Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
durchs feste Erdreich von der lotrechten Bewegung abgewichen ist.« Sie befeuchtete zwei Finger mit Speichel und hielt sie dann hoch in die Luft. »Während wir geredet und unseren Kummer mit Schreckensvorstellungen genährt haben, hat der Nordwind sich gelegt – was uns das Pendeln erleichtern wird und das Ergebnis sicherer macht. Und das Pendel mußt du halten, Pshawri, denn, wenn ich es auch nur ungern zugebe, im Augenblick scheinst du auf den Grauen Mausling am empfindsamsten zu reagieren.«
Zunächst sah Pshawri zwar verblüfft aus und wirkte von ihren Worten überrumpelt, doch dann kam der ehemalige Dieb mit sichtbarer Erleichterung und wachsendem Eifer auf die Beine. »Natürlich mache ich bei allem mit, was dazu dient, den Kapitän zurückzubekommen. Was muß ich tun?«
Sie erklärte es ihm, während sie zum Schachteingang gingen. Die anderen folgten ihnen mit den Augen. Nach einer Weile standen Skullick und Rill auf und schlenderten ihnen langsam nach, ein wenig später tat Groniger ein gleiches. Doch der alte Ourph und Mutter Grum – und Schneefreier und der andere Zughund, denen man das Zuggeschirr abgenommen hatte – blieben in der Wärme beim Feuer.
Mit voller Ladung kam ein Kübel aus dem Loch nach oben. Als die Erde ausgeleert war, stellte Pshawri sich ans Loch, die Beine leicht gespreizt und die Knie leicht gebeugt, den Kopf vorgeneigt, und sah ernst auf den schwarz-goldenen Schlacke-Würfel, der an einer Elle Seemanszwirn hing, die Pshawri in seinem Beutel gefunden hatte und deren Ende er zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand hielt. Cif stand nördlich von ihm und hatte den Mantel ausgebreitet, um das Pendel vor möglichen Windstößen aus dem Norden abzuschirmen, was jedoch eher überflüssig schien. Die kalte Luft war recht ruhig geworden.
Doch obwohl diese Vorrichtung als Pendel nichts zu wünschen übrig ließ, verhielt sie sich nicht wie ein Pendel, begann weder hin und her zu schwingen, noch rund oder ellipsenförmig zu kreisen.
»Und auch eine Vibration ist nicht zu spüren«, berichtete Pshawri mit leiser Stimme.
Cif streckte den schlanken Zeigefinger aus und legte ihn ganz leicht und vorsichtig auf die Stelle, wo sein Finger und sein Daumen den Zwirn hielten. Nach einer Dauer von drei Herzschlägen nickte sie bestätigend und sagte: »Wir wollen es an der gegenüberliegenden Seite des Lochs versuchen.«
»Warum nimmst du dazu den Ringfinger und die linke Hand?« wollte Rill neugierig wissen.
»Ich weiß es auch nicht«, antwortete Pshawri verblüfft. »Vielleicht, weil dieser Finger mir von allen am empfindsamsten erscheint. Und die linke Hand ist wohl eher für Magie geeignet.«
Bei dieser letzten Bemerkung stieß Groniger knurrend ein skeptisches »Hmmmm!« aus.
Fafhrd und Afreyt schienen am Boden des Lochs, der nun einen Fuß tiefer lag, emsig, doch weiterhin sorgfältig mit dem Graben und dem Durchsuchen des Erdreichs beschäftigt. Cif rief eine Erklärung zu ihnen hinunter, über das, was sie und Pshawri taten, und endete mit: »... und dann gehen wir in immer weiteren Kreisen um das Loch herum und pendeln alle paar Fuß. Wenn wir einen starken Ausschlag bekommen – falls wir einen bekommen – gebe ich euch ein Zeichen.«
Fafhrd winkte ihr zu, er habe verstanden, und machte sich wieder ans Graben. Der zweite Pendelversuch führte zum selben Ergebnis. Pshawri und Cif traten vom Schacht aus zwei Körperlängen nach außen und nahmen seine erste Umkreisung in Angriff, wobei sie alle paar Schritte zum Pendeln innehielten. Einer nach dem anderen kehrte ihr kleines Gefolge zum Feuer zurück, von der Gleichförmigkeit ermüdet. Ein voller Kübel wurde aus dem Schacht hochgezogen.
Und nach einer Weile noch einer.
Langsam entfernte sich die weiß leuchtende Laterne in Cifs Hand vom Schacht. Langsam wurde der Haufen ausgehobener Erde neben dem Schacht immer größer. Finger und Gale schliefen eine im Arm der anderen. Während der Vollmond am westlichen Himmel nach und nach immer tiefer sank.
Die Zeit verstrich.
Kapitel 15
Der sich gelber färbende Mond stand im Westen nur noch eine Handspanne über den Gipfeln der Reifinsel, als Fafhrds Spaten auf Fels stieß. Inzwischen hatten sie das Loch um etwa eine Körperlänge unterhalb der zweiten Stützschicht vertieft. Zunächst hatte Fafhrd das Hindernis für einen Steinbrocken gehalten und versucht, es zu umgraben. Afreyt mahnte ihn, nichts zu überstürzen, doch er fuhr beharrlich fort. Der Steinbrocken wurde größer
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