarzen Öffnung trat leise und geduckt ein schlanker, muskulöser kleiner Mann, der in einer Hand ein graues Kleiderbündel und in der anderen ein langes Spielzeugschwert hielt. Er war splitternackt.
Er schloß die Tür hinter sich und sah sich nervös um.
»Grauer Mausling!« rief Reetha, sprang aus dem Bett und warf sich neben ihn auf den Boden. »Du bist zu mir zurückgekehrt!«
Er fuhr zusammen und hob die Hände vor die Ohren.
»Reetha«, flehte er. »Schrei nicht so! Mein Kopf platzt!« Obwohl er so langsam und so tief wie möglich sprach, klang ihr seine Stimme sehr schrill in den Ohren. Sie konnte ihn allerdings verstehen.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie beschämt und widerstand der Versuchung, ihn aufzunehmen und an ihre Brust zu drücken.
»Das ist auch besser so«, sagte er brüsk. »Jetzt such dir etwas Schweres und stell es vor die Tür. Ich werde verfolgt – von Burschen, mit denen man am besten nichts zu schaffen hat. Beeil dich, Mädchen!«
Sie rührte sich nicht, sondern schlug eifrig vor: »Warum nimmst du nicht einfach deinen Zaubertrank und machst dich wieder groß?«
»Das Zeug habe ich nicht bei mir«, sagte er aufgebracht. »Ich hatte die Gelegenheit, mir ein Fläschchen zu nehmen und hab's in meiner Sexbesessenheit nicht mitgenommen. Jetzt beeil dich, Reetha!«
Sie merkte plötzlich, wie sehr sie im Vorteil war, beugte sich noch tiefer herab und lächelte ihn liebevoll an. »Mit welchem winzigen Biest hast du dich denn herumgetrieben? Nein, du brauchst es mir nicht zu sagen, aber ehe ich dir helfe, mußt du mir sechs Haare von deinem hübschen Kopf geben. Ich habe einen guten Grund für meine Bitte.«
Der Mausling wollte ihr widersprechen, überlegte es sich anders, schnitt mit Skalpell ein kleines Haarbüschel ab und legte es in ihre riesige Hand.
Sie stand hastig auf, trat an den Nachttisch und ließ sie in Glipkerios Schlaftrunk fallen. Dann schüttelte sie über dem Kelch ihre Hände aus und sah sich um. Das geeignetste Hindernis für die Tür schien ihr der goldene Korb mit den geschliffenen Edelsteinen zu sein. Sie schob ihn vor den kleinen Durchgang.
»Das wird sie eine Weile aufhalten«, sagte sie und betrachtete interessiert die buntschillernden Juwelen.
Sie ließ sich auf die Knie fallen und fragte sehnsüchtig: »Wirst du nie wieder groß?«
»Bring den Boden
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