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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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bevölkerten, stoben vor der Prozession auseinander. Ein auf einem Stumpf hockender Hahn flatterte genervt mit seinen Flügeln.
    Als die unerschrockeneren Kinder fragten, wer sie denn nun seien, erklärte Nicci ihnen, sie seien bloß Reisende, Mann und Frau, auf der Suche nach Arbeit. Diese Neuigkeit stieß auf skeptisches Gekicher. In ihrem eleganten schwarzen Kleid hielten die Leute Nicci für eine Königin auf der Suche nach einem Königreich, und selbst von Richard hatten sie kaum eine geringere Meinung.
    Auf die Frage eines älteren Jungen, wo sie denn nach Arbeit zu suchen gedächten, da in Wellig kaum etwas zu finden sei, erklärte Nicci ihnen, sie seien unterwegs in die Alte Welt; daraufhin griffen sich einige der Erwachsenen ihre Kinder und entfernten sich hastig. Die meisten jedoch folgten Richard und Nicci dicht auf den Fersen.
    Ein älterer Mann, der Besitzer des Kramladens, scheuchte die Menschen bei Richards Eintreten von seiner Schwelle fort. Kaum war Richard im Laden verschwunden, konnte er beobachten, wie die Leute dreister wurden und Nicci um Geld, Arznei und etwas zu essen anbettelnd, zu betatschen begannen. Nicci blieb draußen bei den Leuten, erkundigte sich nach ihren Sorgen und Nöten, ging durch die Menge und untersuchte die Kinder. Dabei hatte sie wieder diesen leeren Ausdruck im Gesicht, der Richard überhaupt nicht behagte.
    »Womit kann ich Euch dienen?«, erkundigte sich der Ladenbesitzer. »Äh, was sind das für Leute?«, fragte Richard stattdessen.
    Er warf einen Blick durch das blitzsaubere Fenster und sah Nicci inmitten der zerlumpten Menschenmenge stehen und ihnen von der Liebe des Schöpfers berichten. Alles lauschte gebannt, als sei sie eine Gute Seele, die gekommen war, ihnen Trost zu spenden.
    »Na ja, alle möglichen Leute eben«, antwortete der Ladenbesitzer. »Die meisten sind nach dem Zusammenbruch der Barriere aus der Alten Welt eingewandert. Ein paar von ihnen sind Nichtstuer hier aus dem Ort – Säufer und dergleichen –, denen es völlig schnuppe ist, ob sie betteln, stehlen oder arbeiten. Als die Fremden aus der Alten Welt in die Stadt kamen, haben sich ein paar von den Leuten hier deren Lebensweise angepasst. Ab und zu kommen Händler durch, und diese Männer, deren Waren bewacht werden müssen, sind offenbar der Meinung, dass sie weniger Scherereien bekommen, wenn sie sich diesem Schlag gegenüber von der großzügigen Seite zeigen. Ein paar von denen da draußen sind Leute aus dem Ort, die in Not geraten sind – Witwen mit Kindern, die keinen Mann finden, und Ähnliches mehr. Ein paar arbeiten gelegentlich für mich, wenn ich Arbeit habe, die meisten allerdings nicht.«
    Richard wollte dem Mann gerade eine Liste mit Dingen geben, die sie benötigten, als Nicci zur Tür hereingeschwebt kam.
    »Ich brauche etwas Geld, Richard.«
    Statt ihr zu widersprechen, reichte er ihr die Satteltaschen mit ihrer Barschaft. Sie griff hinein und holte eine Hand voll Gold- und Silbermünzen hervor. Der Ladenbesitzer bekam große Augen, als er sah, welche Summe sie in der Hand hielt; sie schenkte ihm jedoch keinerlei Beachtung. Offenen Mundes musste Richard mit ansehen, wie Nicci, inzwischen wieder draußen bei den Menschen, das ganze Geld unter die Leute verteilte. Arme winkten und versuchten nach ihr zu greifen, das Gezeter wurde immer lauter, während sich einige mit dem, was sie ihnen gegeben hatte, hastig aus dem Staub machten.
    Richard riss die Satteltasche auf und spähte hinein, um festzustellen, wie viel sie noch übrig hatten; viel war es nicht. Er konnte es kaum glauben: Was Nicci soeben getan hatte, ergab keinen Sinn.
    »Wie wär’s mit ein wenig Gerstenmehl, Hafergrütze, etwas Reis, einem Stück Speck, Linsen, Zwieback und Salz?«, fragte er an den Ladenbesitzer gewandt.
    »Hafergrütze ist aus, aber alles Übrige habe ich da. Wie viel wollt ihr?«
    Richard stellte ein paar Berechnungen in seinem Kopf an. Ihnen stand eine lange Reise bevor, und Nicci hatte soeben den größten Teil ihrer Barschaft verschenkt. Zudem hatten sie die meisten ihrer mitgebrachten Vorräte bereits aufgebraucht.
    Er legte sechs Silberpfennige auf die Ladentheke. »Nur so viel, wie wir hierfür bekommen.« Dann nahm er seinen Rucksack von seinem Rücken und stellte ihn neben das Geld auf die Theke.
    Der Mann heimste die Münzen ein, seufzte über den ihm soeben entgangenen Verdienst und ging daran, die einzelnen Gegenstände aus dem Regal zu nehmen und sie in den Rucksack zu packen.

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