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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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schweren Wagens sowie eines kräftigen Pferdegespanns. Er bezahlte Ishaq dafür, dass dieser sie zusammen mit den Gespannen des Fuhrunternehmens in den Stallungen des Betriebs versorgte. Ishaq wiederum half Richard bei den zahlreichen Sondervereinbarungen, die er hatte treffen müssen. Ishaq wusste, welche Beamte in den schönen Häusern wohnten. Allein von ihrer Bezahlung als Beamte des Ordens konnten sie sich diese Häuser auf keinen Fall leisten.
    »Nimm dich vor Neal in Acht«, meinte Richard.
    »Warum?«
    »Aus irgend einem Grund scheint er zu glauben, man müsse mir unbedingt eine Lektion erteilen. Er glaubt tatsächlich, der Orden der Imperialen Ordnung sei der Retter der Menschheit. Er stellt das Wohl der Bruderschaft des Ordens über das der Menschheit.«
    Victor erhob sich seufzend und band sich seine Lederschürze um. »Ich denke über ihn genauso.«
    Als sie das Gebäude betraten, fiel die Sonne gerade auf den dort stehenden Marmorquader. Richard verweilte einen Augenblick und legte, wie immer, wenn er daran vorüberkam, seine Hand auf den kalten Stein. Fast schien es ihm, als wäre er lebendig. Lebendig und voller Möglichkeiten.
    »Ich habe dich schon einmal gefragt, was das ist. Macht es dir was aus, es mir jetzt zu verraten?«
    Der Schmied blieb neben Richard stehen und schaute an dem makellosen Stein hinauf. Er streckte die Hand vor, berührte ihn leicht und ließ die Fingerspitzen prüfend, beinahe zärtlich, über die Oberfläche gleiten. »Das ist meine Statue.«
    »Was für eine Statue?«
    »Die, die ich eines Tages meißeln möchte. Viele in meiner Familie sind Bildhauer. Solange ich zurückdenken kann, wollte ich auch immer in Stein meißeln. Ich wollte ein großer Bildhauer werden und bedeutende Kunstwerke erschaffen.
    Stattdessen musste ich für den Schmiedemeister im Steinbruch arbeiten. Meine Familie musste essen, und ich war der älteste noch lebende Sohn. Mein Vater und der Schmied waren Freunde, also bat er ihn, mich einzustellen … er wollte nicht noch einen Sohn an den Stein verlieren. Es ist ein hartes und gefährliches Leben, Stein aus dem Berg zu schneiden.«
    »Hast du schon mit anderen Materialien gearbeitet, mit Holz zum Beispiel, oder etwas Ähnlichem?«
    Victor, den Blick noch immer auf den Stein gerichtet, schüttelte den Kopf. »Ich wollte immer nur in Stein meißeln. Diesen Quader habe ich von meinen Ersparnissen gekauft. Er gehört mir. Nur wenige Menschen können von sich behaupten, dass ihnen das Stück eines Berges gehört. Ein Stück, so rein und wunderschön wie dieses.«
    Richard konnte seine Empfindungen nachvollziehen. »Und was wirst du aus dem Quader meißeln?«
    Er kniff die Augen halb zusammen, so als versuchte er hinter die Oberfläche zu schauen. »Ich weiß es nicht. Es heißt, der Stein wird irgendwann zu einem sprechen und sagen, was er sein möchte.«
    »Glaubst du daran?«
    Victor lachte sein eigentümlich tiefes Lachen. »Nein – eigentlich nicht. Aber die Sache ist die, das hier ist ein wunderschöner Stein. Für Statuen gibt es nichts Besseres als Cavaturamarmor, und nur wenige Quader Cavaturamarmor weisen eine so schöne Maserung auf wie dieses spezielle Stück. Ich könnte es nicht ertragen, wenn man etwas Hässliches, wie diese Sachen, die man heutzutage macht, aus ihm herausmeißeln würde.
    Früher einmal, vor langer Zeit, war es so, dass aus einem so schönen Stück nur wieder etwas besonders Schönes gearbeitet werden durfte. Aber das ist vorbei«, meinte er leise, erfüllt von kalter Bitterkeit. »Heutzutage muss der Mensch mit verdorbenem Wesen dargestellt werden – als Objekt seiner eigenen Schande.«
    Richard hatte in Victors Auftrag Werkzeuge hinunter zur Baustelle geliefert, dorthin, wo die Steinmetzarbeiten vorgenommen wurden, dabei hatte er Gelegenheit gehabt, sich die dort in Arbeit befindlichen Werke genauer anzusehen. Die Außenseite der steinernen Mauern sollten mit bombastischen Darstellungen versehen werden, in einer Größenordnung, die einen schwindeln machen konnte. Die Mauern, die einst den Palast umgeben würden, erstreckten sich über Meilen. Die für den Ruhesitz angefertigten Bildhauerarbeiten glichen denen, die Richard allenthalben in der Alten Welt gesehen hatte, nur dass sie in ihrer nackten, alles in den Schatten stellenden Gigantomanie ihresgleichen suchten. Der gesamte Palast sollte zu einer heroischen Darstellung der Ansicht des Ordens über das Wesen des Lebens und die Erlösung im Leben nach dem Tod in der

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