Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
um beiderseits des hölzernen Landungsstegs Aufstellung zu nehmen.
    Die Haligast dicht darauf, und ihr Steuermann rammte einen Pfahl der Landestelle so hart mit dem Bug, dass Alfred, der mitten im Schiff stand, kurz taumelte. Es gab Könige, die einem Steuermann für diese Beschädigung ihrer Würde die Eingeweide aus dem Leib geschnitten hätten, doch Alfred schien es nicht einmal wahrzunehmen. Er war in ein ernsthaftes Gespräch mit einem hageren, bartlosen, blassen Mönch vertieft. Das war Asser von Wales. Ich hatte schon gehört, dass Asser zum neuen Liebling des Königs aufgestiegen war, und ich wusste, dass er mich hasste, was nur richtig so war, denn ich hasste ihn auch. Trotzdem lächelte ich ihn an, und er zuckte zurück, als hätte ich mich gerade auf seine Kutte erbrochen. Darauf beugte er sich noch näher zu Alfred hin, der sein Zwilling hätte sein können, denn Alfred von Wessex ähnelte eher einem Priester als einem König. Er trug einen langen, schwarzen Umhang, und mit seiner beginnenden Kahlköpfigkeit erinnerte er an einen tonsurierten Mönch. Seine Hände waren wie die eines Schreibers immerzu mit Tinte befleckt, und sein knochiges Gesicht war schmal und nachdenklich und ernst und bleich. Sein Barthaar war dünn. Oft schabte er sich die Wangen glatt, doch jetzt hatte er sich den Bart wachsen lassen, und viele weiße Haare zeigten sich darin. Die Schiffsbesatzung machte die Haligast , dann nahm Alfred den Ellbogen Assers und ging mit ihm von Bord. Der Waliser trug ein riesiges Kreuz vor der Brust, und Alfred berührte es kurz, bevor er sich mir zuwandte. »Mein Herr Uhtred«, sagte er voll Begeisterung. Er zeigte sich in ungewöhnlich guter Laune, nicht etwa, weil er froh war, mich zu sehen, sondern weil er dachte, ich plante Verrat. Es gab schließlich kaum eine andere Erklärung dafür, dass ich mit seinem Neffen Mzu Abend gegessen hatte.
    »Mein Herr König«, sagte ich und verbeugte mich vor ihm. Bruder Asser beachtete ich nicht. Der Waliser hatte mich einst der Seeräuberei, des Mordes und eines Dutzends anderer Vergehen bezichtigt, doch ich war immer noch am Leben. Er warf mir einen verachtungsvollen Blick zu und eilte dann über die schlammige Erde davon. Zweifellos wollte er sich versichern, dass die Nonnen im Kloster von Coccham nicht betrunken, schwanger oder gar glücklich waren.
    Alfred schritt, gefolgt von Egwine, der jetzt seine Haustruppe befehligte, und sechs Männern aus dieser Truppe, meine neuen Befestigungsanlagen ab. Er warf einen kurzen Blick auf Ulfs Schiff, sagte aber nichts. Ich wusste, dass ich ihm von der Besetzung Lundenes berichten musste, aber ich beschloss, mit dieser Nachricht zu warten, bis er mir seine Fragen gestellt hatte. Im Moment gab er sich damit zufrieden, die Arbeit zu begutachten, die wir geleistet hatten, und er fand nichts zu beanstanden, und das hatte er auch nicht erwartet. Die Burg von Coccham war viel weiter gediehen als irgendeine der anderen. Die nächste Wehranlage im Westen Lundenes, bei Welengaford, war kaum angefangen, ganz zu schweigen von der Errichtung der Palisaden, während die Wälle von Oxnaforda nach einer Woche starken Regens kurz vor dem Julfest in ihren Graben gesackt waren. Die Burg von Coccham dagegen war nahezu fertiggestellt. »Mir wurde berichtet«, sagte Alfred, »dass der Fyrd nur sehr unwillig arbeitet. War das bei dir nicht so?«
    Der Fyrd war das Heer, das aus der Grafschaft ausgehoben wurde, und der Fyrd baute nicht nur die Burganlagen, sondern stellte auch die Bemannung. »Der Fyrd arbeitet nur sehr unwillig, Herr«, sagte ich.
    »Und doch bist du fast fertig?«
    Ich lächelte. »Ich habe zehn Männer aufgehängt«, sagte ich, »und das hat den Arbeitseifer der übrigen erheblich angestachelt.«
    Er verharrte an einer Stelle, von der aus er flussabwärts schauen konnte. Schwäne sorgten für einen lieblichen Anblick. Ich beobachtete ihn. Die Furchen auf seinem Gesicht waren tiefer geworden und seine Haut blasser. Er wirkte krank, andererseits war Alfred von Wessex schon immer ein kranker Mann. Sein Magen schmerzte und seine Eingeweide schmerzten, und ich sah seine Grimasse, als sich ein Krampf wie ein Messer in sein Inneres bohrte. »Ich habe gehört«, sagte er in kühlem Ton, »dass du sie ohne Gerichtsverhandlung aufgehängt hast.« »So war es, Herr.«
    »Es gibt Gesetze in Wessex«, sagte er grimmig. »Und wenn die Burg nicht gebaut wird«, sagte ich, »dann gibt es bald kein Wessex mehr.« »Dir gefällt es, dich

Weitere Kostenlose Bücher