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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11
Autoren: Terry Goodkind
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hochzuheben. »Bitte … denk daran, sei vorsichtig und tu dem Kleinen nicht weh.«
    Zu ihrem Entsetzen sah sie ihn bei ihren Worten stutzen. Es dauerte eine Weile, bis er den Kopf hob und ihr in die Augen sah. Der Anblick ließ ihr fast das Herz still stehen.
    »Du erinnerst dich doch, Kahlan … oder?«
    »Erinnern?«
    Seine Augen glänzten feucht. »Dass du das Kind verloren hast. Bei dem Überfall.«
    Die Erinnerung traf sie wie ein Faustschlag und raubte ihr fast den Atem.
    »… Ach ja…«
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja. Ich hatte es für einen Augenblick vergessen, habe einfach nicht nachgedacht. Jetzt weiß ich es wieder. Ich erinnere mich, du hast mir davon erzählt.«
    Es stimmte tatsächlich. Ihr Kind, ihr Kind, das gerade erst in ihr zu wachsen begonnen hatte, war längst tot und existierte nicht mehr. Die Bestien, die über sie hergefallen waren, hatten ihr auch das genommen.
    Alle Farbe, alles Leben schien aus der Welt zu weichen.
    »Es tut mir so Leid, Kahlan«, sagte er leise.
    Sie strich ihm übers Haar. »Nein, Richard. Ich hätte daran denken müssen. Verzeih, dass ich es vergessen habe. Ich wollte nicht…«
    Er nickte.
    Sie spürte, wie eine heiße Träne in die Kuhle ihres Halses tropfte, unmittelbar neben ihrer Halskette. Die Halskette mit ihrem kleinen, dunklen Stein war ein Hochzeitsgeschenk der Hexe Shota, das Geschenk ein Waffenstillstandsangebot. Nach Aussage Shotas würde die Kette es ihnen ermöglichen, zusammen zu sein und sich zu lieben, wie sie es sich immer gewünscht hatten, ohne dass Kahlan schwanger wurde. Richard und Kahlan hatten beschlossen, Shotas Geschenk, ihr Waffenstillstandsangebot, erst einmal widerstrebend anzunehmen. Sie hatten bereits genug Sorgen am Hals.
    Eine Zeit lang jedoch, als die Chimären die Welt unsicher machten, hatte die Magie der Halskette versagt, ohne dass Richard und Kahlan davon wussten. Es war ein kleiner, aber wunderbarer Ausgleich für all die Schrecken gewesen, die die Chimären mit sich brachten, dass ihre Liebe dadurch einem Kind das Leben schenken konnte.
    Jetzt war dieses Leben verloren.
    »Bitte, Richard, lass uns aufbrechen.«
    Er nickte abermals.
    »Gütige Seelen«, sprach er leise zu sich selbst, so leise, dass sie ihn kaum hören konnte, »vergebt mir für das, was ich gleich tun werde.«
    Sie klammerte sich um seinen Hals, sehnte sich danach, was jetzt geschehen würde – sie wollte vergessen.
    Er hob sie an, so behutsam wie nur möglich. Es war, als wären an allen Gliedern wilde Hengste festgebunden, die alle im selben Augenblick sprungartig losgaloppierten. Ein Schmerz schien sie in ihrem Innersten zu zerfetzen, der Schock ließ sie die Augen aufreißen, ihr Atem stockte. Und dann schrie sie.
    Die Schwärze überkam sie, als hätte jemand krachend die Tür eines Verlieses zugeschlagen.

4. Kapitel
    Ein Geräusch weckte sie so unvermittelt, als hätte jemand sie ins Gesicht geschlagen. Bewegungslos, wie tot, lag Kahlan mit weit aufgerissenen Augen auf dem Rücken und horchte. Das Geräusch war nicht einmal besonders laut gewesen, eher auf verstörende Weise vertraut. Es verhieß Gefahr.
    Ihr gesamter Körper pochte vor Schmerzen, trotzdem war sie so wach wie scheinbar schon seit Wochen nicht mehr. Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte oder gar bewusstlos gewesen war, doch war sie wach genug, um sich daran zu erinnern, dass der Versuch sich aufzusetzen ein schwerer Fehler wäre, denn so ungefähr das einzig Unversehrte an ihr war ihr rechter Arm. Einer der großen, kastanienbraunen Wallache schnaubte nervös, stampfte mit einem Huf und versetzte dem Wagen einen Ruck, gerade kräftig genug, um Kahlan an ihre gebrochenen Rippen zu erinnern.
    Die stickige Luft roch, als würde es Regen geben, obwohl der auffrischende Wind ihr noch immer Staub in die Nase wehte. Die dunkle Masse des Blätterdachs über ihr schwankte hin und her, das Knarren der Äste ein Ausdruck ihrer Pein. Tiefrote und violette Wolken eilten lautlos dahin. Jenseits der Bäume und Wolken stand, hoch über ihrer Stirn, am blauschwarzen Himmel ein einzelner Stern. Sie wusste nicht, ob Morgen- oder Abenddämmerung herrschte, dem Gefühl nach ging jedoch ein Tag zu Ende.
    Während ihr die Böen Strähnen ihres verdreckten Haars über das Gesicht schlugen, lauschte Kahlan so angestrengt wie nur möglich auf jenes Geräusch, das nicht hierher gehörte, nach wie vor in der Hoffnung, es etwas Harmlosem zuordnen zu können. Da sie es nur im Tiefschlaf
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