Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
Branntwein auf Trinktemperatur, leerte die Hälfte des heißen Getränks in einem einzigen großen Schluck und ließ sich nieder, um so ideenreich und gründlich über die üble Lage des Grauen Mauslings nachzudenken, wie er es Afreyt angekündigt hatte.
Beinahe sofort bemerkte er jedoch, daß seine wild umherwirbelnden Gedanken und Vorstellungen sich auf diese Weise nicht zähmen ließen.
Und die zweite Hälfte des Bechers, die er in einem weiteren Schluck leerte, verstärkte ebensowenig die Vorherrschaft von Ruhe und Logik über eine stürmische Unordnung.
Er lief im Kreis und unterbrach sich jedesmal, wenn er merkte, wie er bei dem verzweifelten Versuch, sich selbst in den Griff zu bekommen, in sich windende, ruckende und stampfende Bewegungen verfiel.
Er schwenkte den Finger vor dem eigenen Gesicht hin und her, als versuche er, Dinge aus der leeren Luft zu beschwören.
In einer so plötzlichen wie verrückten inneren Umkehrung fragte er sich, ob er den Mausling eigentlich wirklich retten wollte. Sollte der Graue sich doch mit seinen eigenen Einfällen retten. Das hatte er in der Vergangenheit schon oft genug geschafft, bei Kos.
Er hätte gerne seine wilderen Vorstellungen an Rills gesundem Menschenverstand, Gronigers gründlicher Überlegung, Mutter Grums strengem Hexendenken oder Ourphs Mingol-Ergebenheit gemessen. Aber die waren alle den Pendelgehern nachgezottelt. Er hatte Afreyt erklärt, er brauche Einsamkeit, nun aber fragte er sich, wie ein Mann denken sollte, wenn er nicht reden konnte. Er fühlte sich verwirrt, benommen und auf sonderbare Weise leicht, als könnte ein Windstoß ihn davonpusten.
Er ließ den Blick über die Dinge seiner Umgebung schweifen: Das Feuer, die Suppe, den Bretterstapel, die beim Feuer aufgehängte Mädchenkleidung, das Schutzzelt mit den Feldbetten.
Mit Kindern mußte er sich nun wirklich nicht unterhalten, sagte er sich. Laß sie schlafen. Hätte er das nur selbst gekonnt.
Doch seine sonderbare Unruhe wuchs. Schließlich, um sich durch eine Handlung von ihr zu befreien, nahm er einen frischen Branntweinkrug in die Rechte, griff eine Lampe mit dem Haken am anderen Arm und folgte den Pendelgehern über die Wiese.
Er ging ungleichmäßig, kam von der Richtung ab und korrigierte sich wieder. Er war sich nicht sicher, ob er die Pendelgeher überhaupt einholen wollte. Aber er mußte in Bewegung bleiben, wollte er nicht zerbersten.
Kapitel 16
In dem gemütlichen Nest, aus dem heraus sie jede Bewegung Fafhrds verfolgt hatte, weckte Finger Gale, indem sie sie am Schopf packte und an ihrem feinen, blonden Mädchenhaar riß. »Das hat weh getan, du kleiner Teufel«, protestierte das Reifinselmädchen und rieb sich die Augen. »So hat mich noch keiner geweckt.«
»Da, wo man am meisten liebt, tut es am wehesten«, zitierte das Kajütenmädchen wie aus alter Gewohnheit und fuhr dann mit lebhafterer Stimme fort: »Aber ich sagte mir, du willst hellwach sein, liebe Teuflin, um die letzten Neuigkeiten über deinen Heldenonkel mit dem Namen, der wie ein Knurren klingt, zu vernehmen.«
»Fafhrd?« Nun war Gale ganz gespannte Aufmerksamkeit.
»Eben der. Er ist gerade aus dem Schacht geklettert, um das Feuer gehüpft, und nun hat er eine Lampe und einen Krug genommen und ist deiner dunkelhaarigen Tante nachgegangen, die mit dem Pendel nach deinem anderen Onkel sucht. Ich glaube, er ist nicht ganz bei sich und man muß ihn im Auge behalten.«
»Wo sind unsere Kleider«, fragte Gale sofort, nachdem sie sich halb aus dem warmen Nest gewunden hatte.
»Die Dame mit der vernarbten Hand hat sie nahe beim Feuer zum Wärmen aufgehängt, bevor alle noch vor Fafhrd deiner Tante nachgegangen sind. Komm, wir laufen um die Wette.«
»Bestimmt sieht uns jemand.« Gale legte den schlanken Arm vor die kaum knospenden Brüste.
»Nicht, wenn wir uns beeilen, Fräulein Tugendsam.«
Die beiden Mädchen schossen durch die eiskalte Luft zum Feuer und unter sie begrüßendem Gekicher und Blicken stürzten sie sich so schnell in ihre warmen Kleider, als wären sie Matrosen. Dann gingen sie Hand in Hand los, Fafhrds Lampe nach, während die letzten Silberstrahlen des Vollmonds hinter den Bergen in der Mitte der Reifinsel verschwanden und der Himmel sich von den ersten Anzeichen der Morgendämmerung bleich färbte.
Kapitel 17
Der Mausling kämpfte sich beim Aufwachen aus dunkelsten Tiefen empor. Der Prozeß schien mühselige Stadien eingeschränkter Wachheit mit einzuschließen. Doch als er sich
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