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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Ich kannte Haesten. Er war ein junger Däne, der früher mein Schwurmann gewesen war. Aber dann hatte er seinen Treueid gebrochen, und jetzt strebte er danach, selbst ein Kriegsherr zu werden. Er nannte sich einen Grafen, und das belustigte mich, aber ich war dennoch überrascht, dass er nach Lundene gegangen war.
    Ich wusste, dass er an der Küste Ostangliens ein befestigtes Lager errichtet hatte, aber jetzt war er viel näher an Wessex herangekommen, und das bedeutete wohl, dass er auf Streit aus war. »Und was tut er dort?«, fragte ich höhnisch. »Stiehlt er seinen Nachbarn die Hühner?« Ulf atmete hörbar ein und schüttelte den Kopf. »Er hat Verbündete, Herr.«
    Irgendetwas an seinem Ton ließ mich aufhorchen. »Verbündete?«
    »Die Brüder Thurgilson«, sagte Ulf und berührte sein Hammeramulett.
    Der Name sagte mir zu dieser Zeit noch nichts. »Thurgilson?«
    »Sigefrid und Erik«, sagte Ulf, immer noch die Hand an dem Hammer. »Norwegische Grafen, Herr.«
    Das war neu. Die Norweger kamen gewöhnlich nicht nach Ostanglien oder Wessex. Oft hörten wir Berichte von ihren Uberfällen auf schottisches Gebiet und Irland, aber nach Wessex führten die norwegischen Heerführer ihre Krieger selten. »Was haben Norweger in Lundene zu tun?«, fragte ich. »Sie sind vor zwei Tagen angekommen, Herr«, sagte Ulf. »Mit zweiundzwanzig Kielen. Haesten hat sich ihnen angeschlossen, mit noch einmal neun Schiffen.«
    Ich stieß einen leisen Pfiff aus. Einunddreißig Schiffe waren eine Flotte, und das bedeutete, dass die Brüder und Haesten zusammen eine Streitkraft von wenigstens eintausend Männern befehligten. Und diese Männer waren in Lundene, und Lundene lag an der Grenze zu Wessex. Lundene war damals eine merkwürdige Stadt. Dem Recht nach gehörte es zu Mercien, doch Mercien hatte keinen König, und so besaß auch Lundene kein Oberhaupt. Es war weder sächsisch noch dänisch, sondern eine Mischung aus beidem, und ein Ort, an dem ein Mann Reichtum, den Tod oder beides finden konnte. Es lag an der Stelle, an der Mercien, Ostanglien und Wessex zusammentreffen, eine Stadt der Händler, Handwerker und Seefahrer. Und jetzt, wenn Ulf recht hatte, beherbergte es ein ganzes Wikingerheer innerhalb seiner Befestigungswälle.
    Ulf lachte leise. »Sie haben Euch festgesetzt wie eine Ratte im Sack, Herr.«
    Ich fragte mich, wie sich eine Flotte hatte sammeln und von der Flut stromauf bis nach Lundene bringen lassen können, ohne dass mir dieser Plan schon lange vorher zugetragen worden war. Coccham war von Lundene aus die nächstgelegene Burg, und ich erfahr gewöhnlich innerhalb eines Tages, was dort vor sich ging, doch jetzt hatte ein Feind die Stadt besetzt, und ich hatte nichts davon gewusst.
    »Haben Euch die Brüder geschickt, um mir davon zu berichten?«, fragte ich Ulf. Ich vermutete, dass die Brüder Thurgilson und Haesten Lundene nur eingenommen hatten, damit sie irgendwer vermutlich Alfred dafür bezahlte, wieder abzuziehen. In diesem Fall diente es ihrem Vorteil, uns von ihrer Ankunft Mitteilung zu machen. Ulf schüttelte den Kopf. »Ich bin abgesegelt, als sie ankamen, Herr. Schlimm genug, dass ich Euch Abgaben zahlen muss, auch ohne dass sie mir noch die Hälfte meiner Waren abnehmen.« Er schauderte. »Graf Sigefrid ist ein schlechter Mann, Herr. Keiner, mit dem man Geschäfte machen will.«
    »Warum wusste ich nichts davon, dass sie mit Haesten verbündet waren?«, fragte ich. »Weil sie es nicht waren. Sie waren im Frankenreich. Sind einfach übers Meer und den Fluss herauf gesegelt.«
    »Mit zweiundzwanzig Schiffen voller Norweger«, sagte ich beißend.
    »Sie haben alles, Herr«, sagte Ulf. »Dänen, Friesen, Sachsen, Norweger, alles. Sigefrid findet Männer, wo auch immer die Götter ihren Scheißekübel ausleeren. Es sind gierige Männer, Herr. Männer ohne Dienstherren. Gewissenlose. Sie kommen von überall her.«
    Ein Mann ohne Dienstherr war am schlimmsten von allen. Er schuldete niemandem Gefolgschaft. Er besaß nichts als sein Schwert, seinen Hunger und seinen Ehrgeiz. Ich war auch einmal solch ein Mann gewesen. »Dann werden Sigefrid und Erik also Ärger machen?«, fragte ich mit sanfter Stimme.
    » Sigefrid schon«, sagte Ulf. »Und Erik? Er ist der Jüngere. Die Leute reden gut von ihm, aber Sigefrid kann gar nicht schnell genug Streit suchen.« »Will er sich mit Geld auslösen lassen?« »Vielleicht«, sagte Ulf zweiflerisch. »Er muss all diese Männer bezahlen, und im Frankenreich hat er kaum

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