Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
schließlich – und recht unvermittelt – wieder ganz seiner Gedanken mächtig fühlte, stellte er fest, daß er der Länge nach ausgestreckt dalag, den Kopf schräg nach unten in die rechte Armbeuge gebettet, und daß der kräftige Salzgeruch des Meeres seine Nase füllte.
Einen kurzen, glücklichen Augenblick lang bildete er sich ein, in seinem ordentlichen Zimmer im Bett zu liegen, in den Baracken Salzhavens, die seine und Fafhrds Männer letztes Jahr errichtet hatten, das Fenster zum Meer geöffnet, einer kühlen Morgenbrise zu.
Diese Täuschung wurde durch den ersten Versuch einer Bewegung zerstört. Er war in derselben schrecklichen Misere wie zuvor, als sein Bewußtsein schließlich erdhaftem Dunkel gewichen war, während er unter größten Anstrengungen vor des Todes magerer Schwester Schmerz flüchtete.
Und der Meeresgeruch war neu. Er mußte aus der körnigen Erde kommen, die ihn schraubstockartig umschloß. Diese Erde war jetzt auch noch spürbar feucht. Was bedeuten mußte, daß seine Flucht ihn zur Küste der Reifinsel geführt hatte, zum Rande des Meeres. Vielleicht befand er sich sogar schon unter den kalten, unruhigen, gnadenlosen Wassern des grenzenlosen Äußeren Meeres.
Und nun war er nicht mehr aufrecht begraben, sondern lag flach unter der Erdlast. Es war wirklich erstaunlich, was das für einen Unterschied machte. Aufrecht fühlte man sich, selbst wenn einen die Erde so fest umschloß wie eine Gußform die darin gegossene Figur, doch irgendwie frei und auf der Hut. Während das flache Liegen, ob nun auf dem Rücken oder dem Bauch, als Stellung der Unterwerfung entsprach. Man fühlte sich hilflos bis ins letzte. Es war das allerschlimmste ...
Nein, unterbrach er sich, übertreib jetzt nicht. Schlimmer als flach wäre zum Beispiel verkehrt herum begraben zu sein, kopfüber. Am besten hörte er auf, sich Arten der Umschließung auszudenken, damit ihm nicht etwas noch Schlimmeres einfiel.
Er machte sich an die gleichen Routineaufgaben wie nach seinem ersten Bewußtseinsausfall unter der Erde – das flache Atmen so regelmäßig und wirksam wie möglich zu gestalten und sich vom fortgesetzten Leuchten um seine Augen und seiner geheimnisvollen Sichtmacht zu überzeugen, die, wenn auch etwas trübe, mehrere Meter weit reichte.
Da sein Kopf schräg nach unten gebettet war, blickte er auf seinen Körper hinunter, die Beine entlang und an den Füßen vorbei. Er hätte sich einen weiteren Sichtbereich gewünscht, doch wenigstens war keine blau und kalkweiß gefärbte Frauengestalt zu sehen, die ihn haiähnlich aus dieser Richtung verfolgt hätte.
Es war jedoch wirklich zermürbend, wie hilflos er sich in seiner gegenwärtigen liegenden Haltung fühlte, als würde er geradezu jemanden einladen, ihn zu zertreten, zu bespucken oder mit der Mistgabel aufzuspießen. Er hatte schon andere Abstecher ins Reich des Todes hinter sich, bei denen er auch nicht den Mut verloren hatte, rief er sich in dem Bemühen in Erinnerung, sich zu beruhigen und die Panik zurückzuhalten. Zum Beispiel damals in Lankhmar, als er den magischen Laden der Gierigen betreten und sich furchtlos in einen schwarz ausgepolsterten Sarg gelegt hatte oder ganz eifrig in einen Spiegel hineingegangen war, der von einem durch machtvolle Zauberei senkrecht stehenden Teich flüssigen Bleis gebildet wurde.
Doch damals war er betrunken gewesen und den Reizen der Mädchen erlegen, erinnerte er sich. Das Blei hatte sich zu dem Zeitpunkt auch kühl und erfrischend angefühlt (nicht sandig und erstickend wie das Zeugs hier!) und hinterher hatte er sich noch lange insgeheim der Überzeugung hingegeben, er sei gerade dabei gewesen, einen geheimen Heldenhimmel zu entdecken, hoch über dem den Göttern vorbehaltenen Himmel, als Fafhrd ihn aus der silbrigen Flüssigkeit herausgezerrt hatte.
Nun schön. Seine derzeitigen Freunde und seine Liebste, sagte er sich, mußten im Augenblick eifrig wie die Biber an seiner Errettung arbeiten, entweder indem sie nach ihm gruben (genug Leute gab es ja), oder durch Magie oder eine Verbindung mit den Göttern. Vielleicht hantierte die liebe Cif gerade in diesem Augenblick mit den Goldenen Symbolen der Insel, so wie letztes Jahr, als sein Geist im Gehirn eines Wals gefangen gewesen war, der geradewegs auf sein Ziel zuschoß.
Oder vielleicht hatte Fafhrd sich irgendeinen Trick überlegt, um ihn zurückzuholen. Allerdings hatte dieser große Hornochse bei ihrem letzten Blickkontakt – als er verwirrt seinem
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